Sachsen
Merken

Feierlaune bei Demos gegen Rechts: Ja, Proteste dürfen Spaß machen

Bei der Demo gegen Rechts am Samstag in Dresden traten Bands auf und die Stimmung war gut. Ist das dem Anlass angemessen? Ja, denn Demokratie ist etwas Schönes. Ein Kommentar.

Von Maximilian Helm
 2 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Witzige und bunte Plakate sind ein Zeichen für Lust am politischer Teilhabe - und das brauchen wir dringender denn je, findet Maximilian Helm.
Witzige und bunte Plakate sind ein Zeichen für Lust am politischer Teilhabe - und das brauchen wir dringender denn je, findet Maximilian Helm. © Matthias Rietschel/dpa

Dresden. Die „Wir sind die Brandmauer“-Demonstrationen am Samstag in Dresden unterschied sich in einem Punkt deutlich von der Demo vor zwei Wochen: Sie hatte mehr Eventcharakter – mit Videowand, breitem Sound, Konzerten und Live-Schalte nach Berlin.

Klar: Vor zwei Wochen hatten noch „Fridays for Future“ recht einsam und spontan organisiert, diesmal waren es Gewerkschaften, Parteien und verschiedenste Verbände. Dabei wurde eins nicht merklich größer: die Teilnehmerzahl.

Menschen gehen nicht auf die Straße, um Ätna und Revolverheld zu sehen. Sie haben ein ernsthaftes Anliegen. Auf der Straße versammeln sich dabei Menschen, die Angst um sich selbst oder ihre Freunde mit Migrationshintergrund haben. Dabei sind Künstler, queere Menschen und Anhänger verschiedenster Religionen. Menschen, die ihre Art zu leben vom Weltbild der AfD bedroht sehen. Menschen, die wütend und ängstlich angesichts aktueller Umfrage-Ergebnisse sind, sich dem aber machtlos gegenübersehen.

Das stellen die Organisatoren weniger nach außen zur Schau, wollen die Demonstrationen eher „für Demokratie“ anstatt „gegen etwas“ labeln. Offiziell wird vermieden, die Proteste als konkret gegen die AfD gerichtet zu benennen.

Demo in Dresden: Organisatoren betonen Fröhlichkeit

Die Inhalte der Rede-Beiträge ziehen da berechtigterweise nicht ganz mit. Da kommen viele Betroffene rechter Hetze zu Wort, und dabei handelt es sich in vielen Fällen um Vertreter von Minderheiten. Ihnen in diesem Rahmen eine Stimme zu geben ist gut und deutlich authentischer als Auftritte von Partei-Vertretern. Die fanden an diesem Samstag überhaupt nicht statt – und wurden auch von kaum jemandem vermisst.

Was bei den Demonstrationen außerdem auffällt: Durch betonte Fröhlichkeit und ein herzliches Miteinander versucht die Bewegung, sich schon von außen deutlich von den sonst in Sachsen eher üblichen rechten Demos abzugrenzen. Das gilt auch für die Teilnehmer: Ironische Sprüche und witzige Plakate sind mehr denn je Teil der Jugendkultur, die großen Einfluss auf diese Demonstrationen hat.

Dazu kommen Musik, teilweise schrille Outfits und originelle Sprechchöre, die sich selbst oft nicht besonders ernst nehmen. Das ist gut, denn Demokratie und politische Partizipation dürfen natürlich Spaß machen. Trotz des bunten und fröhlichen Anstrichs sind die Proteste und Sorgen dringend und berechtigt. Es wäre dumm, die Protestierenden deshalb weniger ernst zu nehmen.

Mail an Maximilian Helm