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Der einflussreichste Ossi im Tennis feiert 80. Geburtstag

Peter Gorka war früher ein begabter Hammerwerfer. Doch als Tennis-Funktionär machte der Dresdner mehr Schlagzeilen. Nun ist er 80.

Von Alexander Hiller
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Ein Dresdner Macher. Peter Gorka, ehemaliger Vizepraesident im Deutschen Tennisbund, ist am Sonntag 80 Jahre alt geworden.
Ein Dresdner Macher. Peter Gorka, ehemaliger Vizepraesident im Deutschen Tennisbund, ist am Sonntag 80 Jahre alt geworden. © Agentur

Er gehört zu jenen Menschen, deren Handynummer sich im Laufe von 20 Jahren niemals geändert hat. Und das, obwohl das Telefon von Peter Gorka wahrscheinlich öfter läutet, als ihm manchmal lieb ist.

Doch der gebürtige Dresdner ist ein gefragter Mann. Nicht nur, weil er am Sonntag in Dresden seinen 80. Geburtstag feierte. Er ist der vielleicht einflussreichste Ostdeutsche in einer der wenigen Sportarten, die man im vereinten Deutschland noch in Ost und West unterteilt.

Peter Gorka verkörpert die Entwicklung des Tennissports in Dresden und in Sachsen wie kaum ein anderer. Und das seit mehr als einem halben Jahrhundert. „Wenn man so will, bin ich seit 1958 tennismäßig etabliert“, sagt Gorka. Damals noch bei Aufbau Dresden-Mitte.

Zwischenzeitlich lieferte er bei den Leichtathleten des SC Einheit Dresden ein kurzes, aber erfolgreiches Gastspiel. Gorka wurde DDR-Vizemeister der A-Jugend im Hammerwerfen. „Ich war technisch sehr gut, hatte als einer der Ersten vier Drehungen drauf. Aber ich sollte mir später 30, 40 Kilo anfuttern. Das wollte ich nicht.“

Erfolgreich vor und nach der Wende

1961 bis 1965 absolvierte der Dresdner an der DHfK Leipzig sein Studium zum Diplomsportlehrer. „Ich war viele Jahre Sektionsleiter Tennis bei Aufbau Mitte. Unsere Privatanlage und Plätze an der Wickertstraße wurden 1958 weggemacht. Wir konnten in den Waldpark umziehen, acht Felder wurden auf der Anlage von 1958 bis 1960 gebaut“, erinnert er sich. Drei Vereine – neben Aufbau Mitte noch Aufbau Dresden-Nord und die Hochschulsportgemeinschaft der Medizinischen Akademie – spielten dort Tennis.

1985 initiierte Gorka den Zusammenschluss der drei Klubs als Spielunion. „Obwohl Tennis in der DDR kaum gefördert wurde, hat es ein sehr gut organisiertes Wettkampfsystem gegeben“, sagt Gorka und nennt als Beispiel das Internationale Dresdner Tennisturnier.

Aus der Spielunion wurde nach der politischen Wende der TC Blau-Weiß Blasewitz. Und Peter Gorka der erste Vorsitzende. Das blieb er bis 2010 – und entwickelte den Verein zu einem der modernsten in Deutschland und zum mitgliederstärksten Tennisverein der neuen Bundesländer.

Der Clou mit der Meisterschaft

Gorka startete seine Amtszeit gleich mit einem gewieften Clou. Blasewitz hatte sich noch 1990 für die DDR-Meisterschaft ein Jahr später beworben. In der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 sah Peter Gorka eine große Chance. „Ich habe mir gesagt: Der Westen kommt nicht umhin, uns die Titelkämpfe zu geben, wenn wir uns für die erste gesamtdeutsche Tennismeisterschaft nach der Wende bewerben.“ Gesagt, getan.

Der Dachverband folgte dem Ansinnen der Dresdner – quasi widerstandslos. „Der Verband hat uns finanziell unheimlich unterstützt. 80.000 D-Mark gab es für die Modernisierung unserer Anlage.“ Der Freistaat Sachsen und die Stadt sprangen ebenfalls als Unterstützer ein. Die Dresdner waren so ein toller Gastgeber, dass sie 1992 noch eine gesamtdeutsche Meisterschaft ausrichten durften.

Von diesen Erlebnissen in den Wendezeiten profitiert Blasewitz immer noch. Ein ATP-Turnier von 1993 bis 2008 im Waldpark, dem Gorka als Turnierdirektor vorstand, galt als Sprungbrett für zahlreiche Weltklassespieler: Marcelo Rios, Jewgeni Kafelnikow, Patrick Rafter oder Gustavo Kuerten – alle später mal die Nummer eins im Tennis.

Eine Frage treibt Gorka noch um

Gorka, der heute immer noch zweimal pro Woche zum Tennisschläger greift und für den Stadtsportbund 24 Veranstaltungen von Leos Mini-Cup betreut – einem Bewegungsparcours für Kindergartenkinder –, profilierte sich als gesamtdeutscher Funktionär. Als Vizepräsident gehörte er von 1999 bis 2012 dem Deutschen Tennisverband an.

„Ich habe gleich nach meiner Wahl gesagt: Hoffentlich bin ich nicht der Quoten-Ossi. Ich habe mich dort aber auch als Ost-Beauftragter gefühlt“, sagt er. 2002 bei der Jahrhundertflut in Sachsen trieb Gorka über den DTB 100.000 Euro an Spenden für die betroffenen Tennis-Vereine ein. „Das haben wir anteilsmäßig an die Vereine verteilt“, erinnert sich der Jubilar.

Für seine Arbeit wurde er mit der „Goldenen Ehrennadel“ des DTB ausgezeichnet und erhielt 2016 das „Bundesverdienstkreuz am Bande“. Für die Leipziger Olympiabewerbung für die Spiele 2012 arbeitete er als Olympiabeauftragter der Landesregierung. In dieser Zeit spielte Gorka bei einem Medientermin Tennis mit Gyula Horn – der als ungarischer Außenminister 1989 als Öffner des „Eisernen Vorhangs“ gilt. Derzeit erwägt Gorka, über sein bewegtes Leben ein Buch zu schreiben.

Eine Frage treibt den vitalen Rentner aber dennoch nach wie vor um. Nur in wenigen anderen Sportarten hierzulande klafft zwischen West und Ost so eine riesige Leistungsdiskrepanz wie im Tennis. „Das ist auch für mich ein großes Rätsel, dass wir es in den 30 Jahren nicht geschafft haben, mal jemanden auch nur annähernd in die deutsche Spitze zu bringen, ganz zu schweigen von der europäischen oder der Weltspitze. Da stimmt irgendetwas an den Strukturen nicht.