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Demo in Bad Schandau: "Ich war nur spazieren"

Wer an einer Kundgebung teilnimmt, darf sein Gesicht nicht verhüllen. Ein junger Mann tat aber genau das und musste sich dafür vor Gericht verantworten.

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© Marko Förster

Von Friederike Hohmann

Immer wieder hören die Richterinnen und Richter am Amtsgericht Pirna diesen Satz: „Ich war nur spazieren.“ Mit dieser Ausrede versuchte es jetzt auch der 23-jährige Altenpfleger Robert B. bei Richterin Simona Wiedmer.

Am 4. April war er mit einem Schlauchschal, den er bis zur Nase hochgezogen hatte und einer tief ins Gesicht gezogenen Mütze durch Bad Schandau gelaufen. Das belegen Fotos und Videoaufnahmen der Polizei, die an diesem Tag bei der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen aufgenommen worden waren. Auf den Aufnahmen sind weitere Vermummte zu sehen.

So hoch ist die Strafe bei Vermummung

In einem Strafverfahren wurde Robert B. vorgeworfen, gegen das Vermummungsverbot im Sächsischen Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Das Gesetz sieht dafür Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen vor. B. erhielt zunächst einen Strafbefehl, auf den er 20 Tagessätze zu je 30 Euro, also insgesamt 600 Euro, zahlen sollte. Damit lag die Geldstrafe im untersten Bereich. Dennoch legte B. Einspruch ein, weshalb der Fall nun in öffentlicher Sitzung am Amtsgericht verhandelt wurde.


Auf seine Erklärung, er sei in Bad Schandau nur spazieren gegangen, reagierte die Richterin ungehalten. Es ärgere sie, dass man nicht zur Teilnahme an den Demonstrationen stehe, so wie die Menschen, die 1989 auf die Straße gegangen waren. Sie müsse sich regelmäßig die unglaublichsten Geschichten anhören.

B. erzählte dem Gericht, er sei zunächst eine Stunde lang ohne Gesichtsbedeckung mitgelaufen. Weil es aber schweinekalt gewesen wäre, hätte er schließlich den Schal nach oben und die Mütze nach unten gezogen. Die an diesem Abend in Bad Schandau gemessenen Temperaturen lagen deutlich im Plusbereich. So hatte es die Polizei recherchiert. Dass er so gefroren habe, dass er sein Gesicht bedecken musste, nahm ihm die Richterin nicht ab.

Teilnehmer steht nicht zur Demonstration

Auch im weiteren Verlauf der Verhandlung wollte B. nicht so richtig zur Teilnahme an der Demonstration stehen. Von seinem Rechtsbeistand ließ er vortragen, er sei nur als Schaulustiger dort gewesen. Dabei hatte die Richterin deutlich gemacht, dass für sie nur mit einem klaren Bekenntnis zur Teilnahme eine Einstellung des Verfahrens infrage käme.

Robert B. ist nicht vorbestraft und möchte, dass sein Vorstrafenregister auch weiterhin ohne Einträge bleibt. Er habe Angst, entlassen zu werden, wenn er hier verurteilt würde, trug er deshalb vor. Der Staatsanwalt stimmte schließlich der vorläufigen Einstellung des Verfahrens zu. Allerdings soll die Akte erst endgültig geschlossen werden, wenn Robert B. eine Geldauflage in Höhe von 600 Euro an die Staatskasse gezahlt hat. Soviel wäre auch auf den Strafbefehl zu zahlen gewesen. Außerdem muss er seine Anwaltskosten selber tragen.

Bei einer Verurteilung hätte B. doppelt so viel zahlen müssen, denn er verdient deutlich mehr als die Staatsanwaltschaft bei der Erstellung des Strafbefehls angenommen hatte.