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Morgenlage in Sachsen: Wagenknecht; Kretschmer & Putin; Rundfunkbeitrag

Wagenknecht-Partei bekommt in Sachsen Doppelspitze + Briefe von Kretschmer an Putin aufgetaucht + Rundfunkbeitrag: Sachsen plädiert für weitere Reformen

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Sahra Wagenknecht hat mit ihrer Partei nun den ersten Landesverband gegründet - und das in Sachsen.
Sahra Wagenknecht hat mit ihrer Partei nun den ersten Landesverband gegründet - und das in Sachsen. © dpa

Guten Morgen,

aus der Reiseplanung eines hochrangigen Politikers kann man vieles ablesen. Aufschluss geben dabei nicht nur die Termine, die der- oder diejenige absolviert. Manchmal sind gerade die Treffen, die ausgelassen werden, noch aufschlussreicher. So verhält es sich auch mit dem Besuch von Kanzler Olaf Scholz am Donnerstag in Sachsen. In einem eng getakteten Programm geht es zunächst zu den Elbe-Flugzeugwerken, dann zur Uhrenproduktion nach Glashütte und weiter zu einem Demokratieprojekt der Dresdner Verkehrsbetriebe bevor dann am Abend ein anderthalbstündiger Bürgerdialog ansteht.

Das Ziel des seit langem vorbereiteten "Sachsen-Tages" ist offenbar, Zuversicht zu verbreiten. So schaut Scholz nicht vorbei beim Solarhersteller Meyer Burger, der der Bundesregierung erst am Freitag ein dreiwöchiges Ultimatum gestellt hat. Ein Treffen mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, bei dem beide sicherlich einiges zu diskutieren hätten, steht auch nicht auf dem Plan.

Gut möglich, dass Scholz und Kretschmer dabei auch über den Ukraine-Krieg gesprochen hätten, der seit Samstag in ein drittes Jahr geht - und, wie sich am Wochenende unter anderem in Dresden zeigte, nach wie vor viele Menschen auch hierzulande bewegt.

Ich möchte Ihnen zwei Texte empfehlen über zwei Ukrainer, die in Sachsen Zuflucht vor dem Krieg gefunden haben. Da ist zum einen die Geschichte von Vadym Shapoval: Nachdem seine Familie ihr altes Leben in der Ukraine zurücklassen musste, kaufte er vor fünf Monaten ein historisches Gasthaus in Sohland. Statt Essen bietet er nun anderen Geflüchteten ein Dach über dem Kopf. Und da ist zum anderen die Geschichte von Daria Dudarenko, die kurz nach Beginn des Ukrainekrieges aus einem Vorort Kiews nach Dresden geflohen ist. Wie durch ein Wunder überlebte fast die gesamte Familie die russischen Angriffe.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Das Wichtigste am Morgen:

Wagenknecht-Partei bekommt in Sachsen Doppelspitze

Der sächsische Landesverband des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) soll künftig von einer Doppelspitze geführt werden: von der früheren Linke-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann und dem Unternehmer Jörg Scheibe. Das wurde am Wochenende bei der Gründung des sächsischen BSW-Landesverband in Chemnitz bekannt. In Sachsen will die neue Partei im Juni bei der Kommunalwahl und Anfang September bei der Landtagswahl antreten. Die sächsische Co-Chefin Zimmermann warb für eine "vernünftige Wirtschaftspolitik und Energiepolitik". Dabei sprach sie sich unter anderem für einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Zudem wolle sie die soziale Gerechtigkeit im Freistaat in den Vordergrund stellen. Bei den Landtagswahlen strebe das Bündnis "ein gutes zweistelliges Ergebnis" an, so Zimmermann.

Ihr ehemaliger Parteikollege und Gruppen-Vorsitzende der Linken im Bundestag, Sören Pellmann, sieht die Linke trotz der Abspaltung Wagenknechts und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern auf einem guten Weg. In einem Interview sagte er der Leipziger Volkszeitung, dass ihm die Gespräche mit Landes- und Kreisvorsitzenden seiner Partei Mut machten. "Der Konflikt ist mit der Abspaltung vielleicht noch nicht gänzlich ausgestanden, aber wir haben die Chance, aufzustehen und endlich wieder für Inhalte zu werben." Im Interview mit der FAZ spricht Wagenknecht derweil unter anderem über die AfD und deren Vorsitzende Alice Weidel. "Frau Weidel vertritt keine rechtsextremen Positionen, sondern konservativ-wirtschaftsliberale", so Wagenknecht. "Sie hält aggressive Reden, aber eine völkische Ideologie, also die Annahme, dass sich Nationen nicht über Kultur, sondern über Gene und Blut konstituieren, kann ich bei ihr nicht erkennen. Bei Höcke schon."

Briefe von Kretschmer an Putin aufgetaucht

Seit Jahren steht Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wegen seiner unkritischen Russland- und Putin-Nähe immer wieder in der Kritik. Nun geben aufgetauchte Briefe Kretschmers an Putin diesen Vorwürfen neuen Auftrieb. Nach einem Bericht von t-online schrieb der Ministerpräsident im Jahr 2019 offenbar: "Auch jetzt ist der Freistaat Sachsen an einem offenen, konstruktiven Dialog und einer engen Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation interessiert." 2021 schrieb Kretschmer einen weiteren Brief an Putin. "Es wäre mir eine große Ehre, Sie, Exzellenz, aus diesem Anlass in Sachsen begrüßen zu dürfen", heißt es darin unter anderem. Dazu sagt Kretschmer gegenüber Sachsen Fernsehen: "Das war damals ein ganz wichtiger Teil dieses Gespräches, und selbstverständlich werden diese Dokumente offengelegt - das ist überhaupt keine Sache. Die damalige Zeit unterscheidet sich von der Heutigen."

Derweil hat sich Kretschmer beim traditionellen Görlitzer Heringsessen zur Möglichkeit einer Minderheitsregierung nach der Landtagswahl geäußert. Um für die Wirtschaft attraktiv zu bleiben, müsse man vor allem eines sein: verlässlich, in Sachen Zusagen, Genehmigungen oder Fördermittel, so Kretschmer. Sachsen sei bisher verlässlich gewesen, aber: eine Minderheitsregierung könne nicht verlässlich sein.

Rundfunkbeitrag: Sachsen plädiert für weitere Reformen

Der Rundfunkbeitrag soll ab 2025 Berechnungen von Finanzexperten zufolge von monatlich 18,36 Euro auf 18,94 Euro steigen. Das bestätigte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) am Freitag bei der Übergabe ihres Berichts an die Bundesländer. Sachsens Staatskanzleichef Oliver Schenk sagt Sächsische.de, die Empfehlung der KEF habe absehbar keine Mehrheit im Kreis der Bundesländer. "Wir brauchen ein Moratorium". Bevor es zu einer Anpassung des Beitrags komme, seien weitere Reformschritte für mehr Effizienz und Sparsamkeit nötig. Wie geht es nun weiter? Sächsische.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Freiberger Solarfabrik gibt dem Staat drei Wochen Zeit

Der Solarhersteller Meyer Burger stoppt die Produktion in Freiberg und bereitet die Schließung vor. Chef Gunter Erfurt kündigte am Freitag zwei Schritte an. Erstens: Die Produktion in Freiberg wird in der ersten Märzhälfte gestoppt. Denn die Fabrik macht Verluste, die Lagerbestände sind hoch. Zweitens: Der Standort Freiberg wird ganz geschlossen, falls der Konzern nicht bis 14. März Klarheit über eine staatliche Rettungsaktion hat. Denn dann stehe die Generalversammlung der Eigentümer des börsennotierten Schweizer Konzerns bevor. "Der Standort Freiberg steht auf der Kippe", sagt Erfurt. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sagt, in seinen Gesprächen mit Vertretern des Bundes seien voriges Jahr die nötigen Maßnahmen in Aussicht gestellt worden, nun müssten sie unverzüglich auf den Weg gebracht werden. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nennt es "unerträglich", dass die deutsche Industrie trotz Solarbooms in Bedrängnis gerate. Zeit.de fasst zusammen, wie das Bundeswirtschaftsministerium die Bedingungen für deutsche Solarfirmen verbessern will.

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