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Demos gegen Rechts in Dresden: Unterwegs mit der Banda Comunale

Am Samstag haben in Dresden mehr als 10.000 Menschen gegen Rechtsextremismus protestiert. Unterwegs mit der Banda Comunale, die sich seit über 20 Jahren für Weltoffenheit einsetzt.

Von Connor Endt
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Mit seiner Banda Comunale spielt Michal Tomaszewski (Mitte) regelmäßig bei Protesten gegen Rechts.
Mit seiner Banda Comunale spielt Michal Tomaszewski (Mitte) regelmäßig bei Protesten gegen Rechts. © Matthias Rietschel

Dresden. Lampenfieber haben Michal Tomaszewski und Alfred Haberkorn schon lange nicht mehr, sagen sie. Seit die beiden 2001 die Banda Comunale, eine internationale Blaskapelle, gegründet haben, sind sie ständig vor mehreren tausend Menschen aufgetreten. Die Band hat in Erstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete, auf großen Bühnen und immer wieder bei Protesten gegen Rechtsextremismus gespielt.

Klar also, dass die Kapelle am Samstag auch auf dem Theaterplatz auftritt. Das Bündnis "Wir sind die Brandmauer" hat dorthin zur Demonstration gegen Rechtsextremismus eingeladen. Kurz vor 13 Uhr füllt sich der Platz, als die Band Revolverheld auf die Bühne kommt, jubeln ihnen bereits mehr als 10.000 Menschen zu.

"Das aktuell so viele Menschen gegen Rechts auf die Straße gehen, das ist echt etwas Besonderes", sagt Alfred Haberkorn. "2015 sind mit Pegida die Emotionen hochgekocht, seitdem haben wir es nie geschafft, so viele Menschen wie jetzt gerade auf die Straße zu bringen." Bereits vor gut zwei Wochen waren in Dresden mehrere zehntausend Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straßen gegangen.

Gerade spielt die Band Ätna und in einem kleinen Pavillon hinter der Bühne bereitet sich die Banda Comunale auf ihren Auftritt vor. Saxophonist Richard Ebert bläst in sein Saxophon, sucht nach einem passenden Mundstück. "Das Fass ist jetzt übergelaufen, die Leute haben keine Lust mehr auf diese ganze Hetze und den Hass", sagt er. Auslöser der bundesweiten Proteste waren Enthüllungen des "Correctiv"-Netzwerks, nach denen Neonazis und einige ranghohe AfD-Politiker bei einem Geheimtreffen die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland besprochen haben.

"Stehe für ein Land auf der Bühne, in dem jeder das Gleiche verdient hat"

Auf der Bühne wird gerade die "engagierteste Band Dresdens" angesagt und Tomaszewski, Haberkorn und elf weitere Musiker stürmen auf die Bühne. Die Stimmung ist ausgezeichnet. Mehrere tausend Menschen wippen im Takt und schwenken selbstgebastelte Plakate. "Fck AfD" ist darauf zu lesen, oder "Menschenrechte statt rechte Menschen". Als Alfred Haberkorn seine Tuba zur Seite legt und "AfD es ist Zeit für euch zu gehen" singt, klatschen die Zuschauer lautstark mit.

Am Samstag hat die Banda Comunale vor mehreren tausend Menschen auf dem Dresdner Theaterplatz gespielt.
Am Samstag hat die Banda Comunale vor mehreren tausend Menschen auf dem Dresdner Theaterplatz gespielt. © Matthias Rietschel

Die Pausen zwischen den Songs nutzen die beiden Banda-Gründer, um sich an die Menschen zu richten. "Ich wohne jetzt seit 35 Jahren in Dresden", sagt Tomaszewski, der aus Polen stammt. "Mulmig wird mir, wenn ich von Deportationsplänen höre. Ich stehe für ein Land auf der Bühne, in dem jeder das Gleiche verdient hat."

Wenige Minuten später ist der Auftritt auch schon vorbei und die Musiker schleppen Tuba, Saxophone, Posaunen und Trommeln von der Bühne. Die Banda führt jetzt den Demonstrationszug an, der sich über das Terrassenufer und den Postplatz wieder zurück zum Theaterplatz bewegt. Mit dabei sind auch Mitglieder der vor drei Jahren ausgegründeten "Fiatelle Blaskapelle". Dort spielen Amateurmusiker, jeder ist willkommen.

Mit seiner Tuba überragt Alfred Haberkorn sogar die größten Transparente. Während des Protestzugs dreht er sich immer wieder zu seinen Mitmusikern um und kommuniziert mit ihnen per Handzeichen. Trotz des dichten Gedränges machen die Menschen Platz für die Band. Immer wieder gibt es Schulterklopfer, einmal hilft ein Passant einem der beiden Gitarristen, als dem sein Rucksack mit Mini-Verstärker von der Schulter rutscht.

"Es waren wieder so viele Menschen, das finde ich großartig"

Nach einer guten Stunde kommt die Demonstration wieder am Theaterplatz an und die Blaskapelle verstaut ihre Instrumente. "Das ist dann doch ganz schön anstrengend", sagt Tomaszewski und klingt dabei ein bisschen außer Atem. Die beiden Banda-Gründer sind begeistert von der Demonstration. "Ich habe befürchtet, das heute weniger Leute kommen. Aber es waren wieder so viele, das finde ich großartig", sagt Tomaszewski.

"Wollen in kleineren Städten Präsenz zeigen": Am Sonntag spielen Alfred Haberkorn (links), Michal Tomaszewski und die Banda Comunale in Dippoldiswalde.
"Wollen in kleineren Städten Präsenz zeigen": Am Sonntag spielen Alfred Haberkorn (links), Michal Tomaszewski und die Banda Comunale in Dippoldiswalde. © Matthias Rietschel

Es fängt an zu regnen und die ersten Menschen ziehen ihre Kapuzen auf und verlassen den Theaterplatz. Für Michal Tomaszewski geht der Tag noch weiter, er hat am Abend noch ein Interview mit dem Deutschlandfunk. "Dann werde ich schlafen gehen, denn morgen geht es direkt weiter", sagt er. Dann wird die Banda Comunale auf dem Markt von Dippoldiswalde spielen. "Wir wollen gerade auch in den kleineren Städten Präsenz zeigen", sagt er. "Dort ist es viel mutiger, gegen Rechts auf die Straße zu gehen."