Sachsen
Merken

So geht es den Sportvereinen in Sachsen

Nach dem erklärten Ende der Corona-Pandemie kämpfen Sachsens Sportvereine mit Mitgliederschwund, Investitionsstau und gestiegenen Kosten. Der Regierung aber fehlt eine Strategie, kritisiert die Linke.

Von Andrea Schawe
 4 Min.
Teilen
Folgen
Viele Kinder und Jugendliche sind nach der Pandemie in die sächsischen Sportvereine zurückgekehrt.
Viele Kinder und Jugendliche sind nach der Pandemie in die sächsischen Sportvereine zurückgekehrt. © Claudia Hübschmann

Dresden. Mitgliederschwund, Nachwuchsmangel, marode Sportstätten: Die Linken sehen jede Menge Handlungsbedarf im sächsischen Breitensport. "Ein bisschen Licht, aber viel Schatten", fasste die Landtagsabgeordnete Marika Tändler-Walenta das Ergebnis einer parlamentarischen Anfrage ihrer Partei zur Lage des Sports im Freistaat zusammen.

"Der Breitensport ist das Rückgrat des sächsischen Sports", sagte Fraktionschef Rico Gebhardt. Sport habe eine positive Wirkung auf alle, die ihn treiben, und auch auf die gesamte Gesellschaft: "Er stiftet Zusammenhalt, vermeidet Krankheiten und hat viele soziale Aspekte".

Die Linksfraktion forderte eine langfristige Strategie zur Stärkung des Breitensports und mehr Investitionen.

Mitgliederschwund durch Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat auch in den sächsischen Sportvereinen Spuren hinterlassen. Waren im Januar 2020 noch etwa 676.000 Mitglieder in Vereinen des Landessportbundes aktiv, so sind es 2022 nach Angaben des Innenministeriums etwa 26.000 weniger. 74 Vereine haben aufgegeben. Während der Corona-Pandemie war Sportvereinen zeitweise der Betrieb untersagt worden.

Zu Beginn dieses Jahres erholt sich der Breitensport aber langsam. Vor allem Kinder und Jugendliche sind in die Vereine zurückgekehrt, teilte der Landessportbund mit. Im Erwachsenen-Bereich zeigen sich hingegen noch deutliche Verluste im Vergleich zu vor der Pandemie – vor allem im Gesundheits- und Präventionssport.

Investitionsbedarf in Sportplätze und Turnhallen

Viele Sportstätten in Sachsen sind marode und müssten dringend saniert werden, sagte Marika Tändler-Walenta. "Dabei geht es nicht um den Neubau, sondern um eine zeitgemäße Instandsetzung und Erhaltung." Es gebe zwar gelegentlich eine Art Reanimation, aber keine flächendeckenden und langfristigen Investitionen.

Nach Angaben des Deutschen Städte- und Gemeindetages 2022 würden bundesweit 20 Milliarden Euro für die Sanierung kommunaler Sportstätten gebraucht, für Vereinssportstätten kämen noch einmal elf Milliarden dazu. Genaue Zahlen für Sachsen konnte das Innenministerium nicht vorlegen.

Die Sportförderung im Landeshaushalt sei in den letzten Jahren kontinuierlich gekürzt worden, kritisierte die Linke – wenn man Fördermittel für Spitzensport, Wintersport und Olympiastützpunkte herausrechnet. Für die Jahre 2023/2024 sind 21,14 Millionen Euro für Sportförderinvestitionen geplant.

Immer weniger Sport- und Schwimmunterricht

Gebhardt machte die Bedeutung des Sports auch an einer wachsenden Zahl übergewichtiger Schülerinnen und Schüler fest. Nach Untersuchungen aus dem Schuljahr 2018/2019 seien 22,3 Prozent der Sechstklässler an Oberschulen in Sachsen übergewichtig. Während der Pandemie dürfte der Anteil noch gestiegen sein.

Die hohe Zahl der ausgefallenen Stunden im Schulsport sei daher "besorgniserregend", so Gebhardt. Ein Grund ist auch hier der Lehrermangel – in der Grundschule wurde laut Stundentafel eine von drei Wochenstunden weggekürzt. Nach Angaben des Kultusministeriums waren im Schuljahr 2021/22 genau 4.404 Sportlehrer in den Schulen tätig, dazu kamen noch 931 fachfremde Lehrerinnen und Lehrer, die Sport unterrichteten. Für das kommende Schuljahr prognostiziert das Kultusministerium einen Bedarf von 1.825 Vollzeitstellen.

Im Schwimmunterricht stehen nach Ministeriumsangaben 691 Lehrkräfte für 39.500 Schüler zur Verfügung – ein Verhältnis von 1:57. Die Regierung bezifferte die Nichtschwimmerquote nach der zweiten Klasse vor der Pandemie auf zehn bis 15 Prozent. 102 Schwimmhallen werden derzeit in Sachsen für den Schulsport genutzt. Allerdings konkurrieren die Schulen mit dem Freizeit- und Vereinssport um die Beckenzeiten, so Tändler-Walenta. Dazu kommt auch bei den Schwimmhallen ein erheblicher Sanierungsstau. Die Linke fordert daher ein Sonderinvestitionsprogramm Schwimmstätten.

Vereine kämpfen mit hohen Energiepreisen und Inflation

Nach der Corona-Pandemie steht der Breitensport vor weiteren Herausforderungen. Im ländlichen Raum haben viele Sportvereine Nachwuchssorgen, nicht nur bei den Mitgliedern, sondern auch bei Übungsleitern und Ehrenamtlichen in der Vereinsstruktur. In den städtischen Sportvereinen mangelt es zwar weniger an Nachwuchs, dafür aber an Platz – viele Vereine müssen sich die wenigen Turnhallen und Sportplätze teilen.

Nun hätten Vereine zusätzlich mit Inflation und hohen Energiepreisen zu kämpfen, hieß es. Tändler-Walenta befürchtete eine soziale Ausgrenzung, weil Vereinsmitglieder die gestiegenen Mitgliedsbeiträge nicht mehr bezahlen können. Die Vereine bräuchten echte Hilfe beim Umgang mit den Kostensteigerungen. Dazu müsse eine angemessene Pauschale gezahlt werden. "Die Sportvereine sollen nicht erst dann Fördergeld bekommen, wenn sie bereits in existenzieller Not sind."

Der Landessportbund Sachsen hofft in der Energiekrise auf Unterstützung der Politik. Entsprechende Gespräche, unter anderem mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, wurden bereits aufgenommen, teilte Präsident Ulrich Franzen mit.