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Morgenlage in Sachsen: Kretschmer; Linken-Parteitag; Flüchtlingszahlen

Großer Rückhalt für Kretschmer - aber auch eine Niederlage + Rackete wird sächsische Spitzenkandidatin + Zahl der Flüchtlinge deutlich zurückgegangen

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Parteichef Michael Kretschmer (r.) und Generalsekretär Alexander Dierks sind am Wochenende beim CDU-Landesparteitag wiedergewählt worden.
Parteichef Michael Kretschmer (r.) und Generalsekretär Alexander Dierks sind am Wochenende beim CDU-Landesparteitag wiedergewählt worden. © dpa

Guten Morgen,

schafft er die 90 Prozent Zustimmung oder schafft er sie nicht? Vielleicht haben Sie sich ja an dem kleinen gedanklichen Wettspiel, das wir am Freitag hier an dieser Stelle aufgemacht haben, beteiligt. Wenn ja, dann dürften Sie umso erstaunter sein über die Punktlandung, die CDU-Chef Michael Kretschmer am Wochenende beim Landesparteitag in Chemnitz hingelegt hat. Exakt 89,35 Prozent der Delegierten stimmten für ihn - kein sensationelles, aber ein respektables Ergebnis.

Was es wert ist, das wird aber erst der Realitätscheck in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Dem Partei und Regierungschef direkt einen Denkzettel zu verpassen, das haben sich verständlicherweise nur wenige CDUler getraut. Zu fatal wäre die Außenwirkung vor der anstehenden Landtagswahl gewesen. Gut möglich aber, dass stellvertretend Christiane Schenderlein abgestraft wurde. Kretschmers Favoritin für den neugeschaffenen vierten Vize-Posten im Parteivorstand verlor ihre Wahl.

Mein Kollege Gunnar Saft, der den Parteitag am Wochenende vor Ort mitverfolgt hat, zieht in seinem Kommentar die Schussfolgerungen aus dem Parteitag. "Einen aufwendigen Straßenwahlkampf, bei dem neben Ideen und Argumenten auch persönlich überzeugende Kandidaten notwendig sind, hat die sächsische CDU so noch nie führen müssen", schreibt er. "Die Versuchung dürfte deshalb groß sein, sich beim Kampf um einen stärkeren Wählerzuspruch erneut allein auf den bei vielen Sachsen anerkannten und beliebten Regierungschef zu verlassen. Genau das könnte diesmal aber zu wenig sein." Hier lesen Sie seinen kompletten Kommentar.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Großer Rückhalt für Kretschmer - aber auch eine Niederlage

Zehn Monate vor der Landtagswahl in Sachsen ist Ministerpräsident Michael Kretschmer in seinem Amt als CDU-Landesvorsitzender bestätigt worden. Die Delegierten des CDU-Landesparteitages in der Chemnitzer Stadthalle wählten ihn mit 193 Ja-Stimmen bei 216 gültigen Stimmen erneut in dieses Amt. Nach der Wahl Kretschmers kam auch der von ihm erneut als sächsischer CDU-Generalsekretär vorgeschlagene Alexander Dierks bei der Abstimmung auf beachtliche 87,04 Prozent Zustimmung. Kretschmers persönliche Favoritin für einen neu geschaffenen CDU-Vizeposten scheiterte dagegen. Es setzte sich die Chefin der Frauen-Union Sachsen, Sandra Gockel (53,6 Prozent), gegen die Bundestagsabgeordnete Christiane Schenderlein (42,34 Prozent) durch.

Das sind die wichtigsten Aussagen Kretschmers vom Parteitag:
- Zur AfD: "Das Gerede über Brandmauern bringt so lange nichts - es ist im Gegenteil sogar Brandbeschleuniger - so lange man nicht denen den Nährboden entzieht."
- Zur Migration: "Es kann nicht jeder kommen, der will, sondern wir entscheiden, wer kommen darf."
- Zu einer Flüchtlingsobergrenze: "Die Leute lassen sich nicht mehr verarschen. Die wollen eine Lösung haben"
- Über die Finanzpolitik der Bundesregierung: "Es muss jetzt aufhören, dass wir die Herausforderungen der Gegenwart ständig mit neuen Schulden lösen. Jetzt ist die Zeit, Prioritäten zu setzen."
- Über Finanzhilfen für Städte und Gemeinden: "Ich teile die Einschätzung, dass wir den Städten und Gemeinden und Landkreisen helfen müssen, damit sie nicht unter Wasser gedrückt werden."

Derweil sind die Grünen mit der CDU über das zukünftige Wasserstoffnetz im Freistaat in Streit geraten. Grünen-Landeschefin Christin Furtenbacher unterstellt der Union "falsche Behauptungen". Die Kommentare von CDU-Landtagsabgeordneten zum geplanten Wasserstoff-Kernnetz "strotzen nur so von Desinformation".

Rackete wird sächsische Spitzenkandidatin

Carola Rackete wird sächsische Spitzenkandidatin der Linken für die Europawahl 2024. Rackete erhielt auf dem Bundesparteitag in Augsburg fast 78 Prozent der Delegiertenstimmen und steht als Kandidatin auf Platz zwei der Parteiliste - hinter Parteichef Martin Schirdewan. In ihrer Rede räumte sie Fehler ein. Vor Beginn des Parteitages hatte die als Flüchtlingsretterin bekannt gewordene Ökologin in einem Interview mit zeit.de der Partei vorgeworfen, die SED-Vergangenheit nicht ausreichend aufgearbeitet zu haben. Das schrecke potenzielle Anhänger ab, sich in der Linken zu engagieren. Womöglich wäre es sogar besser, wenn die Partei ihren Namen ändere. Der "Geschichte und Gegenwart" der Linken werde das nicht gerecht, sagte Rackete in Augsburg. Klar ist zudem, dass Rackete zunächst nicht in die Linke eintritt. Auf die Frage, ob sie parteilos bleibe, sagte sie Sächsische.de: "Im Moment ja".

Flüchtlingszahlen deutlich zurückgegangen

Die Zahl der Neuzugänge von Asylbewerbern in den sächsischen Aufnahmeeinrichtungen ist von September bis November deutlich zurückgegangen. Während im September pro Woche zwischen 900 und 1.000 Asylbewerber aufgenommen wurden, ging die Zahl bis Anfang November auf 376 Flüchtlinge innerhalb einer Woche zurück. Lageerkenntnisse sprächen dafür, dass dieser Rückgang nicht saisonbedingt sei, heißt es. Innenminister Armin Schuster (CDU) sagt, er gehe davon aus, dass die am 16. Oktober eingeführten stationären Grenzkontrollen aufrecht erhalten würden, solange der Migrationsdruck hoch bleibe. Es gehe vor allem darum, Druck auf die Schleuser auszuüben und die Kontrolle zurückzugewinnen. Schuster hatte bereits zuletzt eine positive Zwischenbilanz der Grenzkontrollen gezogen. Kritiker der Grenzkontrollen bestreiten, dass mit Grenzkontrollen überhaupt eine nennenswerte Wirkung erzielt werden könne, weil die Bundespolizei Asylbewerber nicht zurückweisen dürfe. Schuster beurteilt dies unter Berufung auf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs anders.

An allen deutschen Grenzen wurden im Monat nach der Einführung der stationären Grenzkontrollen 11.029 Fälle unerlaubter Einreisen festgestellt, wovon 4.790 Personen an der Einreise gehindert wurden. Parallel dazu gab es 266 Festnahmen von Schleusern an den genannten Grenzabschnitten. Doch die Grenzpolizisten machen noch ganz andere Funde.

Bautzen bekommt Bauforschungszentrum

Das Bundesbauforschungszentrum "Living Art of Building" (LAB) kommt mit seinem Hauptsitz in die Stadt Bautzen. Nach Angaben des Landratsamts Bautzen hat der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, 2024 insgesamt 3,6 Millionen Euro für den Aufbau des LAB für klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen bereitzustellen. Bis zum Jahr 2028 seien weitere Gelder von bis zu 65 Millionen Euro vorgesehen. Die Landkreise Bautzen und Görlitz haben zugesagt, mithilfe der Städte und Gemeinden bis zu 450 Millionen Euro ihrer Mittel für den Strukturwandel für Investitionen in den Aufbau zur Verfügung zu stellen. Weitere Standorte des LAB sollen nach aktuellen Überlegungen in Weimar und Aachen entstehen.

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