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So lief der Corona-Massentest

Möglichst viele Einwohner an einem Tag testen - das war das Ziel in Rathmannsdorf. Die Ergebnisse gab es schon nach 15 Minuten - darunter auch corona-positive.

Von Dirk Schulze
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Kevin Nicke vom ASB (re.) nimmt den Rachenabstrich von Gerda Uhlemann: "Ich will doch wissen, ob ich krank bin oder gesund", sagt die 79-jährige Frau aus Rathmannsdorf.
Kevin Nicke vom ASB (re.) nimmt den Rachenabstrich von Gerda Uhlemann: "Ich will doch wissen, ob ich krank bin oder gesund", sagt die 79-jährige Frau aus Rathmannsdorf. © Daniel Schäfer

Der Saal ihres Gemeindezentrums sieht an diesem Freitag anders aus, als die Rathmannsdorfer ihn von Feierlichkeiten oder Vereinstreffen kennen. Die Stühle sind beiseite gerückt, ein Fenster ist trotz drei Grad Außentemperatur weit aufgerissen. Über den Saal verteilt sind mit einigem Abstand vier Tische aufgebaut, an denen je ein Helfer in weißem Vollschutzanzug und Schutzvisier steht. Ein Kollege im grünen Kittel sitzt daneben. Das alles hat einen Grund: In Rathmannsdorf findet ein groß angelegter Test auf das Coronavirus statt, selbst das Fernsehen ist mit Kamera vor Ort.

Kurz nach 12 Uhr mittags tritt Gerda Uhlemann an Tisch Nummer vier. Für die Seniorin stand außer Frage, dass sie an dem freiwilligen Test teilnimmt. "Ich will doch wissen, ob ich krank bin oder gesund", sagt die Rathmannsdorferin. Nächstes Jahr wird sie 80 Jahre alt, erzählt sie. Sie fühlt sich fit.

"Den Kopf bitte nach hinten und den Mund schön weit aufmachen", sagt der großgewachsene Mann im weißen Schutzanzug. Mit einem Wattestäbchen nimmt er einen Abstrich aus dem Rachen von Gerda Uhlemann und reicht es dann weiter an seinen Kollegen in Grün. Der taucht es für eine Minute in eine Lösung. Dann träufelt er einen Tropfen auf einen Schnelltest - ein kleines Plastikteil, nicht größer als ein Kaugummistreifen.

Schnelltest-Ergebnis in 15 Minuten

Jetzt läuft die Uhr. 15 Minuten dauert es, bis der Schnelltest ein Ergebnis zeigt. Das Prinzip ähnelt dem eines Schwangerschaftstest. Erscheint ein Strich in der Anzeige, heißt das: Der Test funktioniert. Zwei Striche bedeuten: Corona-positiv. Gerda Uhlemann bekommt einen digitalen Timer in die Hand, der die 15 Minuten herunterzählt. Bis dahin kann sie im Wartebereich mit anderen Rathmannsdorfern Platz nehmen - auf Abstand.

Kai Kratel vom ASB Neustadt bereitet ein Röhrchen für den Corona-Schnelltest vor.
Kai Kratel vom ASB Neustadt bereitet ein Röhrchen für den Corona-Schnelltest vor. © Daniel Schäfer

Koordinator Georg Thomas vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Freital ist nach den ersten zwei Stunden zufrieden mit der Resonanz. Als er kurz nach 10 Uhr am Vormittag die Tür zum provisorischen Testzentrum in Rathmannsdorf geöffnet hat, stand schon ein knappes Dutzend Einwohner auf der Treppe - vorbildlich mit Maske und ein paar Stufen Abstand. DRK, Johanniter und Arbeiter-Samariter-Bund stemmen den Massentest in Rathmannsdorf gemeinsam. Bis zum Mittag haben die Helfer über 60 Tests abgenommen.

Die Testaktion wurde nur anderthalb Tage vorher vom Landratsamt in Pirna angekündigt. Seniorin Gerda Uhlemann hatte in der Sächsischen Zeitung davon gelesen, ein anderer Einwohner, der mit ihr auf sein Ergebnis wartet, hat die Ankündigung am Morgen des Testtages im Radio gehört. Bei anderen machte die Nachricht per WhatsApp die Runde. Es wäre schon ungünstig, wenn der Test positiv wäre, sagt ein Vater, der mit seiner Tochter ins Gemeindezentrum gekommen ist. Vor allem jobtechnisch hätte er dann ein Problem. Testen lässt er sich trotzdem.

Dass im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ausgerechnet Rathmannsdorf für einen solchen flächendeckenden Test ausgewählt wurde, liege vor allem an der kompakten Größe der Gemeinde, erklärt das Landratsamt in Pirna auf Nachfrage von sächsische.de. Knapp unter 1.000 Einwohner, keine weit verstreuten Ortsteile. Das Ziel sei es, allgemeine Erkenntnisse über die Dunkelziffer und die Durchdringung der Bevölkerung mit dem Coronavirus zu gewinnen, hatte das sächsische Sozialministerium erklärt. Fünf besonders stark betroffenen Kreisen hat der Freistaat dafür die Schnelltests zur Verfügung gestellt.

Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sind die Fallzahlen mittlerweile so hoch wie fast nirgendwo in Deutschland. Die 7-Tages-Inzidenz lag am 4. Dezember nach den Zahlen des Landratsamts bei 513 pro 100.000 Einwohner (das Robert-Koch-Institut kommt in seiner Berechnungsmethode auf einen Wert von 470). Die Zahl der Todesfälle stieg auf 97.

Corona-Schnelltests: Erscheinen zwei Striche in der Anzeige, gilt der Test als positiv. Dann folgt ein PCR-Test im Labor.
Corona-Schnelltests: Erscheinen zwei Striche in der Anzeige, gilt der Test als positiv. Dann folgt ein PCR-Test im Labor. © Daniel Schäfer

Der Timer in Gerda Uhlemanns Hand piept. Die 15 Minuten sind um. Sie geht noch einmal zu Tisch vier, um ihr Testergebnis zu erfahren. Der Schnelltest zeigt einen Strich - alles in Ordnung. Der Mann im weißen Schutzanzug wünscht ihr ein schönes Wochenende.

Für eine Frau mittleren Alters fällt das Ergebnis kurz darauf nicht so erleichternd aus. Bei ihr hat der Schnelltest angeschlagen. Zwei Striche - Corona-positiv. Am anderen Ende des Saales muss sie sich zur weiteren Abklärung einem PCR-Test unterziehen. Mitarbeiter des Gesundheitsamts nehmen dafür einen zweiten Abstrich. Sicher verpackt in ein Plastikröhrchen mit Barcode geht der ins Labor.

Das Laborergebnis wird voraussichtlich am Montag vorliegen. Bis dahin muss sich die Rathmannsdorferin auf jeden Fall in Quarantäne begeben: Nicht einkaufen, nicht spazieren gehen und möglichst auch zu Hause die räumliche Trennung zur Familie wahren. Auch ihr Lebensgefährte sollte sich jetzt dringend testen lassen, wird ihr geraten.

Insgesamt haben am Freitag 167 Rathmannsdorfer an der Testaktion teilgenommen. Das Verhältnis von positiven und negativen Tests wird noch bekannt gegeben.

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