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Ballorganisator Frey: Rede von Freibergs OB in Sankt Petersburg war "kurzfristige Idee"

Der Organisator des Balls in Sankt Petersburg, Hans-Joachim Frey, spricht über die Einladung an den Freiberger OB. Und auch der mittelsächsische Landrat äußert sich - als Privatperson.

Von Ulrich Wolf & Maximilian Helm
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Freibergs Bürgermeister Sven Krüger war Redner bei einem Ableger des Semperopernballs in Sankt Petersburg.
Freibergs Bürgermeister Sven Krüger war Redner bei einem Ableger des Semperopernballs in Sankt Petersburg. © Screenshot/Orpheus.ru

Dresden/Freiberg. Der Kulturmanager und ehemalige Organisator des Semperopernballs in Dresden, Hans-Joachim Frey, hat den Auftritt von Freibergs parteilosem Oberbürgermeister Sven Krüger auf dem Petrovsky-Ball in Sankt Petersburg verteidigt. Herr Krüger sei auf einer privaten Reise in Russland gewesen. Da man sich schon lange kenne, habe er ihn eingeladen vorbeizukommen. "Die Rede auf dem Ball war dann eine ganz kurzfristige Idee", sagte Frey Sächsische.de am Mittwoch.

Der langjährige Macher des Opernballs in Dresden betonte in dem Gespräch, er habe das Event in Sankt Petersburg zwar organisiert, die von ihm geführte Opernball Dresden GmbH aber habe weder inhaltlich noch finanziell damit zu tun. Seine Dresdner Firma bewerbe lediglich internationale Tanz- und Kulturereignisse auf ihrer Homepage. Das Unternehmen diene dazu, "Leute zusammenzubringen, um wieder zu einer friedvolleren Welt zu werden". Es seien ja dann auch einige Leute aus Deutschland in Sankt Petersburg dabei gewesen.

"Kulturpädagogisches Projekt" für junge Leute im Donbass

Sven Krüger hatte am 25. August bei dem Ball in Sankt Petersburg vor rund 600 Gästen vornehmlich über den Wissenstransfer im Bergbau zwischen Sachsen und Russland gesprochen. Kultur und Wissenschaft seien der Schlüssel "für die Zusammenarbeit unserer beiden großen Nationen", sagte er. Der Oberbürgermeister hatte sich gleich zu Beginn der Rede bei Frey bedankt. Er sprach ihn mit "lieber Hajo" an. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Grußworte an die Ballveranstalter geschickt.

Frey zufolge handelt es sich beim Petrovsky-Ball um ein Ausbildungsprogramm für Tanz. Das deckt sich mit den Angaben auf der Internetseite des Balls, auf der von einem "kulturpädagogischen Projekt" die Rede ist. Das ziele darauf ab, "die Traditionen der berühmten Pjetrobsky-Versammlungen als wesentlichen Teil des von Zar Peter I. geschaffenen russischen Kulturkodex wiederzubeleben". An dem Ausbildungsprogramm nähmen junge Leute aus großen Städten "unseres Landes" teil, "darunter auch Studenten aus den Städten des Donbass".

Einflussreiche Stiftung Art Bridge mit Sitz in Moskau

Als Kontakt für den Petrovsky-Ball in Sankt Petersburg dient eine Mailadresse, die zum Fonds "Art Bridge" in Moskau führt. Der unterstützt nach eigenen Angaben "Projekte aus aller Welt, die Russland mit anderen Ländern verbinden". Dabei wird auch der Dresdner Opernball in Sankt Petersburg aufgezählt oder ein Galakonzert für die Fifa 2018 in Moskau. Frey ist Vorstandschef und Mitgründer des Fonds. Zu den Kuratoren zählt der ÖVP-Politiker Christoph Leitl, der von 2018 bis 2021 Präsident der europäischen Wirtschaftskammer Eurochambres war.

In Dresden war Frey lange Zeit die treibende Kraft hinter dem Semperopernball-Verein. Im November 2022 trennte sich der Vorstand jedoch von ihm, vor allem wegen dessen Kontakte zu Russland. Zuletzt hatte Frey im Juli für Schlagzeilen gesorgt, als er einen Verdienstorden von Putin persönlich überreicht bekam.

Freiberger Landrat: "Als Bürger bin ich sprachlos"

Derweil verursacht die Rede von Freibergs parteilosem Oberbürgermeister teils heftige Diskussionen in der Regionalpolitik. Der ebenfalls parteilose mittelsächsische Landrat Dirk Neubauer sagte auf Anfrage von Sächsische.de, in seiner Funktion als Landrat äußere er sich zu dem Fall vorerst nicht. "Als Bürger bin ich sprachlos ob dieser Grenzüberschreitung. Mit wem ich zusammenarbeiten muss, weil es demokratische Regeln gebieten, kann und darf ich mir nicht aussuchen. Mit wem ich Feste feiere, schon." Der Auftritt Krügers sei "ein weiteres, düsteres Blinken aus einer Region, die mit einer unglaublichen Hilfsbereitschaft gegenüber Kriegsgeflüchteten eigentlich ganz andere Signale sendet."

Steve Ittershagen, CDU-Fraktions- und Stadtverbandschef in Freiberg sowie der AfD unterlegener Kandidat bei den Landtagswahlen 2019, sagte der Zeitung "Freie Presse", es gehöre sich nicht, sich als Oberbürgermeister in Russland auf so eine Bühne zu begeben und sich in internationale Angelegenheiten einzumischen. Die Freiberger Grünen teilten mit, sie hätten keinerlei Verständnis für diesen Auftritt bei einer Veranstaltung der russischen Elite". Die AfD hingegen begrüßte, das Krüger in dieser Zeit den Kontakt zur Partneruniversität halte.

Die Bergbauuniversität in Sankt Petersburg war vor 250 Jahren nach dem Vorbild der Freiberger Bergakademie gegründet worden. Bis zum Beginn des Krieges in der Ukraine gab es zahlreiche Projekte und einen intensiven Austausch mit russischen Wissenschaftlern. Seitdem jedoch liegen alle offiziellen Kontakte auf Eis, auch die nach Sankt Petersburg.

Unmittelbar nach Bekanntwerden von Krügers Rede in Russland durch Zeit Online und Freie Presse betonte die TU Bergakademie Freiberg auf ihrer Webseite ihre Solidarität mit der Ukraine. Dort heißt es, man habe die institutionellen Kontakte zu den Hochschulen in Russland – insbesondere auch zu Sankt Petersburg – abgebrochen. Für Studierende und Hochschulen in der Ukraine seien "umfangreiche Hilfsprogramme" aufgelegt worden. Die Bergakademie sei sich sicher, dass ukrainische Studierende und Partner "das akademische Leben in Freiberg bereichern".