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Hoffnung für die Produktionsschule in Wehlen?

Nach viel Kritik soll es neue Gespräche zur Finanzierung der "Stellwerkstatt" geben. Inzwischen ist auch bekannt, welcher Konkurrent auf den Markt drängt.

Von Dirk Schulze
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Mangels Förderung müssten die Arbeitsräume der "Stellwerkstatt" in Wehlen seit Jahresbeginn leer bleiben. Noch hat Leiterin Daniela Ulbricht aber Hoffnung.
Mangels Förderung müssten die Arbeitsräume der "Stellwerkstatt" in Wehlen seit Jahresbeginn leer bleiben. Noch hat Leiterin Daniela Ulbricht aber Hoffnung. © Daniel Schäfer

Zur Zukunft der Produktionsschule "Stellwerkstatt" in Stadt Wehlen ist offenbar das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Förderanträge aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sollen nochmals überprüft werden. Das bestätigt die Sächsische Aufbaubank (SAB) auf Nachfrage von Sächsische.de. "Endgültige Förderentscheidungen sind bisher noch nicht erlassen worden", sagt Sprecher Volker Stößel.

Kurz vor Weihnachten hatte die SAB dem Träger der Schule, der Arbeiterwohlfahrt (Awo), in einer Vorabinformation mitgeteilt, dass sie schon ab Januar 2023 keine Fördermittel mehr erhalten soll. Für die Einrichtung, die zu 90 Prozent über Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert wird, würde dies das Aus bedeuten.

Nach mehreren Medienberichten über den Fall soll es jetzt Gespräche zwischen dem sächsischen Sozialministerium und der SAB geben. Diese seien bereits terminiert, erklärt die Förderbank. Es bedürfe weiterführender Informationen zu den einzelnen Vorhaben.

An Produktionsschulen können benachteiligte jungen Menschen ihren Schulabschluss nachholen. In der seit 2008 von der Awo betriebenen "Stellwerkstatt" in Wehlen lernen und arbeiten aktuell 25 Jugendliche. Die Awo hat bereits Widerspruch bei der SAB eingelegt.

Rückendeckung durch das Landratsamt

Rückendeckung erhält die "Stellwerkstatt" durch den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. "Das Landratsamt spricht sich ausdrücklich für die Fortführung der Produktionsschule in Wehlen aus", erklärt die Behörde. Der Bedarf für dieses Projekt ist aus Sicht des Jugendamtes im Landkreises gegeben, auch die Kofinanzierung ist gesichert. Der Landkreis trägt die übrigen zehn Prozent der Kosten.

Bereits im September hatte der Jugendhilfeausschuss des Kreistages die Fortsetzung dieser Förderung für die drei bestehenden Produktionsschulen im Landkreis beschlossen. Das sind neben der "Stellwerkstatt" der Awo in Wehlen die Produktionsschule "Der Hofladen" des Christlichen Jugenddorfs (CJD) in Heidenau sowie die Produktionsschule Ampros der AMS Jugend und Bildung GmbH in Freital.


Das Ziel in der Jugendhilfeplanung sei es, für die einzelnen Projekte Kontinuität zu gewährleisten, erklärt das Landratsamt. Seitens des Landkreises sind demnach keine Änderungen bei der finanziellen Unterstützung geplant.

In die Vergabeentscheidungen der SAB ist das Landratsamt nicht eingebunden. Vom drohenden Aus für die "Stellwerkstatt" habe man über den Träger Awo erfahren. Am 28. Dezember sowie am 6. Januar hat das Landratsamt daraufhin an die SAB geschrieben, dass es eine Überprüfung der Förderentscheidung für erforderlich hält. Eine Antwort stehe noch aus.

Sozialministerium: Gelder stehen bereit

An gekürzten Geldern, etwa im Zusammenhang mit dem vor Jahresende beschlossenen neuen Doppelhaushalts 2023/24 des Freistaats Sachsen, liegt es nicht. "Der Mittelumfang für die fortgeführten Fördergegenstände des Sozialministeriums hat sich im Vergleich zum letzten Doppelhaushalt nicht geändert", teilt das sächsische Sozialministerium auf Anfrage mit.

Insgesamt stehen im Zuständigkeitsbereich des Sozialministeriums jährlich 12,2 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Aus diesem Topf können neben anderen Projekten sachsenweit maximal 13 Produktionsschulen gefördert werden. Alle zwei Jahre müssen sich die Träger neu um die ESF-Fördermittel bewerben. Ein eigenes Budget bezogen auf die Landkreise gibt es nicht.

Die fachliche Bewertung der Anträge liegt bei der SAB. Diese erfolgt nach einem Prüfschema, dessen Kriterien mit dem Sozialministerium abgestimmt sind. Am konkreten Prüfverfahren ist das Ministerium jedoch nicht mehr beteiligt.

Neuer Anbieter in Heidenau

Aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat sich nun in der jüngsten Vergaberunde neben den drei bestehenden Produktionsschulen ein vierter Interessent beworben. Dessen Unterlagen wurde seitens der SAB augenscheinlich besser bewertet als der Antrag der "Stellwerkstatt" in Wehlen.

Es handelt sich um die AMS Jugend und Bildung GmbH, die bereits die Produktionsschule "Ampros" in Freital (mit Zweigstelle in Dippoldiswalde) betreibt. Bei der Ausschreibung im August hatte das Bildungsunternehmen einen zweiten Antrag eingereicht für eine neue Produktionsschule namens "Sprosse" in Heidenau, erklärt AMS-Geschäftsführer Norbert Rokasky. Das Konzept fand offenbar Anklang bei der SAB.

Die Jugendlichen aus der "Stellwerkstatt" in Wehlen, die derzeit nicht wissen, wie es weiter geht, hätten schon am 2. Januar an der neuen Produktionsschule "Sprosse" in Heidenau aufgenommen werden können, sagt AMS-Chef Rokasky. Offensichtlich habe die jungen Leute niemand darüber informiert. Dass die Awo für ihre Produktionsschule in Wehlen weniger Punkte erhalten habe, sei bedauerlich, aber bei öffentlichen Ausschreibungen nicht vermeidbar.

Bleibt die Sächsische Aufbaubank bei dieser Einschätzung, dann gibt es im Landkreis SOE künftig eine Produktionsschule in Freital und zwei in Heidenau.