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Zwei Fußballerinnen, eine Botschaft: "Unser Kuss-Foto wurde gebraucht"

Pernille Harder und Magdalena Eriksson von Bayern München sind Topfußballerinnen – und ein Paar. Ein Interview übers Küssen und Kämpfen.

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Ein neues Abenteuer: Pernille Harder (l.) und Magdalena Eriksson spielen zusammen in München.
Ein neues Abenteuer: Pernille Harder (l.) und Magdalena Eriksson spielen zusammen in München. © dpa/Lukas Barth

München. Die Weltklassefußballerinnen Pernille Harder (31) und Magdalena Eriksson (30) spielen seit Sommer 2023 für Bayern München. Gemeinsam. Das war für das dänisch-schwedische Paar auch privat sehr wichtig. Im Interview sprechen Harder, Stürmerin und gerade wiedergenesen, und Eriksson, Verteidigerin und aktuell verletzt, über Kommunikation in einer Fernbeziehung und vor allem zwei Küsse, die Geschichte geschrieben haben.

Frau Eriksson, Frau Harder, Sie haben sich vor zehn Jahren bei Linköpings FC in Schweden kennengelernt. Wie war Ihr erster Eindruck voneinander?

Eriksson: Ich fand Pernille erstmal als Fußballspielerin toll. Sie hat mich wirklich beeindruckt, sie war für mich next level. Ich hatte zuvor noch nicht mit einer so guten Spielerin wie ihr zusammengespielt. Ich war außerdem überrascht, wie bescheiden sie war, obwohl sie so viel Talent hatte. Und ein netter Mensch ist sie auch noch (lacht). Wir wurden gute Freunde und hatten dann einen gemeinsamen Freundeskreis, der viel zusammen unternommen hat.

Harder: Wir interessieren uns beide sehr für Mathematik und haben dann gemeinsam einen Mathe-Kurs belegt. Dabei haben wir uns noch besser kennengelernt. Nach ein paar Monaten wurden wir ein Paar.

Sie haben einige Jahre lang eine Fernbeziehung geführt. Wie schwierig war das für Sie als Paar?

Harder: Es war schwierig. Man muss wirklich hart dafür arbeiten, damit es funktioniert. Aber auch die Zeit, die wir getrennt waren, war gut für unsere Beziehung. Wir haben uns zum Glück in die gleiche Richtung weiterentwickelt. Da wir dreieinhalb Jahre getrennt gelebt haben und immer noch zusammen sind, zeigt das, dass unsere Beziehung richtig tief und belastbar ist. Wir hatten beide das Gefühl: Diese Beziehung ist es wert, dafür zu kämpfen, auch wenn wir uns oft nur einmal im Monat gesehen haben. Magda ist früher oft für eineinhalb Tage extra von London nach Wolfsburg geflogen.

Eriksson: Man lernt viel über Kommunikation, wenn man eine Fernbeziehung führt, denn das ist der Schlüssel. Wenn man nicht kommuniziert, hat man eigentlich nichts, weil man sich nicht sieht, sich physisch nicht nahe ist. Wir haben im Laufe der Jahre gelernt, dass wir besser werden mussten, miteinander zu reden und unsere Gefühle mit Worten auszudrücken. Das hat uns geholfen, in unsere Beziehung hineinzuwachsen. Wir kommunizieren jetzt viel besser als vor der Fernbeziehung. Wir sind auch in der Hinsicht viel stärker geworden.

Die Distanz ist beim FC Chelsea, wo sie von 2020 bis 2023 zusammenspielten, und nun auch beim FC Bayern München weggefallen. Mussten Sie sich erst daran gewöhnen, sich wieder so nah zu sein?

Eriksson: Es ging wirklich von null auf 100.

Harder: Die Tatsache, dass wir zwei Jahre zusammengelebt haben, bevor ich 2017 nach Wolfsburg ging, hat dazu geführt, dass wir wussten, wie unsere Routinen sind.

Eriksson: Wir mussten eher praktische Dinge klären: Wer macht den Abwasch, wer kümmert sich um die Wäsche? In einer Beziehung denkt ein Partner ja immer, dass er bei der Hausarbeit mehr macht als der andere.

Können Sie sich vorstellen, sich erneut für einen Vereinswechsel zu trennen?

Harder: Mir gefällt es hier sehr gut. Der FC Bayern ist ein toller Club, München ist eine tolle Stadt. Ich genieße es, auch wenn ich jetzt zwei Monate verletzt war. Wir haben einen Vertrag für die nächsten drei Jahre, und ich kann mir gut vorstellen, länger hier zu bleiben.

Eriksson: Es ist das erste Mal, dass wir gemeinsam zu einem neuen Klub gewechselt sind. Es ist wirklich schön, die Sicherheit zu haben, Pernille bei mir zu haben. Fußball kann ziemlich einsam sein, wenn man von seiner Familie und vielleicht auch vom Partner getrennt ist. Mit ihr hier ein neues Abenteuer begonnen zu haben, ist inspirierend und cool. Wie Pernille könnte ich mir kein besseres Umfeld wünschen.

2019 während der Fußball-WM haben Sie sich nach dem Sieg von Erikssons Schwedinnen gegen Kanada im Stadion geküsst. Es war zwar nur ein Kuss, aber das Foto von diesem öffentlichen Kuss sorgte weltweit für Aufsehen.

Harder: Ich habe zuerst gar nicht gemerkt, dass das Foto für so einen Wow-Effekt gesorgt hat, weil ich einfach bei der Weltmeisterschaft war, um Magda zu unterstützen. Es war auch nicht unser erster öffentlicher Kuss nach einem Spiel, wir hatten uns schon zuvor ein paar Mal geküsst. Das Foto hat dann in den Sozialen Medien schnell für riesige Aufmerksamkeit gesorgt, wurde populär und hat viele positive Kommentare nach sich gezogen. Für mich war interessant zu sehen, wie sehr dieses Bild von der Gesellschaft offenbar gebraucht wurde.

Eriksson: Uns hat überrascht, wie notwendig solch ein Foto offenbar für den Fußball war. Wir haben zuvor auch irgendwie in unserer eigenen Blase gelebt und sind schon lange offen mit unserer Beziehung umgegangen. Wir haben aber nach diesem besonderen Moment gemerkt, wie wichtig es ist, sichtbar zu sein, Dinge zu tun, die für uns selbstverständlich sind und stolz darauf zu sein. Ich glaube, der beste Weg, um anderen ein Vorbild zu sein, ist es, sich auszudrücken und man selbst zu sein. Genau das haben wir getan. Ich bin froh und stolz, dass das Foto von unserem Kuss so ein großes Thema geworden ist, denn es war offensichtlich etwas, das der Fußball wirklich gebraucht hat.

Hatten Sie als Teenagerinnen Vorbilder, an denen Sie sich orientieren konnten, die Ihnen das Gefühl vermittelten, Ihre Sexualität sei vollkommen in Ordnung, so wie sie ist?

Eriksson: Meine ältere Schwester Amanda war immer sehr wichtig für mich. Sie hat mich ermutigt, mich so wohl zu fühlen, wie ich bin, und nicht daran zu denken, was andere über mich denken könnten. Als ich aufwuchs, war sie immer diese beruhigende Stimme, die sagte: ‚Du bist gut, so wie du bist. Sei ganz du selbst.‘ Ich habe mich schon mit 16 geoutet, meine Schwester war da in den ersten Jahren sehr wichtig für mich, damit ich mich nicht wie eine Außenseiterin fühlte.

Harder: Meine Eltern, Annie und Mogens, haben mich immer wissen lassen, dass es egal ist, wen ich liebe oder wen ich mit nach Hause bringe. Sie sind glücklich, solange ich glücklich bin. Ich weiß nicht, ob sie erwartet haben, dass ich einmal ein Mädchen mit nach Hause bringe (lacht), aber sie haben mir immer das Gefühl gegeben: Ich kann so sein, wie ich bin. Darin habe ich wirklich Glück gehabt.