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Von wo aus der Bierdeckel seinen Siegeszug antrat

Holzmühlenfabrikant Robert Sputh aus Sebnitz hatte eine geniale Idee. Vor fast 130 Jahren erhielt er das Patent auf den Pappuntersetzer. So wird er geehrt.

Von Anja Weber
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Eine nützliche Utensilie in jeder Kneipe. Ihren Ursprung hat sie in Sebnitz.
Eine nützliche Utensilie in jeder Kneipe. Ihren Ursprung hat sie in Sebnitz. © Karl-Ludwig Oberthür

Den Namen Robert Sputh, kennt den jemand? Kaum. Das, was er hinterlassen hat, aber schon. Denn fast jeder hatte ihn einmal in der Hand oder unterm Glas: den Bierdeckel aus Pappe. Bunt oder einfarbig bedruckt ist er ein Sammlerobjekt, Abrechnungszettel, Notizzettel für Telefonnummern, Liebesbrief und Ähnliches.

Robert Sputh gilt als Vater des saugfähigen Bierdeckels, der ein überlaufen des Gerstensaftes auf den Tisch verhindern soll. Vor fast 130 Jahren ließ er sich seine Erfindung patentieren. In der Sächsischen Schweiz wird er in diesem Jahr gleich mehrmals geehrt.

Der Ortschaftsrat von Ulbersdorf hat in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Hohnstein eine große Erinnerungstafel an den Ruinen der ehemaligen Sputhmühle im Sebnitztal aufgestellt. Und für den 24. Juli plant der Frühlingsfestverein Mittelndorf die Eröffnung des Museums über Robert Sputh am Dorfzentrum. Damit soll ein großer Erfinder in der Sächsischen Schweiz seinerzeit geehrt werden, dessen Idee bis heute in den Gaststätten und Bierkneipen nicht mehr wegzudenken sind.

Der Unternehmer betrieb ab 1882 eine Fabrik im Sebnitztal auf Mittelndorfer Flur, die Sputhmühle. Von dieser sind nur noch Mauerreste übrig. Seit einigen Tagen erinnert aber genau an dieser Stelle eine Tafel an den Erfinder des Bierdeckels, mit dem die Region schon damals weltweit bekannt wurde.

Die Sputhmühle im Sebnitztal wurde immer weiter ausgebaut.
Die Sputhmühle im Sebnitztal wurde immer weiter ausgebaut. © Repro Privat

Das Werk im Sebnitztal war die Keimzelle von Spuths Ideen. 1892 ließ er sich das "Verfahren der Herstellung von Holzfilzplatten oder Holzfilzdeckeln" patentieren. In der Patentschrift heißt es unter anderem: "Die Platten ließen sich zu runden oder kantigen Deckeln ausgestanzt oder ausgeschnitten... wegen ihrer Saugfähigkeit als Bierseideluntersetzer und anderes verwenden."

Robert Sputh - ein genialer Erfinder

Geboren wurde Robert Sputh 1843 in Dresden. Schon als junger Mensch fand er Arbeit in der Sebnitzer Papierfabrik. Durch den Neubau im Sebnitztal wurde er selbstständiger Unternehmer. Und das Geschäft hat sich offenbar auch gelohnt. Er ließ das Werk mehrmals erweitern, die Anlagen modernisieren und gleich mehrere Erfindungen patentieren. Die Herstellung von Bierdeckeln war wohl die Erfindung, die ihm am meisten zum Erfolg verholfen hatte.

Robert Ludwig Sputh lebte von 1843 bis 1913. Der Unternehmer war der Erfinder des Bierdeckels. Das Foto entstand etwa um 1890.
Robert Ludwig Sputh lebte von 1843 bis 1913. Der Unternehmer war der Erfinder des Bierdeckels. Das Foto entstand etwa um 1890. © Repro: privat

Robert Sputh starb 1913. Seine Witwe und die Kinder führten die Firma weiter. Dann kam der Erste Weltkrieg und mit ihm der Materialmangel. Aufkommende Konkurrenz ließ den Absatz sinken. Ein Brand vernichtete 1937 große Teile der Fabrik. Die Arbeit musste eingestellt werden. Das erhaltengebliebene Wohnhaus wurde noch bis 1967 genutzt, später auch als Kinderferienlager des VEB Minol. Doch das Areal wurde immer baufälliger. Letztlich wurde es 1970 gesprengt und abgetragen. Damit verschwanden wohl auch die letzten Spuren einer zumindest nach Meinung von Bierfans revolutionären Produktionsstätte im Sebnitztal. Doch das ändert sich ja nun bekanntlich.

Die Fabrik galt als weltweit erster Produktionsstandort dieser neuen Bierdeckel. Sie wurden dorthin geliefert, wo man zu damaligen Zeit Bier trank. Sogar bis nach Südafrika exportierte Robert Sputh die Untersetzer. Auch in englischen Pubs schützen sie die Tische vor überschäumenden Gerstensaft. Bei dem seinerzeit neuen Verfahren wurde Papierbrei in Formen gegossen, gepresst und über Nacht getrocknet. Sputh gab auch die Größe vor: 107 Millimeter im Durchmesser, fünf Millimeter stark. Später wurden eben je Vorgaben zum Standard. In Spitzenzeiten beschäftigte er in seinem Unternehmen bis zu 120 Mitarbeiter.

Bierdeckelsammler spendet Geld für Tafel

Robert Sputh erhielt nach seinem Tod einen Ehrenplatz im Tolkewitzer Urnenhain und wurde dann offenbar vergessen. Allerdings gab es nach der Wende immer wieder Bemühungen, an den genialen Erfinder aus der Sächsischen Schweiz zu erinnern. Und diese Ideen werden nun erst jetzt in Taten umgesetzt.

Mitglieder des Ortschaftsrates von Ulbersdorf richten die Tafel an der Sputhmühle auf.
Mitglieder des Ortschaftsrates von Ulbersdorf richten die Tafel an der Sputhmühle auf. © Stadt Hohnstein

Den Anstoß für Tafel direkt neben der Sputhmühle gab übrigens ein passionierter Bierdeckelsammler Leopold Prammer aus Neunkirchen in Österreich. Der ehemalige Berufsschuloberlehrer versuchte seit 2009 zuerst über die Gemeinde Lichtenhain und dann über die Stadt Hohnstein dieses Vorhaben anzustoßen. Dann hatte sich Ulbersdorfs Ortsvorsteher Ralph Lux der Sache angenommen und nun auch mit dem Ortschaftsrat zu Ende gebracht. Sie haben nicht nur die Tafel aufgestellt, sondern auch die historischen Daten dafür zusammengetragen und die Tafeln gestalten lassen.

Die Informationstafel wurde von Leopold Prammer mit einer Spende unterstützt. Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade (SPD) kümmerte sich um die Genehmigung des Grundstückseigentümers im Sebnitztal, der Stadt Rothenburg ob der Tauber. Damit erfahren Wanderer und Besucher jetzt auch an Ort und Stelle mehr über Robert Sputh, die Sputhmühle und die Bierdeckelherstellung aus Holzschliff.

Erstmals informiert jetzt eine Tafel an den Ruinen der Sputhmühle an ihre Vergangenheit und den Erfinder des Bierdeckels.
Erstmals informiert jetzt eine Tafel an den Ruinen der Sputhmühle an ihre Vergangenheit und den Erfinder des Bierdeckels. © Stadt Hohnstein
Am Dorfzentrum von Mittelndorf geht es hinab in den Keller eines ehemaligen Gasthofes. Hier hat der Frühlingsfestverein Mittelndorf eine Ausstellung eingerichtet.
Am Dorfzentrum von Mittelndorf geht es hinab in den Keller eines ehemaligen Gasthofes. Hier hat der Frühlingsfestverein Mittelndorf eine Ausstellung eingerichtet. © Steffen Unger

Am 24. Juli kommt nun noch eine weitere Ehrung hinzu. Die Mitglieder des Frühlingsfestvereins Mitteldorf haben im Keller im abgerissenen ehemaligen Gasthof Mittelndorf am Dorfzentrum eine Ausstellung über Robert Sputh eingerichtet. Der Schriftzug ist bereits am Einstiegshaus zu erkennen. Am 24. Juli soll die Ausstellung nun eröffnet werden.