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Mathematik-Expertin: Sachsen sollte Wahlkreise streichen

Der Landtag in Dresden prüft zurzeit, ob die Zahl der Wahlkreise von 60 auf nur noch 51 reduziert wird. Gegen den Vorschlag gibt es aber auch Einwände.

Von Gunnar Saft
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Sollte bei der Landtagswahl 2024 nur noch in 51 Wahlkreisen abgestimmt werden? Darüber sind sich nicht nur die Abgeordneten uneinig, sondern auch etliche um Rat gebetene Wissenschaftler.
Sollte bei der Landtagswahl 2024 nur noch in 51 Wahlkreisen abgestimmt werden? Darüber sind sich nicht nur die Abgeordneten uneinig, sondern auch etliche um Rat gebetene Wissenschaftler. © dpa/Uli Deck

Mit einer öffentlichen Anhörung hat Sachsens Landtag am Montag erstmals offiziell auf die Vorschläge einer Expertenkommission reagiert, die mehrere Varianten für den Neuzuschnitt der 60 sächsischen Landtagswahlkreise erarbeitet hat. Eine Anpassung für die Wahl 2024 ist zwingend erforderlich, da die Anzahl der Wahlberechtigten pro Wahlkreis aufgrund des hohen Zuzugs in die Ballungsgebiete bei einem gleichzeitigen allgemeinen Bevölkerungsrückgang inzwischen so stark schwankt, dass gesetzliche Vorgaben nicht mehr eingehalten werden.

Die Kommission favorisiert deshalb eine Variante, bei der es künftig nur noch 51 deutlich größere Wahlkreise im Freistaat gibt. Weil dann aber auch nur 51 Abgeordnete als Direktbewerber ins neue Parlament einziehen können, soll die Zahl der über die Parteienlisten vergebenen Mandate von zurzeit 60 auf künftig 69 steigen, damit man wieder auf die per Verfassung vorgegebenen 120 regulären Sitzplätze im Landtag kommt.

Die zur Anhörung geladenen Experten vertraten dazu recht unterschiedliche Auffassungen. Am deutlichsten sprach sich die Mathematik-Wissenschaftlerin Kai-Friedrike Oelbermann für das 51-er-Modell aus. Das habe viele Vorteile: So wären die Abweichungen zwischen den einzelnen Wahlkreisen nur noch minimal, im Gegensatz zu Varianten mit weiterhin 60 Wahlkreisen.

Zudem würden Städte wie Dresden, Chemnitz oder Leipzig mit ihren hohen Bevölkerungszahlen gegenüber dem ländlichen Raum nicht benachteiligt, an den sonst unverhältnismäßig mehr Wahlkreise gehen würden. Außerdem hätte das Modell langfristig Bestand, alle andere Varianten müssten schon 2029 erneut an den erwarteten Bevölkerungsrückgang angepasst werden. Oelbermann: "Rechnerisch ist es das beste Modell. Die Frage ist aber, ob es auch politisch gewollt ist."

Die meisten Gegenargumente dazu kamen von Bernd Grzeszick. Der Professor an der Uni Heidelberg verwies auf Verfassungsgerichtsurteile, die den direkt in den Wahlkreisen vergebenen Mandaten eine besonders hohe Bedeutung einräumen. Bei nur noch 51 sächsischen Wahlkreisen würde aber nicht nur das Mehrheitswahlrecht, sondern auch die ländlichen Regionen geschwächt, warnte er.

Generell, so räumte er auf Nachfrage ein, sei aber eine Änderung des Verhältnisses zwischen Direkt- und Listenplatzmandaten durch Sachsens Verfassung gedeckt. Ob es wirklich dazu kommt, muss nun der Landtag klären. Eine Entscheidung dazu dürfte erst in einigen Monaten fallen.