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Mehr Arbeit für die Beschwerdestelle der Polizei

Erneut gingen im Vergleich zum Vorjahr bei der Stelle mehr Beschwerden ein. Auch die Corona-Pandemie spielte bei der Kritik eine Rolle.

Von Lea Heilmann
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309 Beschwerden über die Polizeiarbeit gingen 2021 bei der unabhängigen Beschwerdestelle ein.
309 Beschwerden über die Polizeiarbeit gingen 2021 bei der unabhängigen Beschwerdestelle ein. © Foto: Lutz Weidler.

Wer mit der Arbeit der Polizei unzufrieden ist, hat in Sachsen eine feste Anlaufstelle: Insgesamt 309 Beschwerden wurden 2021 an die Unabhängige zentrale Vertrauens- und Beschwerdestelle der Polizei (UVBP) gestellt. Im Vergleich zum Jahr zuvor ist deren Zahl damit leicht gestiegen – um etwa zwei Prozent. Das ergab jetzt eine parlamentarische Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Die Linke).

In immerhin 20 Fällen beschwerten sich dabei keine Bürger, sondern Polizisten selbst – ein Plus von sogar fünf Prozent. "Die Zahl der Beschwerden nimmt stetig zu. Vor fünf Jahren gab es rund 200 solcher Vorgänge, jetzt sind es schon mehr als 300. Und inzwischen wird die Möglichkeit auch vermehrt durch Bedienstete der Polizei in Anspruch genommen: 2017 waren es noch drei, jetzt schon 20", sagt Köditz.

Breites Spektrum an Themen

Die meisten Bürgerbeschwerden kritisierten übrigens das Verhalten von Polizeibediensteten bei direkten Bürgerkontakten, sagt Vize-Regierungssprecher Andreas Jahnel-Bastet. Dazu zählen unter anderem das Auftreten oder die Wortwahl. Auch Kritik an der Nichteinhaltung der Schutzvorkehrungen bezüglich der Corona-Pandemie wie das Einhalten des Mindestabstands oder der Maskenpflicht gab es.

Laut Jahnel-Bastet wurden von Bürgern ebenso einzelne Maßnahmen der Verkehrsüberwachung oder die Zeitdauer der Bearbeitung von Strafanzeigen gerügt. In Einzelfällen ging es außerdem um die Durchsetzung der Corona-Maßnahmen sowie um das polizeiliche Vorgehen bei Corona-Protesten.

Die internen Beschwerden, die von Polizisten eingereicht wurden, drehten sich unter anderem um Ausstattungsfragen- auch vor dem Hintergrund der Pandemie - sowie um Führungsverhalten oder Personalangelegenheiten, teilt Dirk Bölter, Leiter der Beschwerdestelle mit.

Etwa ein Drittel der Beschwerden wurde als begründet oder teilweise begründet eingestuft, 45 Prozent als unbegründet. Bei etwa einem Fünftel konnte keine Bewertung vorgenommen werden. Das deckt sich mit der Quote aus den vorherigen Jahren.

Corona auch Grund für Anstieg in letzten zwei Jahren

Von 2019 zu 2020 gab es eine deutliche Zunahme der Beschwerden von Polizisten. Hatte die Corona-Pandemie Einfluss darauf? "Es gab zwar in den Jahren 2020 und 2021 Beschwerden, die spezifisch dieser besonderen Situation zuzuordnen waren, allerdings erklären diese den Zuwachs alleine nicht", sagt Jahnel-Bastet. Ein Grund für den Anstieg könne darin liegen, dass Anfang 2020 eine neue Regelung in Kraft trat.

Wie Dirk Bölter erklärt, gab es 2016, als die Stelle beim sächsischen Innenministerium eingerichtet wurde, noch keine gesetzliche Grundlage dafür. Mit dem neuen Paragrafen im Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetz können sich Polizisten nun aber direkt an sie wenden. Vorher mussten die Beamten den Dienstweg einhalten. Auch er vermutet darin eine Ursache für den Anstieg. Doch Kerstin Köditz widerspricht: "Die bisherige Ansiedlung bei der Staatskanzlei kann für Beamtinnen und Beamte eine große Hürde sein, sich überhaupt dorthin zu wenden." Laut der Landtagsabgeordneten würde es einen qualitativen Sprung bedeuten, wenn die Unabhängige Beschwerdestelle endlich unabhängig werden würde.

Bölter aber meint, dass mit der Umsiedlung in die Staatskanzlei und dem entsprechenden Paragrafen erstmalig eine gesetzliche Grundlage gegeben sei, dass sein Personal unabhängig und nur dem Gesetz unterstellt sei. Die Befugnisse, was die Stelle darf und was nicht, sind klar geregelt, so der Leiter der Beschwerdestelle.

Befragung für 2023 geplant

Laut dem Jahresbericht 2020 der UVBP hängt die Akzeptanz der Arbeit im "entscheidenden Maße von Zufriedenheit der Beschwerdeführenden ab". Um ein umfassenderes Bild zu bekommen, soll dafür eine Befragung konzipiert werden, die frühestens 2022 durchgeführt wird. Wie Jahnel-Bastet mitteilt, wird diese noch entwickelt und soll im nächsten Jahr erfolgen.

Die Zunahme des Beschwerdeaufkommens zeigt laut Köditz, dass sich die Stelle etabliert hat. "Allerdings bedeutet das auch, dass die personelle Ausstattung verbessert werden muss, sie hält mit dem Hinweisaufkommen nämlich nicht Schritt."

Sie sind gut und dem Beschwerdeaufkommen angemessen aufgestellt, sagt dagegen Dirk Bölter. Seit 2016 arbeiten dort vier Personen – er als Leiter, eine Referentin, eine Sach- sowie eine Bürosachbearbeiterin. Im vergangenen Jahr gab es einen Engpass, weil ein Referent aufgehört hatte und durch Corona keine weitere Unterstützung von anderen Mitarbeitern möglich war. Seit Februar dieses Jahres seien sie wieder voll besetzt. Alle Beschwerden vom letzten Jahr sind laut Bölter abgearbeitet. In 75 Prozent aller Fälle wurde spätestens nach acht Wochen geantwortet. Bei den restlichen Anfragen gab es innerhalb von drei Monaten eine Rückmeldung.