SZ + Pirna
Merken

Die Retter der Feuerspritzen in der Sächsischen Schweiz

Löschwasser an die Brände im Elbsandstein zu fördern, ist Schwerstarbeit. Die Pumpen geben reihenweise auf. Die Techniker des THW aber nicht.

Von Jörg Stock
 5 Min.
Teilen
Folgen
"Das Erfolgserlebnis motiviert." Ralf Mancke vom Dresdner THW repariert mit seiner Einheit Feuerwehrpumpen, die der Waldbrandeinsatz in der Sächsischen Schweiz überfordert hat.
"Das Erfolgserlebnis motiviert." Ralf Mancke vom Dresdner THW repariert mit seiner Einheit Feuerwehrpumpen, die der Waldbrandeinsatz in der Sächsischen Schweiz überfordert hat. © Karl-Ludwig Oberthür

Wenn es in Bad Schandau eine Wiese gibt, die jetzt nicht verdorrt, so ist es diese. Sie ertrinkt. Schon bildet sich ein kleiner Teich an ihrem Saum, während der Platzregen weiter auf das Gras eintrommelt. Er kommt aus einem Strahlrohr, das an eine röhrende Feuerwehrpumpe angeschlossen ist. Die Pumpe ist frisch repariert und nun im Test. Zehn Kubikmeter Wasser - das sind locker 50 volle Badewannen - rasen durch sie hindurch. Ralf Mancke will sicher gehen, dass der Fehler ausgemerzt ist. Nichts wäre schlimmer, sagt er, würde das Gerät draußen im Gelände gleich wieder streiken.

Pro Tag ein halbes Dutzend kaputte Pumpen

Die Szene spielt im Schandauer Ortsteil Prossen, im Freigelände der LH-Bundeswehr Bekleidungsgesellschaft. Zwischen den Scheunen und Lagerhäusern hat der Fachzug Logistik des Technischen Hilfswerks aus Dresden Stellung bezogen. Eine Stellung, die abseits liegt vom Brand, der seit fast drei Wochen in den Felsen des Nationalparks Sächsische Schweiz wütet, die aber doch zur vordersten Front gehört. Ohne Pumpen, sagt Ralf Mancke, würde die Glut bald wieder aufflammen. "Ein Ende wäre nicht absehbar."

Ist der Fehler gefunden? Belastungsprüfung einer reparierten Pumpe auf dem improvisierten Werkstattgelände des THW in Prossen.
Ist der Fehler gefunden? Belastungsprüfung einer reparierten Pumpe auf dem improvisierten Werkstattgelände des THW in Prossen. © Karl-Ludwig Oberthür

Ralf Mancke, 53, gehört zur Fachgruppe "Log MW", also zur Materialwirtschaft. Mit etwa einem halben Dutzend weiterer Helfer ringt er darum, die Feuerwehrpumpen, die in den endlosen Schlauchtrassen ihren Geist aufgegeben haben, schnellstens wiederzubeleben. Sechs bis acht kaputte Aggregate kommen pro Tag rein, sagt er. Und zu neunzig Prozent gehen sie intakt wieder raus.

Fachmann für Feuerlöschgeräte ist Mancke keineswegs. Wenn er nicht die THW-Montur trägt, handelt er mit Jalousien und Markisen. Doch ist sein Sinn fürs Technische gut ausgeprägt. Gelernt hat er einmal Werkzeugmacher, hat auch viel an Autos hantiert. Eine Pumpe ist auch nichts anderes, findet er. Eine Maschine mit Verbrennungsmotor. "Alles ist erlernbar."

Kurzfristig nicht zu reparieren: Diese Pumpe hat sich nach einem Schlauchplatzer innerlich zerlegt. Die Welle ist deformiert.
Kurzfristig nicht zu reparieren: Diese Pumpe hat sich nach einem Schlauchplatzer innerlich zerlegt. Die Welle ist deformiert. © Karl-Ludwig Oberthür

Als Manckes Einheit zum Großfeuer in die Sächsische Schweiz gerufen wurde, war der letzte Waldbrand-Einsatz grade erst beendet. Zehn Tage hatten die Techniker in der Gohrischheide bei Meißen zugebracht. Auch dort waren die Pumpen im Stress, gab es einiges zu reparieren. Doch nicht so viel wie hier, sagt Mancke. Hier haben sie zwölf Stunden am Stück nur geschraubt, jedenfalls am Anfang. "Es war Akkord-Arbeit."

Knall-Effekt zerlegt den Schalldämpfer

Wie hart diese Tage waren, bezeugt die Schrottsammlung der Helfer. Darunter verschlissene Ventile, kaputte Dichtungen, eine demolierte Pumpenwelle. Gehärteter Stahl, der völlig deformiert ist. Die Folge eines Schlauchplatzers. Die Pumpe lief trocken und hat sich selbst zerlegt. Mancke vermutet wirtschaftlichen Totalschaden. Es ist ein Fall von jenen zehn Prozent, die er nicht wieder hinkriegt.

Klassischer Hitzschlag: Eine mächtige Fehlzündung hat diesen Auspuff einer Feuerwehrpumpe regelrecht gesprengt.
Klassischer Hitzschlag: Eine mächtige Fehlzündung hat diesen Auspuff einer Feuerwehrpumpe regelrecht gesprengt. © Karl-Ludwig Oberthür

Eindrucksvoll ist die Sammlung durchgebrannter Auspuffrohre. Manche sehen aus, als seien sie regelrecht gesprengt worden. Und genau das ist auch passiert, erklärt Ralf Mancke. Im endlosen Dauerlauf überhitzen die Maschinen. Es kommt zu Zündaussetzern. Die unverbrannten Gemische gelangen in die Abgasleitung und produzieren Fehlzündungen, die den Schalldämpfer zerstören.

Vorrat an sauberen Klamotten schrumpft

Zu Beginn des Einsatzes, erzählt Mancke, hat man aus zwei kaputten Maschinen eine funktionsfähige gemacht. Dann kam Philipp Conrad zu Hilfe. Der Service-Monteur der Ziegler Feuerwehrgerätetechnik in Mühlau bei Chemnitz rollte mit zwei Containern an, die vollgepackt waren mit Ersatzteilen und Werkzeug aller Art. Also kein Warten mehr auf neues Material. "Das hätte viel zu lange gedauert", sagt der Fachmann.

Mit dieser verschlissenen Dichtung an einem Niederschraubventil kann die Wasserförderung nicht mehr funktionieren.
Mit dieser verschlissenen Dichtung an einem Niederschraubventil kann die Wasserförderung nicht mehr funktionieren. © Karl-Ludwig Oberthür

Philipp Conrad hat nicht nur neue Teile mitgebracht, sondern auch das Know-how, sie einzubauen. Die meisten Feuerwehren benutzen Ziegler-Pumpen. Daher sind auch die Havaristen meistens von dieser Marke. In Ralf Mancke hat Conrad einen gelehrigen Schüler gefunden. "Du kannst fast bei uns anfangen", lobt er ihn.


Doch selbst Conrads Warenlager reicht nicht aus. Fast täglich muss der Ziegler-Mann neues Material bei seiner Firma ordern. Auch er hat einen Einsatz dieser Dimension noch nie erlebt. Um den Teilenachschub fürchtet er zwar nicht, wohl aber um seinen Vorrat an sauberen Klamotten. Der Koffer hat sich schon bedenklich geleert, sagt er grinsend.

Beklagt mangelnde Wartung und Pflege an manchem Gerät: Philipp Conrad, Servicetechniker des Pumpenherstellers Ziegler, unterstützt das THW.
Beklagt mangelnde Wartung und Pflege an manchem Gerät: Philipp Conrad, Servicetechniker des Pumpenherstellers Ziegler, unterstützt das THW. © Karl-Ludwig Oberthür

In zweieinhalb Wochen haben die Helfer von "Log MW" weit über hundert Feuerwehrpumpen zur Reparatur erhalten. Manche kamen ein zweites Mal, eine sogar ein drittes. Wieso steigen die Geräte reihenweise aus? Ralf Mancke spricht von den harten Einsatzbedingungen: lange Schlauchleitungen, große Höhenunterschiede, dauerndes Fahren auf Volllast. "Das ist den Pumpen nicht gut bekommen."

Nutzlose Oldtimer aus der Reserve

Philipp Conrad, der Service-Monteur, der von Haus aus Kfz-Meister ist, sieht aber auch mangelnde Pflege als Auslöser der Defekte. Seiner Ansicht nach fehlt den Kommunen das Geld, empfohlene Wartungen durchführen zu lassen. Den eigenen Wagen bringe man doch auch zur Durchsicht, sagt er, obwohl es keine Pflicht sei. "Wenn ich ein Auto zehn Jahre in der Garage lasse und dann eine Weltreise mache, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich damit liegen bleibe."

Knackpunkt Zündkerze: THW-Helfer Ruven Scholz brennt mit der Gasflamme störende Ölkohle von den Elektroden.
Knackpunkt Zündkerze: THW-Helfer Ruven Scholz brennt mit der Gasflamme störende Ölkohle von den Elektroden. © Karl-Ludwig Oberthür

Und tatsächlich müssen viele Pumpen jetzt eine Weltreise machen. In ihren Heimatfeuerwehren haben sie vielleicht dreißig Betriebsstunden zusammen gestottert. Jetzt stehen auf einmal 120 oder 150 Stunden auf der Uhr. Die Pumpe mit der kaputten Welle ist bei 270 Stunden ausgestiegen, was für so ein Gerät eine gute Leistung ist, zumal es mit Baujahr 1990 recht betagt war.

Aus den Katastrophenschutzreserven von Ländern und Bund kam aber noch weit ältere Technik in Bad Schandau an, aus den 1980ern, bleischwer, mit VW-Käfer-Motor zum Ankurbeln. Bei Ralf Mancke stehen mehrere dieser Ungetüme als unreparierbar herum, etwa mit massiven Zündproblemen. "Eine Zündspule für einen Oldtimer kriegst du eben nicht an jeder Ecke."

Wären im Museum womöglich besser aufgehoben: Tragkraftspritzen aus den 1980er-Jahren, die nicht mehr einsatzfähig sind.
Wären im Museum womöglich besser aufgehoben: Tragkraftspritzen aus den 1980er-Jahren, die nicht mehr einsatzfähig sind. © Karl-Ludwig Oberthür

Wie lange wird er mit seinen Leuten hier noch schrauben? Ralf Mancke weiß es nicht. Er weiß, dass jeder Tag, den er als Helfer verbringt, für ihn ein Verlustgeschäft als Unternehmer bedeutet. Aber daran denkt er jetzt nicht. Er denkt an die Feuerwehrleute, die dringend ihre Pumpen brauchen. "Wenn es hier zusammenbricht, dann bricht alles zusammen", sagt er. Dann gibt es wieder offenes Feuer. "Und das will niemand."