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Sächsische Schweiz: Hamsterrad wird neue Attraktion im Walderlebnisgelände

In der Waldhusche Hinterhermsdorf im Nationalpark können Kinder viel über Natur und Forstarbeit erfahren - und bald aus eigener Kraft Bäume zersägen.

Von Dirk Schulze
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Revierförster Matthias Protze (li.) und Zimmerer Bernhard Witte mit dem 2-Meter-Hamsterrad. Noch befindet sich das Mini-Sägewerk im Aufbau.
Revierförster Matthias Protze (li.) und Zimmerer Bernhard Witte mit dem 2-Meter-Hamsterrad. Noch befindet sich das Mini-Sägewerk im Aufbau. © Dirk Schulze

Ein menschengroßes Hamsterrad von zwei Meter Durchmesser wird in dieser Saison die neue Attraktion in der Waldhusche in Hinterhermsdorf werden, dem Walderlebnisgelände des Nationalparks Sächsische Schweiz. Kinder können damit aus eigener Kraft ganze Baumstämme zersägen. Die Konstruktion ist einmalig, verspricht Förster Matthias Protze, der seine Vorfreude kaum verbergen kann. Nirgendwo in Deutschland gebe es etwas Vergleichbares.

Matthias Protze, der neben den Wäldern rings um Hinterhermsdorf auch für das 66 Hektar große Freigelände mit seinen Themenwegen verantwortlich ist, hat sich im Vorfeld einige Gedanken gemacht. Zu den mehr als 40 Stationen der Waldhusche gehörte schon früher einmal eine fest installierte Säge, mit der Kinder sich an einem Baumstamm abarbeiten konnten. Aus Sicherheitsgründen wurde das Sägeblatt aber irgendwann entfernt.

Die entstandene Lücke im Walderlebnisgelände Waldhusche, in dem nicht nur Kinder einiges über die Natur und die historische Forstarbeit in der Hinteren Sächsischen Schweiz lernen können, wollte der Nationalparkrevierleiter wieder schließen. Neben der namensgebenden Husche - einer Rutsche, mit der die gefällten Stämme zu Tal befördert werden - gehört auch eine Säge dazu. Aber wie könnte eine solche Säge konstruiert sein, damit Kinder gefahrlos darauf herumtoben können?

Wasserräder an Mühlen im Kirnitzschtal

Die Holzwirtschaft hat das Gebiet um Hinterhermsdorf über Jahrhunderte geprägt. Dazu gehörten auch das Mühlensystem im Kirnitzschtal, erklärt Matthias Protze. Jedes der umliegenden Dörfer hatte dort eine Mühle, in der Bretter für den Hausbau gesägt werden konnten. Die Mühlen wurden von Wasserrädern angetrieben.

Für ein Wasserrad fehlt der Waldhusche ein Fluss - also kam dem Förster die Idee mit dem Tretrad: Ein großes Hamsterrad, nur für Menschen, sollte die Säge antreiben. Solche Treträder wurden früher unter anderem im Bergbau benutzt oder auch auf der Festung Königstein, um dort das Wasser aus dem tiefen Brunnen zu fördern.

Die namensgebende Husche in der Waldhusche in Hinterhermsdorf: eine Rutsche für gefällte Baumstämme.
Die namensgebende Husche in der Waldhusche in Hinterhermsdorf: eine Rutsche für gefällte Baumstämme. © Daniel Schäfer

"Der Gedanke hat mich nicht losgelassen", sagt Matthias Protze. Die Flößerei und die Holzverarbeitung in den Mühlen im Kirnitzschtal waren ein wesentlicher Teil der historischen Forstwirtschaft. Das soll in der Waldhusche mit dargestellt werden.

"Die lustigste Ausschreibung, die ich je gelesen habe"

Mit seiner Idee wandte sich der Revierförster an einen Spielplatzbauer aus Stuttgart, der bereits den Eichhörnchenkobel für die Waldhusche gebaut hatte - einen überdimensionierten Nachbau einer Eichhörnchenbehausung, in den die Kinder selbst hineinklettern können. Die Stuttgarter zeichneten einen ersten Entwurf, beteiligten sich aber nicht an der Ausschreibung.

Die stieß dafür auf das Interesse des Dresdner Zimmerers Bernhard Witte. "Das war die lustigste Ausschreibung, die ich je gelesen habe", sagt Witte, der mit seinem Team regelmäßig individuelle Holzspielplätze für Städte und Gemeinden baut. Zusammen mit dem Kunstschmied und Metallgestalter Johannes Ehnert aus Dresden nahm er sich der Aufgabe an.

Ein Hamsterrad wird immer schneller

Die technisch größte Herausforderung war es, das Rad abzubremsen. "Ein Hamsterrad hat das Problem, dass es immer schneller wird", erklärt Bernhard Witte. So schnell, dass die Kinder zwangsläufig stolpern und fallen würden. Gelöst wurde dies durch eine hydraulische Bremse. Sie setzt bei einem Tempo von 5 km/h ein und sorgt dafür, dass das Rad nicht weiter beschleunigt.

Die Grundkonstruktion für das Sägegatter haben sich die Erbauer bei einem Sägewerk abgeschaut. Das Sägeblatt liegt waagerecht, der Baumstamm läuft liegend darauf zu und wird in Längsrichtung gesägt, sodass Bretter entstehen.

Die Kraftübertragung vom Tretrad auf das Sägegatter funktioniert über eine Pleuelstange, wie bei einer Dampflokomotive. Die Sägevorrichtung wird mit einem Schutznetz umspannt, damit keine Finger dazwischen geraten. Ein Tüv-Gutachter hat den Konstruktionsprozess von Anfang an begleitet.

Eröffnung Ende April oder Anfang Mai

Das Ganze ist in einen Steg aus haltbarem Robinienholz eingebaut, auf dem eine ganze Schulklasse Platz findet. Immer zwei Kinder können das Rad antreiben, die anderen schauen von oben zu, dann wird gewechselt.

Aktuell läuft in der Waldhusche in Hinterhermsdorf noch der Aufbau des Spielgeräts. Die Eröffnung ist für Ende April oder Anfang Mai geplant, ein genauer Termin steht noch nicht fest.

Einen Funktionstest vorab in der Werkstatt hat das kleine Hamsterrad-Sägewerk bestanden. Wie lange es in der Praxis dauern wird, einen zweieinhalb Meter langen Stamm der Länge nach durchzusägen, weiß noch niemand. "Das wird spannend", sagt Zimmerer Bernhard Witte.