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Innenminister Wöller: "Das ist ein Tabubruch"

Innenminister Wöller kritisiert im MDR Demonstrationen vor Privathäusern von Politikern. Er sagt auch, wo Sachsen noch "Luft nach oben" hat.

Von Thilo Alexe
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Sachsens Innenminister Roland Wöller hat sich am Montagabend zum Demonstrationsgeschehen in Sachsen geäußert.
Sachsens Innenminister Roland Wöller hat sich am Montagabend zum Demonstrationsgeschehen in Sachsen geäußert. © Matthias Rietschel

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) rechnet mit einem Zuwachs bei Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen. "Das Geschehen nimmt ja weiter zu, es reißt nicht ab", sagte er am Montagabend in der MDR-Sendung Fakt ist. Er sprach von einem dynamischen Versammlungsgeschehen. In der vorvergangenen Woche hätten in Deutschland rund 260.000 Menschen demonstriert. Am vergangenen Montag seien es 350.000 gewesen. "In Sachsen ist das auch stark gestiegen bis jetzt auf über 50.000 Teilnehmer."

Wöller hob hervor, dass der Großteil mit mehr als 80 Prozent "bürgerliches Klientel" sei. Sie demonstrierten aus den unterschiedlichsten Gründen. Allerdings seien auch Rechtsextremisten, Reichsbürger und Verfassungsfeinde unter den Demonstrierenden. "Das Ganze findet nicht statt wegen Rechtsextremen, sondern mit Rechtsextremen. Die steuern das. Die versuchen sich draufzusetzen", fügte Wöller hinzu. "Und das Bedenkliche ist, sie reichen vor in die demokratische Mitte und versuchen Anschluss zu finden."

Appell an Demonstrierende

Wöller appellierte an Demonstrierende, ihre Versammlungen anzumelden. In der Sendung erhielt er dafür Unterstützung von der Leiterin der Landespolizeiinspektion Erfurt, Heike Langguth. In den vergangenen drei Monaten habe es in Thüringen rund 800 Versammlungen gegeben, nur 100 seien angemeldet gewesen. "Wir haben ganz deutlich die Akteure, die die Radikalisierung vorantreiben." In den vergangenen Wochen seien 50 Thüringer Polizistinnen und Polizisten verletzt worden.

Wöller sprach sich für rasche Strafen für diejenigen aus, die bei solchen Demonstrationen Verstöße begehen. In Bayern gehe das mitunter schneller "Wir in Sachsen haben beschleunigte Verfahren", sagte der Minister. Das laufe gut. "Aber da ist noch Luft nach oben." Strafe müsse rasch folgen, daran müsse man mit der Justiz gemeinsam arbeiten. Zu Teilnehmern des Fackelmarsches vor dem Privathaus von Sozialministerin Petra Köpping (SPD) liefen Verfahren. Ein Versuch von AfD-Mitgliedern, dort eine Demonstration durchzuführen, sei vom Objektschutz der Polizei unterbunden worden. Wöller: "Das sieht man ja, dass also auch die AfD versucht, sozusagen hier Grenzen ganz klar zu überschreiten, Menschen zu bedrohen, Hass zu säen. Und dem müssen wir uns komplett entgegenstellen."

Grenzen des Protests

Bislang sei Privatsphäre von Politikern geschützt gewesen. Vor Privathäusern, vor Familien und Kindern "hört es ganz einfach auf". Proteste seien vor dem Landtag, vor Behörden, Ministerien und eventuell Wahlkreisbüros möglich. "Das ist eindeutig überschritten. Das haben die Freien Sachsen und die AfD gemacht. Und das ist ein Tabubruch, den wir nicht dulden."

In der Diskussionsrunde betonte der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, dass die nicht-extremistischen Teilnehmer der Proteste seine Behörde nicht interessierten. Aber gerade um diesen zu verdeutlichen, wer da noch mitlaufe, habe der Dienst darauf aufmerksam gemacht, "wer das befeuert und organisiert".

Im Studio waren auch Teilnehmerinnen von Protesten in Thüringen. Sie machten darauf aufmerksam, dass aus ihrer Sicht Kritiker der Maßnahmen ein Forum und eine Protestform benötigen.