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Morgenlage in Sachsen: Lehrer-Arbeitszeit; Flüchtlinge; Energiewende; Drogenprozess

Gewerkschaft fordert Arbeitszeit-App für Lehrer + Flüchtlinge: Dresden scheitert bei Landesdirektion + Erste Städte starten mit Wärmeplan + Bizarrer Auftakt im Drogenprozess

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Die Lehrer in Sachsen arbeiten zu viel, sagt eine Gewerkschaft. Deswegen soll nun die Arbeitszeit zum Beispiel per App erfasst werden.
Die Lehrer in Sachsen arbeiten zu viel, sagt eine Gewerkschaft. Deswegen soll nun die Arbeitszeit zum Beispiel per App erfasst werden. © dpa

Guten Morgen,

einen "heißen Herbst" werde es geben. So lautete die Prognose im vergangenen Jahr, als die Sorge um eine ausreichende Gas-Versorgung die Stimmung anheizte. Doch der Herbst blieb relativ kühl. Da waren die pessimistischsten Prognosen längst verglüht, die Realität wurde zum Glück eine andere. Das Gas reichte, die Stuben blieben warm. Auch wenn da eine zum Leben erweckte Ur-Angst manchen Menschen nie wieder so ganz aus den Kleidern kroch.

Ein Jahr später ist auch der Zorn über den verkorksten Erst-Entwurf des Heizungsgesetzes inzwischen weitgehend gewichen. Doch das Misstrauen geblieben. Gegenüber denen da oben. Denen da in Berlin. Doch als "Zündholz" für einen "heißen Herbst", den manche so gerne herbei-sehnen, herbei-schreien oder gar herbei-schreiben, reicht das nicht. Der "heiße Herbst", der manchen so gut ins politische Kalkül passt, weil es doch so zerstörerisch einfach ist, alles pauschal schlecht zu reden und die Menschen im Zorn passiv zu machen, indem man ihnen ein Schild in die Hand drückt mit der Aufschrift "Ich bin gegen Alles".

Bleibt dieser Herbst also "kalt"? Man hätte es annehmen können. Ein Jahr vor der Landtagswahl. Ist doch noch lange Zeit hin. Doch man sollte die Kommunalwahlen im Frühjahr nicht vergessen. Wären da nicht Glauchau und Berggießhübel. Zwei Orte, weit auseinander. Doch das Ereignis, das sie verbindet, nur wenige Tage auseinander. In Glauchau demonstrierten 700 Menschen gegen eine Asyleinrichtung. Angeführt von den rechtsextremen so genannten „Freien Sachsen“. In Berggießhübel waren es mehr als 2.000 Menschen – aufgehetzt von einem ehemaligen NPD-Funktionär.

Bei allem Verständnis für jeden Bürger-Protest, jede freie Meinungsäußerung, auch gegen so manchen möglichen Standort einer Asyl-Einrichtung – da wird gerade gefährlich "gezündelt".

Was das heißt für alle: reden, reden, reden! Widersprechen, erklären, argumentieren, überzeugen! Das Wort ist noch immer das beste Instrument. Aber nur, wenn man es nicht denen überlässt, die damit gesellschaftlich ein Feuer entfachen und die nächsten Monate zu einem "heißen Herbst" mit unkontrolliertem Flächenbrand machen wollen.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Gewerkschaft fordert Arbeitszeit-App für Lehrer

Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen sollen zukünftig ihre Arbeitszeit erfassen. Dazu will die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit dem Kultusministerium Gespräche führen. "Lehrkräfte haben wie alle anderen Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeiterfassung", sagte Sachsens GEW-Vorsitzender Burkhard Naumann bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Nach einer Studie der Universität Göttingen aus dem Jahr 2022 im Auftrag der GEW leistet ein Großteil der Lehrkräfte in Sachsen regelmäßig Mehrarbeit, ein Drittel der Vollzeitkräfte arbeitet mehr als 48 Stunden pro Woche – was gegen geltende Arbeitsschutznormen verstößt. Das Kultusministerium hatte zuletzt eine eigene Studie angekündigt. Um die Arbeitszeit zu erfassen, soll die Landesregierung laut GEW ein Instrument einführen, in dem Lehrkräfte ihre Arbeitsstunden eintragen können, etwa eine App. Dabei soll die pädagogische Freiheit, mobile Arbeit und auch außerschulisches Arbeiten berücksichtigt werden. Das Kultusministerium verweist nun angesichts der GEW-Forderung auf Gespräche mit anderen Bundesländern.

Flüchtlinge: Dresden scheitert mit Bitte bei Landesdirektion

Ministerpräsident Michael Kretschmer hat weitere Maßnahmen gefordert, um die Zuwanderung nach Deutschland zu stoppen. Zur Diskussion um stationäre Grenzkontrollen sagte der CDU-Politiker dem MDR: "Die ganze Diskussion ist scheinheilig, wenn man nicht am Anfang über die Anzahl spricht der Menschen, die in Deutschland Schutz bekommen können - eine Diskussion über eine Obergrenze. Also ein Zahl, die für uns als Deutschland Orientierung ist." Die Zahl müsse sich an dem orientieren, was Deutschland leisten wolle und könne. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach am Dienstag im Deutschlandfunk von einem weiteren Instrument. "Wir bereiten erstmal stationäre Grenzkontrollen mit vor. Es geht um zusätzliche Kontrollen", sagte Faeser. "Und wir müssen schauen, was das dann bringt." Der Fokus liegt für sie auf der Schleuserkriminalität.

Die Gespräche von Bund und Ländern zur Flüchtlingsfinanzierung sind unterdessen nach Angaben von Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) vorerst gescheitert. Der Bund will den Ländern insgesamt 1,25 Milliarden Euro geben, was aus sächsischer Sicht zu wenig ist. Derweil bittet die Diakonie Sachsen Landräte und Bürgermeister im Freistaat um mehr Sachlichkeit in der Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen. Man sei sich der schwierigen Situation in den betroffenen Kommunen bewusst, mahne aber zu einer Versachlichung, sagt Sachsens Diakonie-Chef Dietrich Bauer. Die Pläne, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge befristet in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes unterzubringen, lehnt die Organisation ab. Gescheitert ist die Stadt Dresden mit der Bitte um eine Aussetzung der Flüchtlingszuweisungen im Oktober. Die Landesdirektion lehnte trotz fehlender Plätze ab. Die Stadt hat bereits in der vergangenen Woche die Unterbringung in Turnhallen und der Messe nicht mehr ausgeschlossen.

Erste sächsische Städte starten mit Wärmeplanung

In zehn sächsischen Städten wird bereits an einem eigenen Wärmeplan gearbeitet, der darüber entscheidet, welche Heizmöglichkeiten sich künftig nach dem neuen Gebäudeenergiegesetz für die Einwohner vor Ort bieten. Das geht aus einer aktuellen Übersicht des Sächsischen Städte- und Gemeindetages hervor, welche Sächsische.de vorliegt. Neben Dresden und Leipzig haben auch kleinere Städte mit den Planungen begonnen. Morgen wollen zudem der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften, der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Verband kommunaler Unternehmen zu diesem Thema beraten. Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Wärmemarkt in Zukunft von zwei Technologien geprägt sein: klimaneutraler Fernwärme und Wärmepumpen. Saechsische.de beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Thema.

Bizarrer Auftakt im Colditzer Drogenprozess

Unter großer medialer Aufmerksamkeit hat am Dienstag ein Prozess gegen drei Männer aus Colditz am Landgericht Leipzig begonnen. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft sollen der 67-Jährige Ralf N. zusammen mit seinen beiden Söhnen in der Kleinstadt bandenmäßig mit Crystal Meth gehandelt und Tausende Marihuana-Pflanzen angebaut haben. Auch Waffen und teure Autos fand man bei ihnen während einer Razzia Ende März. Familie N., die in Colditz einen Holzhandel betrieb, gilt als Kern einer rechtsextremen Szene, die offenbar viele Jahre lang Menschen in der Region mit Gewalt, Bedrohungen und Einschüchterungen terrorisiert hat. Ein Szenario, das mittlerweile auch den Innenausschuss des Landtags beschäftigt. Beim Prozessauftakt am Dienstag sagte Ralf N., dass das alles nur dumme Zufälle gewesen seien. Die Aussage sei anders abgesprochen gewesen, sagt sein Anwalt.

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