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Wächter über Sachsens Kunstschätze

Ralph Krüger ist der neue Sicherheitschef der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) und trägt die Verantwortung, dass so etwas wie der Juwelendiebstahl 2019 möglichst nicht mehr passiert. Ein Mann mit Erfahrung, positiver Einstellung und einer sozialen Ader.

Von Simon Lehnerer
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SKD-Sicherheitschef Ralph Krüger hat vom Balkon im Residenzschloss alles im Blick.
SKD-Sicherheitschef Ralph Krüger hat vom Balkon im Residenzschloss alles im Blick. © Foto: SZ/Veit Hengst

Für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) war der 25. November 2019 vermutlich der schwärzeste Tag in ihrer Geschichte. Im Dresdner Residenzschloss gelang im Schutz der Dunkelheit der spektakulärste Juwelenraub der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mitglieder des Berliner Remmo-Clans erbeuteten Kunstobjekte im Wert von über 100 Millionen Euro - auch dank einiger Mängel des Sicherheitssystems. Die Verantwortung, dass so etwas nicht wieder passiert, trägt der neue SKD-Sicherheitschef Ralph Krüger.

Zum Amtsantritt im Juli kann der großgewachsene, kräftige Mann bereits auf eine beachtliche Laufbahn bei Bundespolizei und Bundesbehörden zurückblicken. Sein Lebenslauf liest sich auf den ersten Blick, wie der eines Weltenbummlers. Der 66-Jährige arbeitete in Afghanistan, Brasilien, Russland, Portugal, Österreich, Großbritannien, Albanien, in den USA, im Kosovo und im Oman. Auch in Deutschland gab es einige Stationen für ihn, zuletzt als Vizepräsident der Bundespolizeidirektion Berlin.

Eine Karriere bei der Polizei war nach seinem Abitur 1977 jedoch nicht die erste Wahl. Weil er Anästhesist werden wollte, schrieb er sich für ein Medizinstudium in Hamburg ein. 18 Monate Wartezeit auf den Studienplatz brachten ihn ins Grübeln, womit er bis zum Studium etwas Geld verdienen könnte. "Beim Grenzschutz gab es damals als Dienstanfänger 1.000 Mark im Monat, ab dem ersten Tag. Das war ganz reizvoll. Und als junger Mensch in der damaligen Zeit 1.000 Mark in der Hand zu haben, hat natürlich dazu geführt, dass ich nie mehr mit dem ursprünglich geplanten Studium begonnen habe", erzählt Krüger.

Immer auf Achse von Tirana bis Kabul

In einer klassischen Polizeirolle war der gebürtige Rheinland-Pfälzer nie. Nach dem Grenzschutz und verschiedenen Stationen im gehobenen Polizeidienst, arbeitete er im Innenministerium, damals noch in Bonn, später in Berlin. Anlässlich des Terroranschlags auf das World Trade Center in New York habe es im Innenministerium in dieser Zeit viele Bereiche gegeben, die von Internationalität geprägt waren und das hat ihn stets interessiert. So ist er in die Auslandsdienste quasi hineingerutscht.

Krügers liebste Arbeitsstelle im Ausland war in Albanien. Dort hat er, angedockt an die deutsche Botschaft, die albanischen Polizeichefs und den Innenminister beraten. Die Tätigkeit sei sehr spannend gewesen, da er vieles aus seinen Erfahrungen bei der deutschen Polizei in den dortigen Berufsalltag integrieren konnte. Außerdem ist ihm Albanien mit seinen gastfreundlichen Bewohnern ans Herz gewachsen und er pflegt seitdem persönliche Verbindungen in das Balkanland.

In Afghanistan wirkte er beim "German Police Project" mit. Dort entstand eine Akademie, in der Sicherheitskräfte nach deutschem Vorbild trainiert und zu demokratischen Polizisten ausgebildet wurden. Das seit 2002 bestehende Großprojekt wurde 2021 aufgelöst.

Die internationale Erfahrung kommt dem Sicherheitschef auch bei seiner jetzigen Tätigkeit zugute, denn eine Sicherheitsabteilung in einem angesehenen Museumsverbund funktioniere nur, wenn sie über Deutschland hinaus vernetzt ist. Es sei wichtig zu wissen, was sich in anderen Museen auf der Welt tut. "Wir haben im Bereich der musealen Sicherheit europa- und weltweit alle die gleichen Brillen auf. Ziel ist es dabei, für unsere Besucher und Exponate die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Und das geht nie alleine, dazu braucht man Partner und ein umfangreiches Netzwerk", erklärt der 66-Jährige.

Neues Sicherheitskonzept nach dem Juwelenraub 2019

Nach dem spektakulären Juwelenraub vor vier Jahren haben die SKD erheblich mehr Geld in die Sicherheit der Museen investiert. Krüger beschreibt die gerade stattfindende Umstrukturierung als Aufbauphase. Derzeit rekrutieren die SKD eigenes Personal, welches statt privater Sicherheitsdienste bis Ende des Jahres die Leitzentralen besetzen soll. 23 neue Stellen seien dafür vorgesehen. Hinzu kommt neue Kamera- und Lasertechnik, wodurch potenziell gefährliche Ereignisse schneller bemerkt werden können.

Neben der verbesserten technischen Ausstattung, für die in den nächsten Jahren weitere 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen, will Krüger das Sicherheitspersonal durch Schulungen und schriftliche Anweisungen intensiver auf Straftaten vom Einbruch bis zur Geiselnahme vorbereiten. Sein Credo: "Vor die Lage kommen, möglichst frühzeitig Gefahren erkennen und diese erst gar nicht aufkommen lassen".

Druck verspürt der Sicherheitschef in seiner neuen Position nicht. Ihm sei das Erbe nach dem Jahrhundert-Coup durchaus bewusst, aber: "Ich bin ein Optimist und schaue lieber nach vorn". Krüger verteidigt auch das Dresdner Wach- und Sicherungsinstitut (DSWI), dem die Fehler beim Juwelenraub zugeschrieben werden. Ein individuelles Fehlverhalten Einzelner sei nicht auf das ganze Unternehmen zu übertragen.

Abseits des Berufsalltags engagiert sich Krüger ehrenamtlich bei mehreren Vereinen und Institutionen. Er hilft als Palliativbegleiter beim Hospiz des Deutschen Roten Kreuzes in Berlin-Köpenick mit, ist Förderer der SOS-Kinderdörfer und der Deutschen Krebshilfe. "Wenn sie nach über 40 beruflichen Jahren resümieren und feststellen, sie waren stets auf der Sonnenseite des Lebens, dann kommen sie wahrscheinlich zu einem Punkt, wo sie etwas zurückgeben wollen. Das geht am besten über Menschen. Die ehrenamtliche Tätigkeit als Palliativbegleiter ist hochemotional, aber dort können sie auch am meisten bewegen", so Krüger.