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Dieses frühere Pirnaer Gasthaus wird zwangsversteigert

Das einstige Traditionslokal „Zum Dampfschiff“ steht in Pirna seit Jahren leer. Nun wird ein neuer Eigentümer gesucht. Der Verkehrswert ist beachtlich.

Von Thomas Möckel
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Früheres Gasthaus "Zum Dampfschiff" in Pirna: Das Objekt soll am 26. Januar 2024 zwangsversteigert werden.
Früheres Gasthaus "Zum Dampfschiff" in Pirna: Das Objekt soll am 26. Januar 2024 zwangsversteigert werden. © Thomas Möckel

Wer vom Elbeparkplatz oder von der Dampfer-Anlegestelle auf der Altstädter Seite in Pirna durch die Bahnunterführung an der Grohmannstraße in Richtung Dohnaische Straße tritt, der nimmt gleich auf der rechten Seite ein wuchtiges Haus wahr. Die Fassade ist gelblich-ockerfarben getüncht, im Sockelbereich blättern bereits Anstrich und Putz ab. Das Erdgeschoss prägen große, detailreiche Fenster, die Fenster im Obergeschoss sind mit besonders geformten Sandsteinen umrahmt, obenauf thronen außergewöhnliche Giebel.

An der Stirnseite prangt noch der Schriftzug „Zum Dampfschiff“, ein letzter äußerlicher Hinweis auf eine lange Tradition. Jahrzehntelang gab es in dem Wohnhaus die gleichnamige Gaststätte, später noch erweitert um einen Bierpub im Keller. Im Lauf der Zeit hat die historische Substanz auch schwierige Zeiten überstanden, so zum Beispiel die Flut im August 2002, die das Gebäude stark beschädigte. Doch schon ein Dreivierteljahr nach dem Hochwasser öffnete die Gaststätte wieder.

Inzwischen aber sind die kulinarischen Zeiten längst vorbei, die Küche bleibt seit Jahren kalt, auch das übrige Haus scheint derzeit ungenutzt zu sein. Ob in dem Lokal jemals wieder getafelt wird, ist fraglich. Zunächst einmal wird ein neuer Eigentümer gesucht – aber nicht freiwillig.

Gastro-Betrieb ruht seit 2008

Das Amtsgericht Dresden hat angeordnet, das Wohn- und Geschäftshaus Klosterhof 4 – so die offizielle Anschrift – im Wege der Zwangsvollstreckung öffentlich zu versteigern. Die Zwangsversteigerung ist auf den 26. Januar terminiert, unter den Hammer kommt nach Angaben des Gerichts das frühere Wohnhaus mit Gaststätte „Zum Dampfschiff“ in der Pirnaer Altstadt, Baujahr um 1900, Gastronomie bis 2008, vermutlich derzeit ungenutzt, vermutlich umfassend sanierungsbedürftig, Kulturdenkmal. Der Verkehrswert wurde nach der Expertise eines Gutachters auf 475.000 Euro festgesetzt.

Das Wohnhaus besteht aus zwei Gebäuden, das Eckhaus beherbergt die frühere Gaststätte. Das historische Haus wurde etwa um 1900 herum errichtet, es ist als Kulturdenkmal erfasst, sowohl baugeschichtlich als auch städtebaulich von Bedeutung, das Eckhaus ist ein Gründerzeitgebäude mit straßenbildprägenden Volutengiebeln. Um 1983 herum wurde das Objekt umgebaut und modernisiert. Das an der Straße Klosterhof gelegene Treppenhaus wurde etwa 1982/83 angebaut, vermutlich in diesem Zeitraum wurde auch das Dach neu eingedeckt.

Nach der Wende wurde die Gaststätte „Zum Dampfschiff“ um einen Bierpub im Keller erweitert, die Baugenehmigung dazu stammt vom November 1993. Auf einem früheren Bewertungsportal für Restaurants ist zu finden, dass das Lokal bis zu 100 Sitzplätze in der Gaststube hatte, wo vorrangig Fischspezialitäten, aber auch Fleischgerichte serviert wurden. Der Gastwirtschaftsbetrieb lief seit 1908, 100 Jahre später war damit Schluss. Zwar gab es 2009 noch Bestrebungen, die Gastronomie wiederzubeleben und das Haus als Pension umzunutzen. Realisiert wurden diese Pläne jedoch nicht.

Die Bahnstrecke ist nah, Parkplätze fehlen

Die Wohn- und Mietfläche in dem Objekt beträgt rund 767 Quadratmeter, das Grundstück ist etwa 390 Quadratmeter groß, viel Platz im Außenbereich gibt es allerdings nicht, da das Areal fast vollständig mit dem Gebäude bebaut ist. Gemäß einem Gutachten seien äußerlich keine gravierenden Baumängel oder Schäden sichtbar. Jedoch attestiert der Experte, dass sich das Gebäude dem äußeren Erscheinungsbild nach in einem umfassend sanierungs- und modernisierungsbedürftigen Zustand befinde.

Auch die Lage des Objekts ist nicht unproblematisch. Zum einen steht das Haus im festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Die Hochwassermarke, die den Höchststand am 17. August 2002 markiert, ist an einer Hausecke zu sehen. Zudem liegt die nördliche Außenwand des Gebäudes nur etwa 15 Meter von Elbtal-Bahnstrecke entfernt, die vom Nah-, Fern- und Güterverkehr enorm frequentiert wird. Zwar wurde die in unmittelbarer Nähe gelegene Bahnbrücke, die in ihrer früheren Stahlbauweise extrem laut war, vor einigen Jahren gegen eine leisere ausgetauscht. Gleichwohl sei laut des Gutachtens am Haus mit Beeinträchtigungen durch Bahnlärm zu rechnen.

Verkehrstechnisch ist die Lage ebenso schwierig. Das Grundstück kann derzeit von der Straße Klosterhof befahren werden, dort gibt es die Möglichkeit, einen Pkw abzustellen. Weitere Pkw-Parkplätze sind nicht vorhanden und können auch nicht entstehen – weil der Platz dazu fehlt. Grundstück und Gebäude, so der Gutachter, seien im jetzigen Zustand vermutlich nicht oder nur eingeschränkt vermietbar. Auch für eine gastronomische Nutzung sei die Lage nur sehr eingeschränkt geeignet. Grund dafür seien die fehlenden Pkw-Stellplätze im unmittelbaren Umfeld und ein ebenfalls fehlender und nicht herstellbarer Freibereich.

Zwangsversteigerung Objekt Klosterhof 4, 26. Januar 2024, 10.30 Uhr, Amtsgericht Dresden, Olbrichtplatz 1, 01099 Dresden, Sitzungssaal C 301.