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Vietnamesische Familie kämpft um Bleiberecht in Sachsen

Ein Vietnamese und seine Familie sollen aus Chemnitz abgeschoben werden - nach 35 Jahren. Warum der Landtag trotz einer Petition mit zehntausenden Unterschriften nicht über den Fall berät.

Von Leon Heyde
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Der heute 65-jährige Pham Phi Son, seine Lebensgefährtin Nguyen Thi Quynh Hoa und die gemeinsame Tochter Emilia 2019 in Dresden - am Tag der Sitzung der Härtefallkommission.
Der heute 65-jährige Pham Phi Son, seine Lebensgefährtin Nguyen Thi Quynh Hoa und die gemeinsame Tochter Emilia 2019 in Dresden - am Tag der Sitzung der Härtefallkommission. © Stefan Taeubner

Der sächsische Landtag wird sich vorerst nicht mit dem Schicksal der Familie Pham/Nguyen beschäftigen. In einer Petition, die über 80.000 Menschen unterschrieben hatten, fordert der Sächsische Flüchtlingsrat (SFR) den Stopp der Abschiebung der Familie. Nun hat der SFR die Übergabe der Petition allerdings fürs Erste zurückgezogen. Das teilte die Landtagsverwaltung am Dienstag mit. Eine erneute rechtliche Prüfung soll die Abschiebung der Chemnitzer Familie verhindern.

Ursprünglich hatte der Landtag den 2. September für die Übergabe der Petition vorgeschlagen. Am Montag teilte der Flüchtlingsrat dem Landtag mit, auf den Termin verzichten zu wollen, sagte Landtagssprecher Ivo Klatte auf SZ-Anfrage. Der Flüchtlingsrat habe darum gebeten, von weiteren Terminvorschlägen abzusehen.

Dave Schmidtke, Pressesprecher des Flüchtlingsrates, sagte der SZ, dass eine Einbringung der Petition in den Landtag aufgrund der ablehnenden Haltung der CDU-Fraktion nicht aussichtsreich sei.

CDU-Abgeordnete sprechen sich gegen Petition aus

Nach Übergabe einer Petition hat die Staatsregierung sechs Wochen Zeit, um eine Stellungnahme zu dem Fall abzugeben. Im Anschluss wird diese an den Petitionsausschuss im Landtag übergeben, in dem Mitglieder aller Fraktionen vertreten sind. Der Petitionsausschuss erarbeitet anschließend eine Beschlussempfehlung für das Parlament. Dort wird endgültig entschieden, ob der Petition zugestimmt oder ob sie abgelehnt wird.

Bereits vorige Woche hatten sich alle CDU- Landtagsabgeordneten mit wortgleicher Begründung gegen die Petition ausgesprochen. „Wir sind enttäuscht, dass eiskalte Diplomatie über individuellen Abwägungen steht“, sagte Dave Schmidtke. Der Flüchtlingsrat hatte gehofft, dass einzelne Abgeordnete der CDU sich gegen die Haltung ihrer Fraktionen stellen und die Forderung unterstützen würden.

Anwälte beantragen erneut Aufenthaltserlaubnis

Inzwischen prüfen Anwälte erneut den Fall der dreiköpfigen Familie. Ein rechtliches Verfahren wäre nicht möglich, wenn zur gleichen Zeit über eine Petition entschieden würde. Laut ihren Anwälten muss der Familie ein humanitäres Bleiberecht der Chemnitzer Ausländerbehörde zugesprochen werden. Bislang seien die Integrationsaspekte der Familie verkannt worden, die ein Bleiberecht rechtfertigen, erläuterte Anwältin Jenny Fleischer ihr Vorgehen in einer Pressemitteilung. Beweisen würden das die den beiden Eltern vorliegenden Arbeitsangebote, sagte Schmidtke. Durch diese sei die Familie absehbar nicht auf finanzielle Hilfe angewiesen. Die Anwälte haben daher am Dienstag einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde gestellt.

2018 klagte Pham gegen seine drohende Abschiebung. Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen stützte allerdings die Entscheidung der Stadt Chemnitz, die Phams Aufenthaltserlaubnis entzogen hatte.

Pham habe sich von Dezember 2015 bis Oktober 2016 in Vietnam aufgehalten und damit seine Wiedereinreisefrist von sechs Monaten überschritten, entschied das OVG in seiner Urteilsbegründung. Pham begründete seinen Aufenthalt in Interviews mit einer alten Kriegsverletzung, die er in der Heimat habe behandeln lassen. Somit sei er nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig wieder nach Deutschland einzureisen. Die Richter in Bautzen sahen die Sache anders. Nach ihren Erkenntnissen hätten weder die Erkrankung selbst noch die Behandlung Pham daran gehindert, nach Deutschland zurückzukehren oder eine Fristverlängerung zu beantragen.

Die Familie bleibt weiterhin von Abschiebung bedroht. Dave Schmidtke rechnet allerdings nicht damit. Der öffentliche Druck seit derzeit zu groß.