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Dresdner Uni baut Schnüffel-Roboter

Wird es lebensgefährlich, müssen Roboter und  Drohnen-Schwärme ran. Entwickelt werden die künstlichen Katastrophenhelfer in Sachsen.

Von Stephan Schön
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Es wäre eine Chance inmitten einer Katastrophe wie dieser. Sniffbot könnte dann Leben retten. Es sind neuartige Roboter, die arbeiten mit Drohnen im Verbund zusammen.
Es wäre eine Chance inmitten einer Katastrophe wie dieser. Sniffbot könnte dann Leben retten. Es sind neuartige Roboter, die arbeiten mit Drohnen im Verbund zusammen. © Xinhua/dpa

Dresden. Sie kommen im Schwarm am Boden. Sie sind geländegängig und intelligent. Sie werden in der Luft begleitet von Drohnen, und sie sind von Menschen gesteuert über eine virtuelle, digital erweiterte Welt. Die TU Dresden entwickelt bis 2021 einen neuartigen Schwarmschnüffler - Sniffbot genannt. Es werden Gase schnüffelnde Roboter sein, die Gefahren beseitigen. Das berichtet Projektleiter Uwe Aßmann im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung. 

Aßmann ist Dekan der Informatik an der TU Dresden und arbeitet bei diesem Projekt mit sechs weiteren Professoren  und ihren Teams aus der Universität zusammen. Wie das sächsische  Wissenschaftsministerium bestätigte, werde es 1,78 Millionen Euro dafür zur Verfügung stellen. Offiziell werde diese Zusage der Universität am Freitag übergeben.    

Riechen, fühlen, tasten, hören, sehen - es sind die Sinne, mit denen der Sniffbot mittels neuartiger Sensoren ausgestattet wird.  Sniffbot soll seine Umgebung dort erkunden, wo es für Menschen zu gefährlich wäre  oder viel zu aufwendig, selbst vor Ort zu sein. Mittels der neuen, schnellen Datennetze mit 5G werden die Sensordaten in Echtzeit dem Bediener in seiner Steuerzentrale übermittelt. Bei Unfällen, Katastrophen oder bei der Beseitigung von Kriegsschäden könnten künftig solche Roboter zum Einsatz kommen. 

Die  Sniffbots lassen sich aus der Ferne bedienen und sollen den Einsatz und die Gefährdung von Menschen unnötig machen. Dazu werden sowohl die Drohnen als auch Fahrroboter mit Bio- und Mikrosensoren ausgestattet. Sniffbots sollen zudem im Schwarm zum Einsatz kommen. Dadurch erhalten die Menschen, die sie steuern, unterschiedliche Sichten und Perspektiven zum Beispiel in einem Katastrophenfall, bei Flut und Feuer.

Fern-Sehen einmal anders

Die Forschungs- und Entwicklungsaufgaben sind kompliziert: Der Roboter muss dem Menschen nicht nur das Fern-Sehen und Fern-Hören über Kameras und Mikrofone ermöglichen, sondern auch das Fern-Schnüffeln mit modernster Gas-Sensorik und das Fern-Arbeiten über Roboterarme und -hände beherrschen. Sensoren sollen dazu in Echtzeit solch einen Tastsinn auf den Menschen übertragen, als sei er selbst an dem Gerät. Oder am Zünder der Bombe zum Beispiel, die entschärft werden soll.

Findet der Sniffbot giftiges Gas, kann sich ein Mensch aus sicherer Entfernung mit dem Roboter verbinden und ihn steuern, die Gegend inspizieren und im Idealfall die Quelle des giftigen Gases versiegeln oder entfernen. Fernarbeit nennt sich das. Uwe Aßmann sieht darin überhaupt eine der ersten großen Anwendungen einer neuen Robotik. Es ist eine neue Schlüsseltechnologie, an der Sachsen teilhaben sollte - und könnte. „Ich schätze, dass in fünf bis zehn Jahren eine Industrie für Fernarbeit existiert, für Fernwartung, Fernsensorik, Fernmanipulation." Da werde sich sehr schnell ein Markt entwickeln, schätzt Aßmann. Und das sei die Chance für sächsische Firmen. "Vielleicht etabliert sich ja ein großer sächsischer Lieferant für Fernarbeit.“

Das hofft auch Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD): "Wenn computergesteuerte Maschinensysteme einmal gefährliche Gase erschnüffeln und in der Interaktion zu anderen Robotern und dem Menschen Handlungsanweisungen geben können, wird dies die intelligente Sensorik entscheidend voranbringen", begründet Stange gegenüber der Sächsischen Zeitung diese vergleichsweise große Fördersumme von fast zwei Millionen Euro. "Die Anwendungsgebiete dafür sind sehr vielfältig und bei Weitem nicht nur auf die Industrie beschränkt. Deswegen lohnt sich die Förderung dieses Vorhabens für den Freistaat als Geldgeber.“ 

Neue Firmen, neue Jobs

Die gesamte Software dahinter sei eine enorme Herausforderung, sagt Projektleiter Uwe Aßmann. Nicht weniger aufwendig und neu sei auch die Sensorik, die Elektrotechnik. Zentral werden drei Schnittstellen für die Kommunikation und das Handeln von Sniffbot benötigt: der Roboter mit der physischen Umgebung an sich, mehrere Roboter untereinander sowie zwischen Roboter und Menschen.

Wissenschaftsministerin Stange sieht daher in dieser Technologie mehr als nur einen Retter im Katastrophenfall. Es gehe auch um die eine wichtige neue Grundlagentechnologie zur Beherrschung von komplexen Produktionsanlagen für die Industrie, insbesondere in den Bereichen Mikrochips, Chemie und Maschinenbau.

Uwe Aßmann kennt bereits das Interesse von Firmen. In der Chipindustrie würde dies bei Arbeiten in Reinsträumen zum Beispiel enorm Zeit und Kosten sparen. Und ein mittelständisches Unternehmen aus Sachsen habe bereits schon jetzt Interesse an der Anwendung für Fernanalysen und Fernreparaturen. Ende diesen Jahres bereits will das Sniffbot-Team erste reale Versuche in seinen Labors durchführen.