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Karfreitags-Verbote: Welche Regeln gelten in Sachsen?

Weniger als die Hälfte der Deutschen ist christlich. Dennoch gelten an Karfreitag weiterhin Verbote - je nach Bundesland unterschiedlich streng. In Dresden halten sich die Kontrollen in Grenzen.

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In Sachsen sind am Karfreitag öffentliche Partys verboten.
In Sachsen sind am Karfreitag öffentliche Partys verboten. © dpa

Berlin. Der Karfreitag ist ein umstrittener Feiertag in Deutschland. Für viele ist er einer der wichtigsten Gedenktage des Jahres, an dem des Leidens und Sterbens von Jesus am Kreuz gedacht wird. Für andere ist es ein Tag nicht mehr zeitgemäßer Verbote - immerhin ist nicht mal die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands christlich.

Sonn- und Feiertage sind in Deutschland als "Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" durch das Grundgesetz geschützt. Daher bleiben beispielsweise Geschäfte geschlossen.

Eine besondere Variante sind die sogenannten stillen Feiertage wie der Karfreitag, für die es meist strenge Vorschriften gibt.

Was genau an Karfreitag gilt, definieren die Gesetze der jeweiligen Bundesländer - und die sind sehr verschieden.

Karfreitags-Verbote: Das gilt in Sachsen

In Sachsen sind am Karfreitag Tanzveranstaltungen, öffentliche Vergnügungen, "die dem ernsten Charakter dieser Tage zuwiderlaufen", sowie Sportveranstaltungen verboten.

Grundlage für das Tanzverbot ist das Sächsische Sonn- und Feiertagsgesetz. Ursprung ist Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung von 1919, der wortgleich ins Grundgesetz sowie in die sächsische Landesverfassung übernommen wurde. „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt“, heißt es dort.

In Sachsen gilt das Tanzverbot den gesamten Karfreitag. Einige Clubs, wie die Dresdner Groovestation zum Beispiel, umgehen das Verbot, indem entsprechende Partys erst um 0 Uhr anfangen.

Diese Bußgelder wurden 2023 in Dresden verhängt

Wer sich nicht daran hält, muss womöglich tief in die Tasche greifen: Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen den Schutz der stillen Feiertage können als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.

Die Durchsetzung des Tanzverbotes wird durch stichprobenartige Kontrollen durch die Ordnungsämter durchgeführt, berichtet der Bundesverband deutscher Discotheken (BDT). Private Feiern fallen nicht grundsätzlich unter das Verbot, können aber je nach Lautstärke - und je nach Bundeslandesregelung - letztlich auch als Verstoß gegen die Feiertagsregeln gelten, wie aus den Ländergesetzen hervorgeht.

Im vergangenen Jahr hat die in Dresden zuständige Abteilung für Gewerbeangelegenheiten keine Kontrollen am Karfreitag durchgeführt, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt. Allerdings gab es fünf Anzeigen aufgrund von angezeigten Verstößen gegen das Gesetz über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen, die den privaten Raum betrafen. "Es handelte sich ausschließlich um gemeldete Ruhestörungen, für die private Haushalte verantwortlich sein sollten", sagt Sprecher Alexander Buchmann. In einem Fall wurde ein Bußgeldbescheid in Höhe von 120 Euro erlassen.

Ein Bußgeldkatalog, wie es ihn zum Beispiel im Straßenverkehr gibt, würde es nicht geben, so der Sprecher. Die Höhe der Geldbußen würde im Einzelfall abgewogen, heißt es zur Begründung. Sollte ein Bußgeld in Höhe von über 250 Euro verhängt werden, seien die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen zu betrachten. Mitwirkungen der Betroffenen im Verfahren könnten sich mildernd auswirken.

In Leipzig wurden 2023 am Karfreitag fünf Veranstaltungen kontrolliert. "Verstöße wurde bei den Kontrollen jedoch nicht festgestellt", teilt die Stadt auf Sächsische.de-Anfrage mit.

Tanzverbote treffen viele Diskotheken

Tanzverbote treffen dennoch grundsätzlich viele Clubs. Der Bundesverband deutscher Discotheken (BDT) ist prinzipiell gegen Tanzverbote: "Ein Tanzverbot greift in die unternehmerische Freiheit der Diskothekenbranche ein und zwingt sie, den Betrieb einzuschränken oder ganz niederzulegen, obwohl die Nachfrage besteht", teilte der Verband mit. "Der BDT und die Club- und Diskothekenbranche positionieren sich ganz klar gegen ein Tanzverbot an Karfreitag."

Es sei zudem nicht fair, dass es keine bundesweit einheitlichen Regelungen gebe: "Es darf nicht sein, dass manche Betriebe durch das Tanzverbot massive Umsatzeinbußen verzeichnen müssen und andere davon profitieren." Auch die Berliner Clubcomission ordnet Tanzverbote als "unverhältnismäßige Einschränkung der Freiheit als Kultureinrichtungen" ein.

Kinofilme brauchen Feiertagsfreigabe

An stillen Feiertagen dürfen zudem im Kino bestimmte Filme nicht gezeigt werden. Für Fernsehen und Streamingdienste bestehen hingegen keine Beschränkungen, wie die Organisation Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) mitteilt. Die FSK entscheidet, welcher Film keine sogenannte Feiertagsfreigabe erhält. "Die Regelungen in den Landesgesetzen gehen zurück auf Bestimmungen aus der Weimarer Republik, stammen also aus einer Zeit, als Filme ausschließlich im Kino gesehen werden konnten", teilte die FSK mit.

Dennoch habe sich seitdem sehr viel geändert - an den Filmen und an den Vorgaben. Während in den 50er, 60er und 70er-Jahren über die Hälfte aller Kinospielfilme als "nicht feiertagsfrei" eingestuft wurden, sei der Prozentsatz kontinuierlich auf ein Drittel in den 80er-Jahren und nur noch 3,8 Prozent in den 90er-Jahren gesunken. Ab 2000 lag der Anteil der Kinospielfilme ohne Feiertagsfreigabe demnach bei einem Prozent und darunter.

"Im Jahr 2024 gab es bislang keinen Kinofilm ohne Feiertagsfreigabe", teilte die FSK mit. 2023 habe von 643 geprüften Filmen nur einer ("Evil Dead Rise") keine Feiertagsfreigabe bekommen. Prominente Beispiele für Filme, die keine Freigabe bekamen, sind demnach "Das Leben des Brian" (1980) und "Die Ritter der Kokosnuss" (1976).

Karfreitags-Verbote: Das gilt in anderen Bundesländern

In Bayern sind Sportveranstaltungen sowie "musikalische Darbietungen jeder Art in Räumen mit Schankbetrieb" verboten, teilte das Landesinnenministerium mit. Öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen seien nur dann erlaubt, "wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist". Auch anderweitig dürfe die Feiertagsruhe nicht gestört werden, insbesondere in der Nähe von Kirchen. In vielen Bundesländern ist das ähnlich. In den Details unterscheiden sie sich aber oft deutlich.

Das Tanzverbot gilt hier es schon von Gründonnerstag bis hin zu Karsamstag durchgängig. Ein Regelbruch beispielsweise kann in Bayern eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro einbringen. In Berlin werden Verstöße mit maximal 1.000 Euro Strafe geahndet, in den meisten Fällen ist es jedoch deutlich weniger.

Das Innenministerium im stark christlich geprägten Bayern, in dem das Kruzifix in öffentlichen Gebäuden Pflicht ist, unterstreicht die Relevanz der Regeln. "Der Sonn- und Feiertagsschutz ist für die Bayerische Staatsregierung ein ganz wichtiges Anliegen", teilte das Ministerium mit. Die Beschränkungen an den stillen Tagen seien verhältnismäßig.

In Berlin wird das Tanzverbot lockerer gehandhabt: Es gilt nur von 4 Uhr morgens bis 21 Uhr an Karfreitag, wie die Innensenatsverwaltung mitteilte.

Auch in Hamburg gibt es ein weniger strenges Tanzverbot, dieses Jahr wird es sogar noch weiter gelockert. Während vergangenes Jahr noch ein 24-stündiges Tanzverbot von 2 Uhr morgens an Karfreitag bis zur gleichen Zeit am Samstag galt, gilt es in diesem Jahr erst von 5 Uhr am Karfreitag bis Mitternacht - also fünf Stunden kürzer, wie die Senatskanzlei mitteilte. Ein Diskobesuch wird somit an beiden Tagen enorm erleichtert.

Respektvoll oder nicht mehr zeitgemäß?

In der Summe gilt: Es gibt viele Karfreitags-Regeln und vor allem je nach Bundesland verschiedene. Sind so viele komplizierte und ungleiche Regelungen noch zeitgemäß, gerade angesichts weiter sinkender Mitgliedszahlen in der Kirche?

Der Diskothekenverband hält die ihn betreffenden Regeln "für nicht mehr zeitgemäß und ungerecht". Und auch die FSK hält Filmverbote für aus der Zeit gefallen: "Aus heutiger Sicht ist die gesetzliche Beschränkung an stillen Feiertagen für Filme im Kino kaum noch nachvollziehbar."

Für die Berliner Innensenatsverwaltung offenbar schon: Die Regeln entsprächen einer grundsätzlich christlichen Prägung, heißt es. Zudem würden die Interessen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen durch die zeitliche Beschränkung der Verbote sowie die Möglichkeit zu Ausnahmen berücksichtigt. (SZ/fa mit dpa)