Chemnitz/Linz. Nach zuletzt vielen schweren Monaten kann sich Gabriele Frehse auf eine neue Aufgabe freuen. Die langjährige Turn-Trainerin am Bundesstützpunkt in Chemnitz wird Nationaltrainerin des österreichischen Frauen-Teams. Die 63-Jährige unterschrieb in Linz einen Vertrag bis 2025 - dem Jahr, in dem sie geplant in Rente gehen wird.
"Ich freue mich auf die neue Aufgabe. Die Mädels sind alle sehr motiviert, und es macht mir schon jetzt viel Freude", sagt Frehse exklusiv auf Nachfrage von Sächsische.de, und sie erklärt: "Für mich ist die neue Aufgabe jetzt eine Möglichkeit, für mich persönlich einen versöhnlichen Abschluss zu finden."
Schon seit Jahresbeginn hatte sie sporadisch am Turnzentrum in Linz ausgeholfen und war auch die "Wunschtrainerin" für die Nationalkaderturnerinnen", erklärt Turnsport-Austria-Generalsekretär Robert Labner auf der Verbandshomepage.
Frehse hatte bis zuletzt noch einen geltenden Arbeitsvertrag mit dem Olympiastützpunkt Sachsen (OSP) und im Oktober 2021 eine Kündigungsschutzklage gewonnen. "Ich bin auf den OSP zugegangen und habe um einen Vergleich gebeten - um für neue Trainer in Chemnitz den Weg freizumachen und selbst nochmal beruflich neu zu beginnen", erklärt Frehse, die seit mehr als 40 Jahre als Trainerin arbeitet.
Vertrag mit dem OSP zum 30. Juni aufgelöst
Frehse war im November 2020 im Magazin Spiegel von einigen früheren Schützlingen beschuldigt worden, sie im Training beleidigt sowie Medikamente ohne medizinische Kontrolle und Absprache mit den Eltern verabreicht zu haben. Auch von psychischer Gewalt war die Rede. Die Vorwürfe von Ex-Weltmeisterin Pauline Schäfer und weiterer Turnerinnen riefen allerdings auch ein gegenteiliges Echo hervor. Andere Sportlerinnen verteidigten die Trainerin. Frehse, die die Vorwürfe stets zurückgewiesen hatte, war dennoch freigestellt und vonseiten des OSP außerordentlich gekündigt worden.
Das Arbeitsgericht Chemnitz erklärte diese Entscheidung im Oktober 2021 für unwirksam, in die Turnhalle am Bundesstützpunkt kehrte Frehse jedoch nicht zurück - aus Selbstschutz und aus Rücksicht auf die Sportlerinnen, wie sie im Interview mit Sächsische.de erklärt hatte. Der OSP war vor allem auf Drängen des Deutschen Turn-Bundes (DTB) in Berufung gegangen. Für den 6. Juli war nun eigentlich der entscheidende Verhandlungstermin am Landesarbeitsgericht Chemnitz angesetzt.
Mit dem Vergleich hat man sich nun kurz vorher außergerichtlich geeinigt, der arbeitsrechtliche Streit ist damit beendet. Der Vertrag mit dem OSP wurde zum 30. Juni aufgelöst. Auch mit dem DTB hat mittlerweile ein klärendes Gespräch in Chemnitz stattgefunden.
Pendeln zwischen Chemnitz und Linz
Schon im Februar hatte die Staatsanwaltschaft Chemnitz das Ermittlungsverfahren gegen die Turn-Trainerin und zwei Ärzte wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung im Zusammenhang mit unerlaubter Schmerzmittel-Abgabe an einige Turnerinnen eingestellt.
Im Juni hatte Frehse zudem in der Affäre um die vorgeworfene missbräuchliche Behandlung ihrer Schützlinge einen weiteren juristischen Teilerfolg errungen. Sie gewann eine Unterlassungsklage gegen eine ihrer Ex-Sportlerinnen. "Ich bin nirgendwo angeklagt, ich bin nirgendwo verurteilt – somit ein freier Mensch", sagt Frehse nun, wohlwissend: "Dieser Makel wird immer bleiben."
Die einstige Erfolgstrainerin, die Turnerinnen zu WM- und Olympiamedaillen führte, soll nun die österreichischen Frauen fit machen und im besten Fall sogar eine Athletin aus dem Nachbarland für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in Paris vorbereiten.
Frehse will ihren Lebensmittelpunkt in Chemnitz behalten, hat sich eine Wohnung in Linz genommen. "Seit Januar war ich einmal im Monat für eine Woche in Österreich, das wird natürlich jetzt mehr. Aber ich werde hin und wieder für ein langes Wochenende nach Chemnitz kommen", sagt sie.