Generationenwechsel auf dem Weingut im Sörnewitzer Wasserwerk

Die Überraschung ist ihnen gelungen: Statt wie erwartet Firmengründer Andreas Henke taucht sein Sohn Christian zum Gespräch mit der SZ auf. Der 24-Jährige teilt selbstbewusst mit, er stehe zum Interview bereit, weil er ja sowieso bald die Verantwortung für den Wein im Weingut Henke übernehme. Der Papa wolle das so.
Herr Henke, wenn Sie schon der Juniorchef sind, dann erklären Sie doch mal, wie die Nachfolge im Weingut Henke geregelt ist.
Wir wollen alle, dass es mit unserem Familienweingut weitergeht. Es ist unser gemeinsamer Plan, dass ich ab nächstem Jahr die Leitung des Weingutes übernehme. Ich werde dann als Kellermeister tätig sein.
Wie muss man sich denn vorbereiten auf eine solche Aufgabe?
Ganz viel praktische Erfahrung ist notwendig. Die Kunst des Weinmachens habe ich bei verschiedenen Praktika erlernt. Ich war in Franken und an der Mosel, aber auch in Dänemark, Südtirol, Österreich und zuletzt in Südafrika.
Dänemark?
Klingt exotisch, ja. Die haben dort vor allem pilzwiderstandsfähige Weinsorten im Anbau.
Sie haben studiert?
Ja, ich habe in Geisenheim Weinbau und Önologie studiert und in allen Semesterferien jeweils dreimonatige Praktika absolviert.
Winzerkinder klagen gern, dass sie schon früh in den Weinfeldern unterwegs sein müssen und dann später keine Lust mehr auf den Winzerberuf haben.
Das war bei mir ein bisschen anders. Ich bin zwar auch als kleiner Junge auf dem Traktor mitgefahren. Aber meine Eltern haben mir viel Freiraum gelassen. Das Interesse für Wein kam erst später, eigentlich erst kurz vor dem Abitur.
Das Weingut Henke ist vermutlich das einzige, das in einem Wasserwerk untergebracht ist. Wie wurde denn hier aus Wasser Wein?
Wir sehen da keinen Widerspruch. Wir fanden das Gebäude wunderschön und durchaus für unsere Zwecke geeignet. Es war allerdings ein sehr großer Aufwand, es als Weingut auszubauen. Es war mit viel Arbeit und hohen Investitionen verbunden. Heute ist es unser Markenzeichen.
Müssen Sie sich der Witze erwehren, von wegen Wein aus Wasser?
Die Befürchtung gab es anfangs. Aber solche Sprüche gibt es kaum. Und wenn, dann antworte ich: Wir können nicht aus Wasser Wein machen, aber unsere Reben können das.
Seit wann gibt es das Weingut?
Mein Vater hat 1990 einen Landwirtschaftsbetrieb gegründet. Wir produzieren bis heute Weizen, Gerste und Mais. Den Weinbau gibt es erst seit 2003, mein Vater hat ihn Stück für Stück weiterentwickelt. Heute bewirtschaften wir auf 8,5 Hektar Wein am Proschwitzer Katzensprung, am Weinböhlaer Gellertberg und in Oberau. Wir haben vor allem Weißweine im Angebot, zu den Spezialitäten gehören der Goldriesling und der Gelbe Muskateller.

Es fällt auf, dass fast alle Weine unter zehn Euro liegen und damit deutlich unter den Preisen vieler anderer sächsischer Weinbaubetriebe. Wie machen Sie das?
Vor allem mit viel Arbeit. Wir sehen uns als bodenständiges Weingut und wollen unseren Kunden aus der Region den Weingenuss ermöglichen. Aber auch bei uns steigen die Kosten, deshalb gibt es auch bald eine neue Preisliste.
Sind die Preise auch günstiger wegen des Landwirtschaftsbetriebes?
Die Landwirtschaft hat uns über schwierige Jahre geholfen, wie zum Beispiel den Jahrgang 2020, als uns durch starken Frost ein Weinberg mit vier Hektar komplett erfroren ist. Mein Vater hielt es immer für sehr wichtig, zwei Standbeine zu haben.
Welche Weinqualitäten werden von Ihnen angestrebt?
Wir setzen den Ertrag nicht zu hoch an, um bestmögliche Qualität aus den Beeren zu bekommen. Wir wollen eher leichtere, frische Weine, die nicht zu kompliziert sind. Nur ausnahmsweise machen wir in guten Jahren auch mal eine Spätlese oder einen im Holzfass gereiften Wein.
War auch bei Ihnen der 2021er Jahrgang ein Problem?
Es war ein schwieriger Jahrgang. Im Herbst fehlten die Sonnenstunden. Die Trauben waren nicht ausgereift und hatten viel zu viel Säure. Wir mussten teilweise entsäuern.
Wie sieht es dieses Jahr aus?
Es ist zu zeitig für eine Prognose. Aber der Wuchs ist sehr gut, wir hatten keinen Frost und sind bisher sehr zufrieden. Wir liegen im Zeitplan.
Mit den Weingütern Schuh, Schabehorn und Henke gibt es gleich drei größere Weingüter im verträumten Sörnewitz bei Meißen. Sind die beiden anderen für Sie Konkurrenten oder eher Kooperationspartner?
Ich glaube, für meine Eltern sind es eher Konkurrenten. Allerdings steckt in der neuen Winzergeneration auch eine Chance, sich mehr als Kollegen zu verstehen und alte Streitigkeiten abzulegen. Matthias Schuh ist ja auch noch jung, ich komme mit ihm sehr gut zurecht. Wir sollten zusammen Sachsen als Weinregion bekannter machen und lieber mit anderen Weinbaugebieten konkurrieren als untereinander.

Was darf man denn erwarten, wenn man Ihr Gut besucht?
Bei uns kann man Weinproben und Kellerführungen buchen. Im Sommer haben wir sonntags bei schönem Wetter einen Ausschank. Wir sind bei vielen Stadtfesten dabei und natürlich machen wir beim Tag des offenen Weingutes mit. Es wird ein Hoffest geben.
Was hat denn ein fast reiner Familienbetrieb für Vorteile?
Kurze Wege in der Kommunikation. Und die Motivation, dass man das alles für sich selbst macht.
Und welche Nachteile?
Manche Entscheidungen sind sehr emotional in einem Familienbetrieb. Und die Nachfolge ist eine sensible Angelegenheit. Da muss man aufpassen, dass nicht Streitigkeiten ausbrechen und man über alle Themen offen redet. Das ist mein Anliegen.
Was wollen Sie anders machen?
Ich habe eintausend kleine Ideen, was man verbessern kann. Aber grundsätzlich denke ich, dass mein Vater eine sehr gute Grundlage geschaffen hat, auf der ich aufbauen und manches besser machen kann.