Sachsen
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Hurra, wir Sachsen sind endlich unregierbar!

Revolution war gestern – heute setzt man Regierungen mit Wahlumfragen matt, freut sich für uns alle SZ-Redakteur Gunnar Saft in seiner satirischen Kolumne.

Von Gunnar Saft
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Keine Chance für keine Partei: Mithilfe einer Wahlumfrage haben Sachsens Wähler jetzt dafür gesorgt, dass sie bis zur planmäßigen Landtagswahl im nächsten  Jahr selbst die Macht in den Händen halten.
Keine Chance für keine Partei: Mithilfe einer Wahlumfrage haben Sachsens Wähler jetzt dafür gesorgt, dass sie bis zur planmäßigen Landtagswahl im nächsten Jahr selbst die Macht in den Händen halten. © Anne Hübschmann

Eigentlich dachte ich lange, dass in dieser Woche der Landesrechnungshof den ... äh, Revolutionspfeil abgeschossen hat. Weil zumindest Sachsens oberste Prüfbehörde völlig unkorrupt arbeitet, lichten sich nämlich plötzlich die Plätze auf der Regierungsbank. Zuerst musste jetzt die Sozialministerin auf einen Staatssekretär verzichten, weil da irgendwas Eigenartiges bei der Vergabe von Fördermitteln vorgefallen war.

Was dann auf den nächsten Seiten des Prüfberichts steht, wissen wir noch nicht. Aber der kritische Blick des Rechnungshofs kann natürlich jede und jeden treffen. Warten wir also einfach ab, wer nächste Woche noch alles zur Kabinettssitzung erscheint.

Das ganz große Zittern hat bei unserer Staatsregierung deswegen aber noch nicht eingesetzt. Kein Wunder, handelt es sich beim aktuellen Aufstand der Rechnungsprüfer doch eindeutig um eine sanfte Revolution.

Denn sozial-genial: Auch der geschasste Staatssekretär fällt nicht ins Leere, sondern kann nun mithilfe von üppigen Übergangsgeldern sehr lange darüber nachdenken, was alles schief gelaufen ist. Soll heißen, auch die, die demnächst noch geschasst werden, müssen eigentlich nix befürchten.

Daher geht Platz Eins im Revolutionswettbewerb auch klar an Sachsens Wahlvolk. Denn das schaffte es jetzt, unsere Landesregierung allein mit einer Wahlumfrage mattzusetzen. So verteilten die Befragten ihre Stimmen so geschickt, dass – wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre – absehbar keine Regierungsmehrheit möglich ist, weil es nunmehr nicht genug Parteien gibt, die zusammen genug Wähler finden, und es gleichzeitig aber genügend Parteien gibt, die zusammen nicht genug Wähler haben wollen. Klingt kompliziert und ist es auch. Andere mögen sowas Wahnsinn nennen, im Freistaat ist das nun die Realität.

Was also tun? Da die Macht bis zur planmäßigen Landtagswahl am 1. September 2024 nun eindeutig allein in unseren Händen liegt, sollten wir das nutzen. Hier mein Angebot an alle Patt-Parteien: Wer uns verspricht, dass uns das Finanzamt sofort in Ruhe lässt und nicht wie der wildgewordene Rechnungshof akribisch jede Rechnung prüft, soll den Mehrheitszuschlag erhalten. Und für jeden Steuersünder unter uns, den es schon erwischt hat, fordere ich außerdem rückwirkend die Ex-Staatssekretärs-Regelung ein.