Elbsandstein: Bergsteigerbund fordert freie Wege

Schon bald könnten große Teile der Hinteren Sächsischen Schweiz nicht mehr begehbar sein. Dieses Szenario fürchtet der Sächsische Bergsteigerbund (SBB). Aktuell sind ein Dutzend Wege südlich des Kirnitzschtals aufgrund umgestürzter Bäume unpassierbar, zuletzt musste die zentrale Hauptroute in den Großen Zschand - die historische Zeughausstraße - wegen der akuten Gefahr von Baumstürzen für Wanderer gesperrt werden, vorerst bis Ende März.
Doch auch nebenan sieht es nicht besser aus. Neben dem Großen Zschand stehen auch im Schmilkaer Gebiet, an den Affensteinen und im Kleinen Zschand unzählige Fichten, die schon tot sind oder bald absterben werden. Der Borkenkäfer hat hier flächendeckend zugeschlagen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bäume auch dort zu Hunderten quer über den Wanderwegen liegen - und diese dann für Waldbesucher blockieren.
Das will der Sächsische Bergsteigerbund, der sich gleichermaßen als Vertretung von Kletterern wie Wanderern im Elbsandsteingebirge sieht, nicht hinnehmen. "Das große Ausmaß von Wegen, die in der Hinteren Sächsischen Schweiz wegen des Borkenkäferbefalls nicht begehbar sind, wird von Wanderern und Bergsteigern nicht akzeptiert, zumal die Dauer der 'Unpassierbarkeit' ungewiss ist und etliche Jahre andauern wird", erklärt der SBB. Touristische Angebote stünden in ungekannten Größenordnungen infrage. Der Verein hat mehr als 16.000 Mitglieder.
Freistaat soll Sicherung der Wanderwege finanzieren
Der Bergsteigerbund fordert den Nationalpark beziehungsweise das sächsische Umweltministerium auf, die stehenden toten Bäume entlang wichtiger Wanderweg kontrolliert absägen zu lassen, solange das noch möglich ist. Danach sollten bereits unpassierbare Wege mit Spezial-Maschinen schrittweise freigeschnitten werden. "Für diese wichtigen Arbeiten zur Wiederherstellung der Wanderwege muss der Freistaat Sachsen ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen", erklärt der SBB. Für das Ausarbeiten eines Stufenplans bietet der Verein seine Unterstützung an.

Mit dieser Forderung nach mehr Geld vom Freistaat schließt sich der SBB der Stadt Sebnitz an. Deren Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU) sieht ebenfalls das Land Sachsen in der Pflicht, da diesem die Flächen im Nationalpark gehören. Als Grundstückseigentümer müsse der Freistaat die Sicherheit entlang öffentlich gewidmeter Straßen gewährleisten, zu denen der gesperrte Weg im Großen Zschand gehört. Die Stadt Sebnitz als zuständige Straßenverkehrsbehörde will ein länger währende Sperrung als bis zum 31. März nicht akzeptieren.
Für Wanderwege gilt eine solche Verkehrssicherungspflicht jedoch nicht. Der Bergsteigerbund argumentiert deshalb mit der Bedeutung der Wege für den Tourismus in der Sächsischen Schweiz, der angesichts der Cornona-Maßnahmen ohnehin vor wirtschaftlichen Herausforderungen stehe. Auch Landrat Michael Geisler (CDU) hatte jüngst mit Blick auf die bevorstehende Saison erklärt, man brauche "jeden Quadratmeter Wanderweg."
Spezialtechnik zum Freischneiden?
Der Nationalpark Sächsische Schweiz verfügt über mehr als 400 Kilometer markierte Wanderwege, hinzu kommen über 100 Kilometer Bergpfade und Zugänge zu Klettergipfeln. Die zwölf aktuell von Bäumen blockierten Wege machen zusammen 20 Kilometer aus. Die Nationalparkverwaltung verweist auf den vorderen Teil des Nationalparks rings um Rathen, Wehlen und den Lilienstein. Dort sei die Lage deutlich entspannter und alle Wege passierbar.

Aktuell lässt der Nationalpark an den Wegen die toten Bäume fällen, die als Rettungswege gelten, damit Bergwacht oder Feuerwehr im Ernstfall ungehindert ins Gebiet gelangen. Diese Arbeiten laufen seit zwei Jahren, derzeit sind gut 50 Kilometer Weg zu sichern. Ein
derartiger Eingriff an allen Wanderwegen wie zum Beispiel den blockierten Richterschlüchten oder
Weberschlüchten sei aber technisch nicht möglich, erklärt die Nationalparkverwaltung - und vor allem aus Sicht des Naturschutzes nicht
zu verantworten.
Der Bergsteigerbund schlägt zum Freischneiden der blockierten Wege spezielle Technik vor, wie sie bereits im Nationalpark Harz genutzt wurde. Dort war ein Schreitbagger am Werk, der durch seine Stützfüße auch im steilen und unwegsamen Gelände operieren kann. Doch der Einsatz solcher Spezialmaschinen ist teuer, und auch sie dürften Schäden in dem sensiblen Naturschutzgebiet hinterlassen.
Nationalpark empfiehlt Verzicht
Nationalparkleiter Ulf Zimmermann hat bereits mehrfach betont, dass die derzeit als "unpassierbar" deklarierten Wege nicht dauerhaft gesperrt werden sollen. "Sobald es die Gefahrenlage zulässt, werden die blockierten Wege wieder freigeschnitten", heißt es im aktuellen Newsletter "SandsteinSchweizer" des Nationalparks. "Wir können aber nicht genau vorhersagen, wann das ist."

Entscheidend sei, dass in unmittelbarer Nähe des Weges keine bruchgefährdeten Baumstämme mehr stehen. Durch Vibrationen und Erschütterungen beim Sägen kann das Totholz jederzeit in sich zusammenbrechen. Die Waldarbeiter haben dann auf den engen Wegen kaum eine Chance, den herabstürzenden Kronen auszuweichen.
Der Nationalpark mahnt wegen der Lebensgefahr, die von dem stehenden Totholz ausgeht, alle Waldbesucher zur Vorsicht. Keinesfalls sollten Wanderer durch die liegenden Bäumen hindurchklettern, auch das Umgehen einer blockierten Stellen sei keine Alternative: Das Verlassen der Wege ist zum Schutz der Natur verboten. "Verzichten Sie lieber eine Zeit lang auf Ihre Lieblingstour, Ihren Lieblingsgipfel", erklärt die Nationalparkverwaltung. Und: "Vielleicht nutzen Sie in der Zwischenzeit ein Angebot eines anderen Gebiets außerhalb des Nationalparks, wo die Gefahrenlage geringer ist."
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