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Anschub-Millionen futsch: Steht die Königsteiner Festungsbahn vor dem Aus?

Königstein träumt von der Standseilbahn, die zwischen der Innenstadt und der Festung pendelt. In der Theorie war der Plan schon weit, in der Realität aber nicht.

Von Katarina Gust
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Mit einer Standseilbahn von der Königsteiner Innenstadt direkt auf die Festung? Ein Traum, der nun zu zerplatzen droht.
Mit einer Standseilbahn von der Königsteiner Innenstadt direkt auf die Festung? Ein Traum, der nun zu zerplatzen droht. © Thomas Eichberg/Major Tom Luftbilder

Hat sich Königstein mit der Festungsbahn verkalkuliert? Seit mehr als 15 Jahren wird über das Millionenprojekt diskutiert. Das sieht vor, die Königsteiner Innenstadt einmal mit dem Festungsvorplatz zu verbinden. Von einer Standseilbahn war bereits die Rede, die pro Stunde bis zu 600 Passagiere befördern könnte. Details, die im Frühjahr 2020 in einer extra dafür beauftragten Machbarkeitsstudie untersucht wurden. Diese befasste sich nicht nur mit der möglichen Technik der Bahn, sondern schaute auch, welcher Standort in der Innenstadt für eine Talstation am geeignetsten wäre.

Bei den theoretischen Untersuchungen auf Papier ist es geblieben. Mehr hat sich in den vergangenen vier Jahren zum Thema Festungsbahn nicht bewegt, obwohl der Freistaat und der Landkreis das Projekt grundsätzlich befürworten. Mehr noch: Der Freistaat hatte Königstein sogar eine finanzielle Unterstützung in Höhe von einer Million Euro zugesichert. Mittel, die aus den sogenannten "Mitteln der Parteien- und Massenorganisationen der ehemaligen DDR" (PMO-Mittel) stammen, das heißt aus dem ehemaligen DDR-Parteivermögen. 2018/19 gab es die Zusage.

Anschub-Million wurde nie ausgezahlt

Genutzt hat Königstein diese Anschub-Million allerdings nicht. Das Geld wurde nie abgerufen. Ein schweres Versäumnis von Bürgermeister Tobias Kummer (CDU)? Der schiebt dem Freistaat den Schwarzen Peter zu.

Die Million hätte anfangs beim Sächsischen Finanzministerium gelegen. Später wurde die Zuständigkeit an das Wirtschaftsministerium weitergegeben. "Das war ein Fehler", ist Kummer heute überzeugt. Dort sei das Thema Festungsbahn auf der untersten Sachbearbeiterebene gelandet. Die oberste Priorität, die einst bestand, sei mit dem Wechsel dahin gewesen, sagt er.

Laut Kummer hätte das Wirtschaftsministerium außerdem Bedingungen an die Auszahlung der Million geknüpft. Es hätte eine Untersetzung der Fördersumme gefordert - in Form einer Gesamtfinanzierung. "Die konnte allerdings gar nicht vorliegen, weil wir noch gar nicht so weit waren", rechtfertigt sich Kummer.

Die Kommune wollte die Frage der Finanzierung und Baukosten erst über ein Planfeststellungsverfahren - also ein Genehmigungsverfahren - klären. Deren Ziel ist eine Baugenehmigung. "So lange die Planfeststellung nicht erfolgt ist, ist unklar, wie lange gebaut wird, welche Technik gebraucht wird - und was das alles am Ende kostet", so Kummer. Ohne Planfeststellung werde keiner das Projekt umsetzen können.

Ministerium soll Projekt "kleingehalten" haben

"Wir hätten das Geld dringend für die Planfeststellung gebraucht", sagt der Ratschef. Den Prozess bis dahin hätte Königstein selbst betreut - als Projektträger, heißt es. Die kommunale Wohnungswirtschafts- und Entwicklungsgesellschaft Königstein (KWE), eine städtische Tochtergesellschaft, hätte dafür zwei Planstellen geschaffen, die sich ausschließlich mit der Festungsbahn beschäftigen. Zudem hätten mit dem Geld Grundstückskäufe für die geplante Talstation in der Innenstadt vorbereitet werden können.

Ein Prozedere, das beim Wirtschaftsministerium allerdings nicht gewollt gewesen ist, behauptet Kummer. Das Ministerium hätte Königstein bewusst kleingehalten, wirft er der zuständigen Stelle vor. "Es ist ein Trauerspiel."

Das Sächsische Wirtschaftsministerium hingegen gibt sich gelassen. "Eine Ausreichung der Mittel war aufgrund der Bestimmungen in der Sächsischen Haushaltsordnung unzulässig", teilt Referentin Kathleen Brühl auf Nachfrage mit. Laut sächsischer Haushaltsordnung dürften nur derartige Projekte in den Genuss einer Förderung kommen, deren Gesamtfinanzierung gesichert ist. "Das war beim Projekt Festung Königstein nicht der Fall", heißt es. Dieses Thema sei bereits mit der Stadtverwaltung Königstein erörtert worden. Geändert hat das allerdings nichts. Die Anschub-Million ist futsch. Die PMO-Mittel wurden für andere Projekte im Freistaat verwendet, die inzwischen bereits umgesetzt sind, teilt das Ministerium mit.

Ist das das Ende der Festungsbahn? "Das Projekt liegt derzeit auf Eis", sagt Tobias Kummer. Er ist sich sicher, dass sich Investoren finden lassen, die zwischen der Festung Königstein und der Innenstadt eine Bahn bauen würden, die zum neuen touristischen Aushängeschild der Sächsischen Schweiz werden könnte. Auch, wenn das zig Millionen kosten würde. Wie viele genau? Dazu wagt im Moment niemand eine ernsthafte Schätzung. 2007, als schon einmal eine Machbarkeitsstudie zur Festungsbahn veröffentlicht wurde, war von mindestens zehn Millionen Euro die Rede. Eine Zahl, die heute - 17 Jahre später - deutlich überholt sein dürfte.

Konkreter sieht es hingegen beim bevorzugten Streckenverlauf aus. Die Bahn soll einmal von einem Grundstück gegenüber der Stadtkirche bis hinauf zum Festungsvorplatz führen. Auch bei der zu verwendenden Technik gibt es einen Favoriten: eine Standseilbahn. Diese brauche laut letzter Machbarkeitsstudie nur eine rund 3,50 Meter breite Trasse.

Festungsbahn als Baustein für sanfte Mobilität

Auch wenn sich ein solventer Investor findet, einfach drauflosbauen, das darf auch er nicht. Zuvor muss dem Megaprojekt per Baugenehmigung grünes Licht erteilt werden. Ein unverzichtbarer Schritt, den Königstein per Planfeststellungsverfahren erwirken wollte - daran aber vorerst gescheitert ist.

"Dabei ist die Festungsbahn ein wichtiger Baustein für die sanfte Mobilität in der Region", sagt Kummer, der nach wie vor vom Erfolg der Festungsbahn überzeugt ist. Die Trasse soll im ersten Schritt von der Innenstadt hinauf auf den Königstein verlegt werden. Später sei dann eine zweite Verbindung vom Königstein hinunter nach Leupoldishain geplant. Dort, in einem zweiten Gewerbegebiet, soll ein neuer Dreh- und Angelpunkt für Touristen in der Sächsischen Schweiz entstehen: mit Informations- und Erlebniszentrum sowie einem großen Auffangparkplatz. Leupoldishain soll damit zum neuralgischen Punkt werden, an dem möglichst viele Touristen abgefangen werden, die über die A17 und die noch fertig zu bauende Pirnaer Südumfahrung in die Nationalparkregion strömen.