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Wie Dresdens Footballer schwere Jungs suchen

Mit einem ungewöhnlichen Probetraining zielen die Dresden Monarchs auf eine spezielle Zielgruppe ab. Die besten können es ins Erstliga-Team schaffen.

Von Alexander Hiller
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Die Neulinge wurden gleich mal in goldene Trikots gesteckt. Man kann ja nie wissen, ob tatsächlich mal einer den Weg nach ganz oben im deutschen Football schafft.
Die Neulinge wurden gleich mal in goldene Trikots gesteckt. Man kann ja nie wissen, ob tatsächlich mal einer den Weg nach ganz oben im deutschen Football schafft. © www.loesel-photographie.de

Dresden. An diesem Abend kommen nur die Harten in den Garten. Oder treffender formuliert: ins Trainingsgelände des Football-Erstligisten Dresden Monarchs, das direkt an die Gartenanlage „Fortschritt“ im Dresdner Viertel „Leipziger Vorstadt“ grenzt. Der Kunstrasen ist schneebedeckt, Minustemperaturen ziehen auf – es gibt bessere Rahmenbedingungen für ein außergewöhnliches Probetraining.

Der deutsche Meister im American Football von 2021 hat unter dem Motto „Schwere Jungs gesucht!“ zu einem Schnupperkurs eingeladen, mit dem sich grundsätzlich alle angesprochen fühlen sollten: Dicke, Dünne, Schnelle, Langsame, Sportliche, Unsportliche, Träge oder Hyperaktive. Die Vielzahl an Positionen mit jeweils ganz speziellen Aufgaben im Football verlangt völlig unterschiedliche Begabungen ab. Das ist der große Vorteil der Sportart, die in Deutschland lediglich auf semiprofessionellem Level stattfindet.

Dementsprechend kurz sind auch die Wege in ein Erstliga-Team. Und damit werben die Dresden Monarchs ganz bewusst. „Niemand muss sich verstecken. Ganz besonders freuen wir uns diesmal über jeden Mann, der es auf mindestens 100 Kilogramm auf der Waage bringt und der dennoch unseren Sport probieren möchte“, erklärte Geschäftsführer Jörg Dreßler vor dem Probetraining.

Erschienen sind am Mittwochabend tatsächlich neun junge Männer, „die gut gelaunt und bei Schneetreiben angetreten sind und die bisher noch keine Berührungspunkte mit den Monarchs hatten“, erklärt Robert Cruse, Offensiv Coordinator der Bundesligamannschaft. Für den erfolgreichsten ostdeutschen Footballverein der vergangenen Jahre besonders erfreulich: Eine erkleckliche Anzahl, die genau in das Raster des ausgegebenen Mottos fiel. „Der größte Kerl war zwei Meter groß und 168 Kilogramm schwer – so wie wir uns das vorstellen“, sagt Cruse.

Mit diesem Plakat sprechen die Dresdner Footballer eine ganz spezielle Zielgruppe an - natürlich nur körperlich gedacht.
Mit diesem Plakat sprechen die Dresdner Footballer eine ganz spezielle Zielgruppe an - natürlich nur körperlich gedacht. © www.loesel-photographie.de

Nach einer Laufschule absolvierte das anwesende Trainerteam mit den Neulingen einige footballtypische Übungen – gemeinsam mit dem Grundgerüst des deutschen Erstliga-Kaders. „Alle Neuen können sich gut bewegen. Wir sind froh, dass es schwere Männer gibt, die Sport machen wollen“, sagt Cruse. Alle neun Frischlinge sollen und wollen am kommenden Mittwoch wiederkommen, um zunächst in der zweiten Männer-Mannschaft der Monarchs zu trainieren, die in der dritthöchsten Spielklasse, der Regionalliga Ost, antritt. „Man muss zwei Jahre Lehrzeit mit einkalkulieren, so ehrlich muss man sein“, betont Cruse.

Phillip Most ist bei den Sachsen das Paradebeispiel, dass dieser Weg funktioniert. „Ich habe im Winter 2013 in einem Fitnessstudio noch eine Ausbildung gemacht. Durch einen Artikel in der Zeitung bin ich auf das Try out aufmerksam geworden“, erzählte Offense Liner Most in einem Football-Podcast. „Ich bin drangeblieben und habe es dann irgendwie gepackt“, sagt der blonde Hüne, der in der Nähe von Senftenberg aufgewachsen ist.

Ist Interessent Mirko Schäfer (l.) ein potenzieller Bundesligaspieler der Monarchs? Zunächst wird er bei Erik Keil (r.), Headcoach der zweiten Mannschaft, die in der Regionalliga spielt, mittrainieren.
Ist Interessent Mirko Schäfer (l.) ein potenzieller Bundesligaspieler der Monarchs? Zunächst wird er bei Erik Keil (r.), Headcoach der zweiten Mannschaft, die in der Regionalliga spielt, mittrainieren. © www.loesel-photographie.de

Alle relevanten Daten der Neu-Footballer wurden vom Verein erfasst, sodass die Kontaktwege nun kürzer sind. „Im Normalfall ist es so, dass wir ein oder zwei Jungs wieder nach Hause schicken müssen, denen wir gar keine Chance einräumen“, erklärt der Monarchs-Trainer offen.

Doch die wetterharten Neulinge vom Mittwochabend erwiesen sich nicht nur als kältetauglich, sondern mit grundsätzlich ausbaufähigem Footballtalent gesegnet. „Das war überraschend. Die Jungs, die sich entschieden haben, dabei zu sein, haben auch das Potenzial“, stellt Cruse klar. Es kann also durchaus möglich sein, dass der eine oder andere dieser harten Jungs in ein, zwei Jahren mit um die deutsche Footballmeisterschaft spielt.