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Für Dynamos Torwart Kevin Broll endet eine lange Leidenszeit

Kevin Broll ist seit Anfang des Jahres wieder die Nummer eins bei Dynamo Dresden. Doch auszeichnen konnte sich der Torhüter noch nicht. Gegen 1860 München war es jetzt so weit. Dafür wurde er sogar zum Kasperle.

Von Timotheus Eimert
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Hält am Freitagabend Dynamos 2:1-Sieg gegen 1860 München mit einer Parade in der Nachspielzeit fest: Torhüter Kevin Broll.
Hält am Freitagabend Dynamos 2:1-Sieg gegen 1860 München mit einer Parade in der Nachspielzeit fest: Torhüter Kevin Broll. © dpa/PA/Robert Michael

Dresden. Nach dem Abpfiff sackt Kevin Broll zu Boden. Die Erleichterung ist Dynamos Torhüter nach dem 2:1-Sieg gegen 1860 München anzumerken. Es übermannt ihn, Tränen kullern dem 28-Jährigen übers Gesicht. Kapitän Stefan Kutschke, der bereits in der 75. Minute ausgewechselt wurde, rennt von der Auswechselbank über den halben Platz zu seinem Schlussmann und umarmt ihn.

"Das war unser Brollo – überragend", sagt der 35-Jährige später im Mannschaftskreis zu seinem Torhüter und ergänzt am Mikrofon gegenüber der Presse noch: "Wir kriegen jedes Spiel ein Gegentor und nie hat er eine Chance. Ich freue mich brutal für den Jungen. Die ganze Mannschaft hat es zum Ausdruck gebracht."

Auch Fitnesstrainer Matthias Grahé ist sofort bei Broll und herzt ihn. Wenig später tun das auch der Trainer und weitere Mitspieler. Sie wissen, bei wem sie sich nach dem knappen Heimerfolg zu bedanken haben. Mit einer Parade in der vierten Minute der Nachspielzeit sichert Broll den verdienten Sieg gegen München - und zählt damit zu den Gesichtern dieses Abends.

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"Ich habe einfach nur versucht, die Beine zu sortieren, damit ich nicht ausrutsche und die Flossen hinkriege – das war mein Ziel", sagt der Torwart zu seiner Glanztat nach dem Kopfball des Münchners Joël Zwarts. "Der Ball kam nicht mit viel Wucht, da hätte es noch bescheidener ausgesehen, wenn der Ball reingeht. An einem anderen Tag trifft er ihn härter und ich kann nichts machen. Das Glück braucht man auch mal."

Kevin Broll: ""Ja, in letzter Zeit hat gefühlt nichts geklappt"

Genau dieses Glück hat Broll zuletzt gefehlt. In neun Pflichtspielen im neuen Jahr konnte er erst einmal die Null halten - ausgerechnet gegen seinen Ausbildungsverein Waldhof Mannheim. 13 Gegentore kassierten die Dresdner in der Rückrunde.

Für einen Aufstiegskandidaten sind das eindeutig zu viel. Zum Vergleich: In der kompletten Hinrunde schlug der Ball bei Dynamo nur 17-mal ein. Dabei traf Broll bei den Gegentoren nicht wirklich eine Schuld. "Das, was vom Gegner aufs Tor kommt, ist sofort drin", stellt auch er fest und gibt zu: "Das nervt natürlich, und es nagt an mir."

Auch gegen 1860 ist quasi der erste Torschuss drin. "Wenn wir gewinnen, können wir von mir aus auch jedes Mal ein Gegentor kassieren. Hauptsache wir gewinnen", meint er und würde sich insgeheim dennoch darüber freuen, wenn er den Ball mal nicht aus dem Tornetz holen muss.

Umso mehr freut sich Broll darüber, dass ausgerechnet er, der in den vergangenen Wochen auch kritischer betrachtet wurde, am Ende den Sieg mit einer Parade zumindest festhalten kann. "Ja, in letzter Zeit hat gefühlt nichts geklappt", sagt der gebürtige Mannheimer und lobt den Auftritt seines Teams: "Die Jungs haben so viel gearbeitet, da gehört auch ein Kasperle dazu, der mal einen Ball hält. Das habe ich für die Jungs getan – und natürlich auch für mich."

Für Broll ist es quasi das erste persönliche Erfolgserlebnis seit seiner Rückkehr zu Dynamo vor einem Jahr - und auch das vermeintliche Ende einer langen Leidenszeit. "Der Brollo hatte mit Dynamo in der zweiten Liga ein schweres Jahr, wenn du kein Spiel gewinnst und am Ende absteigst", sagt Kutschke. "Er hat diesen Moment gebraucht, dass er den Sieg festhält. Als Sportler brauchst du ein Erfolgserlebnis."

Vom Dynamo-Stammkeeper zum Ersatztorwart und wieder zurück

Der Kapitän spricht damit Brolls ungewöhnlichen Karriereweg vom Dynamo-Stammkeeper in der zweiten Liga zur Nummer zwei eine Spielklasse tiefer an. Denn von 2020 bis 2022 war Broll bei den Schwarz-Gelben schon einmal die Nummer eins, nach dem Abstieg in die 3. Liga wollte er zu einem Zweitligisten wechseln, verlängerte deshalb seinen Vertrag in Dresden nicht.

Die langwierige Suche endete schließlich beim polnischen Erstligisten Górnik Zabrze, wo er seinen Stammplatz nach zehn Einsätzen verlor. Vor einem Jahr kehrte er zu Dynamo zurück, musste sich aber hinter Stefan Drljaca einordnen.

Seit dessen Verletzung am rechten Oberschenkel Ende Dezember ist Broll nun wieder gesetzt im Dresdner Tor. In der bisher eher durchwachsenen und schwierigen Rückrunde konnte er aber bis zum Freitagabend seine Klasse vergangener Tage aber noch nicht unter Beweis stellen. Dass er über ein Jahr nicht regelmäßig gespielt hat, ist ihm in einigen Aktionen nach wie vor anzumerken. Doch jetzt ist klar, warum ihm Trainer Markus Anfang trotzdem immer weiter vertraut hat.