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Mitglied einer rechtsextremen Partei darf Volljurist werden

In Bayern und Thüringen ist er gescheitert. In Sachsen darf das Mitglied einer rechtsextremen Partei seine Juristenausbildung beenden.

Von Karin Schlottmann
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Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat einem Rechtsextremisten im Eilverfahren erlaubt, seinen Referendardienst anzutreten.
Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat einem Rechtsextremisten im Eilverfahren erlaubt, seinen Referendardienst anzutreten. © David-Wolfgang Ebener/dpa (Symbolbild)

Das Mitglied einer rechtsextremen Partei darf nach einem Beschluss des sächsischen Verfassungsgerichtshofs trotz seiner politischen Gesinnung seinen Referendardienst in der Justiz beginnen. Er kann damit seine juristische Ausbildung beenden und sich für den Staatsdienst oder den Anwaltsberuf qualifizieren. Die Ausbildungsstationen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften könnten so gestaltet werden, dass die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht gefährdet werde, heißt es in dem Beschluss, den das Gericht am 4. November im Eilverfahren erließ (Az. Vf.96-IV-21 und Vf.49-IV-21)).

Der Bewerber hatte sein Erstes Staatsexamen in Bayern abgelegt und sich anschließend als Referendar in Bayern und Thüringen beworben. Dort war er abgelehnt worden, ebenso wie später in Sachsen. Das Oberlandesgericht Dresden hielt ihn aufgrund seiner politischen Aktivitäten insbesondere für die rechtsextreme Partei Der III. Weg für ungeeignet. Bevor er sich dem III. Weg anschloss, sei er bei Mitglied bei der NPD und bei dem verbotenen "Freien Netz Süd" gewesen. Das Verwaltungsgericht sowie das Oberverwaltungsgericht bestätigten die Ablehnung. Das kontinuierliche Engagement in verfassungsfeindlichen Organisationen zeige die Absicht des Klägers, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen.

Vor dem Verfassungsgericht hatte der Mann jedoch Erfolg. Er kann seit Anfang November seine Ausbildung in Sachsen fortsetzen. Die Richter sahen in der Ablehnung eine Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Ausbildungs- und Berufswahlfreiheit. Nur gravierende Gründe könnten die Aufnahme in den Referendardienst verhindern, heißt es in dem Beschluss. Die Richter verwiesen darauf, dass der Kläger bei seinen politischen Aktivitäten die Schwelle der Strafbarkeit bisher nicht übertreten habe. Da ihm selbst die Zulassung zum Anwaltsberuf nicht verwehrt werden könne, wären höhere Hürden bei der Ausbildung nicht verhältnismäßig.

Offenbar keine Hinweise auf strafbares Verhalten

Sachsen hatte wegen ähnlicher Fälle mit einer Gesetzesänderung in diesem Jahr die Zugangskriterien zur Juristenausbildung verschärft. Wer die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft, wird danach in der Regel nicht zum Referendariat zugelassen. Hinweise auf strafbares Verhalten lagen bei dem Kläger offenbar nicht vor. Die Verfassungsrichter verwiesen außerdem darauf, dass das neue Gesetz nicht dazu führen dürfe, dass die Grenzen für die Referendare enger seien als für die Anwälte

Die Richter empfahlen der Justiz, durch Auflagen die Ausbildung des Mannes zu kontrollieren. Die Verantwortung dafür liegt beim Oberlandesgericht Dresden. Dies wäre beispielsweise möglich durch einen Ausschluss vom Sitzungsdienst bei der Staatsanwaltschaft oder anderen Teilen der praktischen Ausbildung.