Von Thomas Häberlein
München. Konstanze Klosterhalfen breitete die Arme aus, als sie unter dem tosenden Jubel der Zuschauer im Münchner Olympiastadion ins Ziel lief. Dann schnappte sie sich eine deutsche Fahne und rannte gleich weiter - auf ihre Ehrenrunde. Als erste Deutsche kürte sich die 25-Jährige zur Europameisterin über die 5.000 Meter. „Ich habe noch nie einen Titel gewonnen, ich habe vorher noch nicht einmal dran geglaubt, eine Medaille zu gewinnen. Ich bin unfassbar glücklich“, sagte sie in der ARD.
Beinahe wäre es gar nicht so weit gekommen. „Wir haben ernsthaft überlegt, ob ich überhaupt laufe“, sagte Klosterhalfen, die über 10.000 Meter als Vierte weit am Podest vorbeigelaufen war und entkräftet gewirkt hatte. Umso überwältigter war sie nun nach dem Coup über die halbe Distanz. „Das war das Letzte, womit ich gerechnet habe. Das ist wunderbar, ich habe keine Worte. Ich kann es nicht glauben.“
Nach einer starken Vorstellung siegte Klosterhalfen (Leverkusen) in 14:50,47 Minuten ganz deutlich vor Can aus der Türkei (14:56,91) und Eilish McColgan aus Großbritannien (1:59,34). Die goldene Medaille für Europas neue Beste über die 5000 m war zugleich die erste für eine deutsche Läuferin über diese Distanz.
Wenig später verlor Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo hat ihren EM-Titel. Die Olympiasiegerin musste sich mit 7,03 Metern der Serbin Ivana Vuleta (7,06) geschlagen geben, Bronze ging an Jazmin Sawyers aus Großbritannien (6,80).
Mihambo hatte sich nach ihrem Triumph bei der WM in Eugene im Juli mit Corona infiziert und erst in der vergangenen Woche grünes Licht für einen Start in München gegeben. Die 28-Jährige war seit ihrem EM-Triumph 2018 in Berlin bei Großereignissen im Freien ungeschlagen gewesen.
Die Freude über den zweiten Platz war bei Lokalmatador Tobias Potye deutlich überschwenglicher. Der 27-jährige Hochspringer überquerte 2,27 Meter und feierte damit den größten Erfolg seiner Karriere. Gold gewann Olympiasieger Gianmarco Tamberi aus Italien mit 2,30 Metern. Bronze ging an den Ukrainer Andrij Prozenko, der wie Potye 2,27 m schaffte – sich aber bei 2,23 zwei Fehlversuche leistete. Der Dresdner Jonas Wagner scheiterte bereits an der Anfangshöhe von 2,18 Metern.
Im Siebenkampf kam die Frankfurterinn Carolin Schäfer beim nächsten Triumph der Belgierin Nafissatou Thiam auf Rang sechs in der Endabrechnung. Die Trainingspartnerin von Zehnkampf-Europameister Niklas Kaul sammelte 6.223 Punkte. Sophie Weißenberg (Leverkusen) trat zu den abschließenden 800 Meter „aufgrund von Erkältungs- und Erschöpfungssymptomen“ nicht mehr an. Gold ging mit 6.628 Punkten wieder einmal an Titelverteidigerin, Weltmeisterin und Olympiasiegerin Thiam, die Adrianna Sulek (6.532/Polen) keine Chance ließ. Bronze sicherte sich die Schweizerin Annik Kälin (6.515). (sid)