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Morgenlage in Sachsen: Wagenknechts Chancen; Bombendrohungen; illegale Migration

Wagenknecht-Partei: "Linke und SPD müssen aufpassen" + Bombendrohungen haben Pro-Palästina-Bezug + Kretschmer fordert, illegale Migration zu erschweren

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Welche Auswirkungen könnte die Wagenknecht-Partei auf die Landtagswahl 2024 in Sachsen haben? Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht vor allem für zwei Parteien Gefahren.
Welche Auswirkungen könnte die Wagenknecht-Partei auf die Landtagswahl 2024 in Sachsen haben? Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht vor allem für zwei Parteien Gefahren. © Deutsche Presse-Agentur GmbH

Guten Morgen,

wenn Politikerinnen und Politiker auch in ihrem privaten Umfeld, mit Kindern und Familiengehörigen derart öffentlich bedrängt, vorgeführt und der Lächerlichkeit preisgegeben werden, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die Zahl derjenigen, die sich dazu bereitfinden, für ein politisches Amt zu kandidieren auf einen derart kleinen Kreis zu schrumpfen beginnt, in dem die Besten für diese Aufgaben nicht zu finden sein werden.

Wenn man schon früh morgens auf die "Abschuss-Fotos" von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Mallorca-Urlaub blicken muss, weil sie auf der Bild-Titelseite im legeren Sommerkleidchen mit Urlaubsschlappen öffentlich-anklagend und ausgeliefert auf dem Bäcker-Tresen liegt, dann wird einmal mehr deutlich, dass es nicht nur aufgehetzte Rechtsextreme oder von Rechtsextremen aufgehetzte Demonstranten sind, die das Klima vergiften und jegliche demokratische Spielregeln und rechtsstaatliche Grenzen überschreiten.

Auch Sachsen hat bei diesem Thema leidvolle und gefährliche Entwicklungen hinter sich gebracht. So versammelten sich bereits vor Jahren Demonstranten vor dem Haus des Dresdner Oberbürgermeisters, andere zogen mit Fackeln vor das Wohnzimmer von Sozialministerin Petra Köpping, wieder andere meinten – wie dieser Tage – dass sie ein Recht hätten, die Familie von Ministerpräsident Michael Kretschmer zuhause zu bedrängen.

Die blind-blöde Ignoranz gegenüber der Privatsphäre von Politikerinnen und Politikern ist inzwischen erschreckend weit entwickelt. Es ist nichts anderes als das Ende eines weiteren Tabus. Und damit hochgefährlich.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Vorländer: "Linke und SPD müssen aufpassen"

Die geplante Wagenknecht-Partei könnte, wenn sie wie angekündigt bei der Landtagswahl 2024 antritt, die Regierungsfähigkeit Sachsens erschweren. Das sagt der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer im Interview mit Sächsische.de. "Sollte die Wagenknecht-Partei bei der Europawahl ein Momentum erzeugen, das sie über den Sommer trägt, könnte es in der Tat so sein, dass sie die Linke, womöglich auch die SPD, an Stimmen bei der Landtagswahl deutlich überholt, dann wird es für beide Parteien eng", sagt er. "Sie müssen aufpassen, dass sie nicht zerrieben werden zwischen den Lagern." Die CDU werde sich als einzige bürgerliche Kraft der Mitte zu positionieren versuchen. Und ganz rechts sei dann noch die AfD. "Gar nicht so einfach, dann eine regierungsfähige Mehrheit zusammenzubekommen", so Vorländer. Ein Bündnis Wagenknechts mit der AfD hält er für ausgeschlossen - zumindest fast. "Dem steht die antifaschistische Position von Wagenknecht entgegen. Aber wissen tut man es bei Wagenknecht nie."

Derweil steht die Wagenknecht-Partei schon vor der Gründung unter Zeitdruck. Wenn die neue Partei bei der Europawahl am 9. Juni 2024 antreten will, dann muss sie spätestens bis 18. März bei der Bundeswahlleitung eine Liste mit ihren Kandidaten einreichen. Diese müssen vorher bei einer Aufstellungsversammlung der Partei in geheimer Wahl bestimmt werden. Da die neue Partei noch in keinem Parlament vertreten ist, muss sie zusätzlich 4.000 Unterschriften von Wahlberechtigten einreichen. Für die Landtagswahlen ist das Prozedere noch komplizierter.

Bombendrohungen haben Pro-Palästina-Bezug

Nach zahlreichen Bombendrohungen am Montag hat es am Dienstag erneut Drohmails an Schulen gegeben - auch in Sachsen. So sind am Dienstag Drohungen gegen drei Schulen in Brandis sowie eine Grundschule im ostsächsischen Pulsnitz eingegangen. Wie die Polizei mitteilte, wurden die Gebäude geräumt und mit Sprengstoffspürhunden durchsucht. In Pulsnitz bemerkten Schulmitarbeiter am Morgen die Bombendrohung eines unbekannten Absenders. Das Schulgelände, zu dem auch noch eine Oberschule gehört, wurde geräumt. Später gab es Entwarnung. Auch bundesweit gab es am Dienstag etliche Bombendrohungen, Medienhäuser und der Berliner Hauptbahnhof war ebenso betroffen.

Die Drohungen gegen Schulen in Sachsen haben nach Angaben des Innenministeriums einen Bezug zum Nahost-Konflikt. "Bei den bislang in Sachsen bekanntgewordenen Fällen ist eine politische Motivation erkennbar, die im Kontext mit dem aktuellen Israel-Palästina-Konflikt steht", teilt Innenminister Armin Schuster (CDU) mit. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, die Extremismuseinheit PTAZ beim Landeskriminalamt gleiche die Ergebnisse zudem mit anderen Bundesländern ab.

Kretschmer fordert, illegale Migration zu erschweren

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat nach dem Treffen mit Kommunalvertretern erneut eine Begrenzung der illegalen Migration gefordert. Dabei nahm er am Dienstag bei der Kabinettssitzung in Schwarzkollm den Bund in die Pflicht. "Die Botschaft muss in die Welt gehen, es hat keinen Wert sich auf den Weg nach Deutschland zu machen", sagte Kretschmer. Er forderte vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Anfang November weitergehende Maßnahmen als die derzeit schon laufenden stationären Grenzkontrollen - wie etwa weniger Geld für Geflüchtete, die nicht in Deutschland bleiben dürfen. Zudem sprach er sich mit Blick auf ältere unbegleitete Minderjährige für eine neue Art der Beschulung aus. Kretschmer warb auch für eine Begrenzung des Familiennachzugs auf das "mindeste rechtliche Niveau".

Derweil hat die Bundespolizeidirektion Pirna im September einen neuen Höchststand bei den festgestellten Flüchtlingen für dieses Jahr verzeichnet. Allein in Sachsen wurden rund 7.000 Flüchtlinge, die mutmaßlich illegal nach Deutschland eingereist sind, registriert. 2022 waren es im September 4.887 geflüchtete Menschen. In der Region Zittau, wo es drei feste Grenzkontrollstellen gibt, zieht die Bundespolizei eine erste Bilanz der verschärften Maßnahme. Allein am Grenzübergang Friedensstraße in Zittau konnten die Beamten innerhalb einer Woche drei Schleuser festnehmen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wenn die Bundespolizisten bei der Kontrolle Migranten antreffen, haben sie quasi keine Möglichkeit, jemanden abzuweisen.

Bundeswehr-Stationierung: Kretschmer mit neuer Variante

Nachdem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eine baldige Entscheidung zur Stationierung weiterer Bundeswehr-Bataillone in Sachsen in Aussicht gestellt hat, hat Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) diese Entscheidung gelobt. Es gebe aber noch keine Standortentscheidung, sagte er am Dienstag nach der Kabinettssitzung. Kretschmer brachte die Variante ins Gespräch, dass ein Bataillon im Kreis Bautzen, das andere im Kreis Görlitz stationiert werden könnte. Zudem nannte Kretschmer ein weiteres Vorhaben für einen gelingenden Strukturwandel. Entwickelt werden soll demnach das Industriegebiet Schwarze Pumpe. Kretschmer sagte, der Freistaat sei dazu bereit, 76 Hektar Waldfläche dafür zur Verfügung zu stellen und Ausgleichsflächen zu schaffen. Angestrebt werde die Schaffung hochwertiger Industriearbeitsplätze im Bereich der Energiewende.

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