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Dank des goldenen Herbstes ist eine Rekordlese möglich

Die Elbland-Winzer haben das Gros der Trauben geerntet. Der wohl bislang wärmste September seit Aufzeichnungsbeginn lässt einen guten Jahrgang erwarten - auch dieser ist für die Weinbauer wieder herausfordernd.

Von Silvio Kuhnert
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Ein Eimer, gefüllt mit Trauben der Sorte Riesling, steht bei der Weinlese auf dem Weingut Schloss Proschwitz in einem Weinberg.
Ein Eimer, gefüllt mit Trauben der Sorte Riesling, steht bei der Weinlese auf dem Weingut Schloss Proschwitz in einem Weinberg. © Sebastian Kahnert/dpa

Dresden/Meißen/Radebeul. Die Elbland-Winzer können in diesem Jahr vielleicht einen neuen Ernterekord einfahren. „Es wird eine richtig große Ernte“, sagt Felix Hößelbarth, Vorsitzender des Weinbauverbandes Sachsen. Zu Lesebeginn prognostizierte er eine Menge von 28.500 Hektoliter, was zehn Prozent mehr als im Vorjahr sind. Nachdem die Weinbauern zwischen Pirna und Diesbar-Seußlitz die Hauptlese zum großen Teil beendet haben, schließt er nicht aus, dass der Jahrgang 2023 mengenmäßig das bislang beste Jahr 2016 übertrifft. Damals wurden 28.845 Hektoliter geerntet. Hößelbarth hält 29.000 Hektoliter dieses Mal für möglich.

Der Verbandschef ist Kellermeister des Radebeuler Stadtweinguts Hoflößnitz. Dieses habe die Lese vergangene Woche, wie auch Sachsens größtes Privatweingut, Schloss Proschwitz, beendet. Auch Sebastian Lehmann aus Diesbar-Seußlitz ist mit der Ernte schon durch. Das Staatsweingut Schloss Wackerbarth wird die Hauptlese im Laufe dieser Woche beenden.

Neben einer guten Menge erwartet Hößelbarth auch eine gute bis sehr gute Qualität. Ende August zu den Tagen offenen Weingutes bangten die Winzer noch wegen des damals kühlen und nassen Wetters. „Oh, oh, dachten wir“, erinnert sich Hößelbarth. Doch im September bis Anfang Oktober folgte „bestes und trockenes Wetter“. Das lasse auf eine gute bis sehr gute Qualität hoffen, so Hößelbarth. So war der September im vorigen Jahr nass und die Winzer hatten mit Fäulnis zu kämpfen. Der schöne Spätsommer dieses Mal habe die Fäule gestoppt.

Der Sonnenschein beschert den Winzern auch beim Mostgewicht im Durchschnitt höhere Werte als in vergangenen Jahren. Im Schnitt liegen sie dieses Mal bei 80 bis 85 Grad Öchsle. Bei Burgunder und Traminer wird sogar ein sehr hohes Mostgewicht von 95 Grad Öchsle erreicht.

Hoffnung auf Eiswein

„Unsere Trauben haben vom goldenen Herbst profitiert: Er sorgte in den Weinbergen für gesunde Trauben mit guten Mostgewichten, einer hervorragenden Aromaausbildung und einem ausgewogenen Säuregehalt“, berichtet auch Wackerbarth-Sprecher Martin Junge. Das Staatsweingut hat fast 90 Prozent der Lese auf seinen 90 Hektar Rebfläche erfolgreich abgeschlossen. „Danach freuen wir uns noch auf die Lese der Trauben für unsere edelsüßen Riesling-Raritäten“, so Junge.

Eine Herausforderung in diesem Jahr war der abrupte Wechsel zwischen zu trockener und zu feuchter Witterung. „Das Weinjahr 2023 begann mit einem milden Winter. Dank ausreichender Winter- und Frühjahrsniederschläge konnten die Reben mit dem Start der Vegetation im April lange von einer guten Grundversorgung der Böden profitieren“, so Junge. Der Mai war dagegen viel zu trocken, wie auch Hößelbarth berichtet. Im Juni gab es dagegen überdurchschnittlich viel Niederschlag, worauf ein wechselhafter Juli mit heißen Tagen zu Beginn und kühleren und regenreicheren Tagen von Mitte Juli bis Anfang August folgte. In dieser Zeit hatten die Winzer mit Pilzerkrankungen wie Echtem Mehltau zu kämpfen.

Doch im Spätsommer war Wettergott Petrus pünktlich zur Hauptreife und Weinlese den Winzern sehr gewogen. „Mit einer Durchschnittstemperatur von 18,3 Grad Celsius (plus 4,1 Grad zum langjährigen Mittel) und 267 Sonnenstunden (plus 80 Prozent) geht der September in Radebeul wohl als der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in die Geschichte ein“, teilt Junge mit. Der Spitzenwert lag bei 32,3 Grad Celsius, von der eigenen Wetterstation am Fuße des Wackerbarthbergs am 11. September gemessen.

Der goldene Herbst ermöglicht den Wackerbarth-Winzern, die Weichen für Eiswein zu stellen: „Auf einer Fläche von 2.000 Quadratmetern warten im Wackerbarthberg an rund 1.000 Riesling-Rebstöcken die Trauben auf eisige Temperaturen“, informiert Junge.

Eine kleine Restpartie hat auch die Winzergenossenschaft Meißen hängen lassen und hofft auf beste Witterungsbedingungen, um ebenfalls einen Eiswein lesen zu können. „Nach jetzigem Stand liegt die Erntemenge etwas über der Menge des Vorjahres. Mit der eingefahrenen Qualität und der Traubengesundheit sind wir sehr zufrieden“, berichtet Geschäftsführer Lutz Krieger. Die Mostgewichte liegen bei nahezu allen Rebsorten über den Werten des Vorjahres. Pünktlich zum 11. November „kommt unser Grünschnabel 2023 in die Regale, natürlich wieder mit einem neuen Jahrgangsetikett“, kündigt Krüger an. Dieses wird von Lutz Richter gestaltet.

Gute Bedingungen vor allem für den Riesling und Spätburgunder

Georg Prinz zur Lippe, Sachsens größter Privatwinzer, erwartet einen „herausragenden Jahrgang“ bei Weiß- und Rotweinen. In seinem Öko-Weingut Schloss Proschwitz hat Qualität Priorität, wegen der dafür nötigen Ausdünnung der Früchte sei die Menge der des Vorjahres in etwa gleich. „Wo wirklich viel hing, musste weggeschnitten werden.“

Daneben war auf den Alkoholwert zu achten, wie Prinz zur Lippe sagt. „Die Kunst war, die Öchsle im Griff zu behalten.“ Dabei seien die Bedingungen vor allem für den Riesling sehr gut gewesen, mit langer Reifephase und Lese bei Sonne. „Die Grundvoraussetzungen für exzellente Weine sind gegeben, die mineralstoffreich und aromatisch sind.“

In den euphorischen Chor will Winzer Sebastian Lehmann aus Diesbar-Seußlitz jetzt noch nicht einstimmen. Die Erntemenge auf seiner fünf Hektar großen Rebfläche sei durchschnittlich gewesen. Bei der Qualität spricht er von einer mittelmäßigen bis guten. Auf jeden Fall sei sie nicht überragend. „Es gab schon bessere Jahre“, so Lehmann.

Wie der Jahrgang 2023 werde, könne erst gesagt werden, wenn der Wein in der Flasche ist. Jetzt liegt der Rohwein auf der Hefe und benötige noch ein bis zwei Monate, um sich zu entwickeln. Das Mostgewicht mit bis zu 92 Grad Öchsle sei zwar gut, doch der Säuregehalt sei mit zwölf Grad zu hoch. Das warme und trockene Wetter der vergangenen Wochen habe ihm eine entspannte und langgezogene Lese beschert. „So war es schon lange nicht mehr“, resümiert Lehmann.

Wein wird auf rund 500 Hektar Rebfläche entlang der Elbe angebaut, zu gut 80 Prozent weiße Sorten wie Riesling, Weiß- und Grauburgunder und Müller-Thurgau, aber auch Selteneres wie Solaris, Scheurebe oder Bacchus. Auf dem Rest wachsen Trauben der Sorten Spätburgunder und Dornfelder. Der Ertrag zwischen Pirna und Diesbar-Seußlitz lag im vergangenen Jahr bei 25.950 Hektolitern - bei guter Qualität trotz vielen Regens. (mit dpa)