Chemnitz. Jetzt melden sich die Eltern der derzeit in Chemnitz aktiven Turnerinnen. In einem offenen Brief unter anderem an den Sportausschuss des Bundestages, den Deutschen Olympischen Sportbund und den Deutschen Turnerbund kritisieren sie die Untersuchung der vermeintlichen Vorfälle um die Trainerin Gabriele Frehse sowie die Kommunikation des Verbandes scharf. Zudem greife die Aufklärung zu kurz, weil sie sich ausschließlich auf die Verdachtsmomente gegen die Trainerin bezieht, die von Ex-Weltmeisterin Pauline Schäfer und 13 weitere ehemalige Schützlinge im Dezember 2020 im Magazin Spiegel vorgebracht hatten.
Sie äußern darüber hinaus „großes Unverständnis“, dass sie und ihre Kinder unzureichend in die Aufarbeitung einbezogen worden sind. „Es wurden offensichtlich noch nicht einmal jene befragt, die seit Jahren Tag für Tag in der Halle sind – die Athletinnen“, heißt es in dem Schreiben. Demnach sei nur eine der Turnerinnen befragt worden, zwei hätten sich selbst gemeldet, weitere Telefonate wurden als informelle Gespräche eingeordnet und nicht protokolliert. Das gipfelt in der Einschätzung: „Bedenklich und absolut inakzeptabel ist die Tatsache, dass Aussagen Chemnitzer Gesprächspartner von vorne herein als unglaubwürdig klassifiziert wurden.“
Stellungnahme der Eltern nicht berücksichtigt
Eine bereits am 5. Dezember von den Eltern abgegebene Stellungnahme – Sächsische.de berichtete – blieb unberücksichtigt, während Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses diese gegenüber Medien als nicht aussagekräftig und widersprüchlich abgetan habe, weil sie anonymisiert und „aus dem Off“ komme. Dabei gab es eine eidesstattliche Versicherung. Das Gespräch habe sie nie gesucht, auf Anrufe nicht reagiert.

Das trifft offenbar auch auf DTB-Präsident Alfons Hölzl zu, der es verpasst habe, „den Dialog mit den Verantwortlichen am Stützpunkt zu ermöglichen, bevor er sich Zeit nimmt, sich medial zu den Vorwürfen zu äußern“. Zeitpunkt sowie Art und Weise wie der Bericht der Untersuchung durch eine Anwaltskanzlei vom Verband kommuniziert worden ist, sei „geradezu eine Farce“. Die Eltern von insgesamt 25 Sportlerinnen, inklusive Sophie Scheder, Bronzemedaillengewinnerin bei Olympia 2016, werfen dem DTB vor, erst die Presse und dann die Turnerinnen und ihre Erziehungsberechtigten informiert zu haben.
Die Kinder und Jugendlichen - die jüngsten sind zehn Jahre - hätten verzweifelt geweint, ein adäquates Training sei nicht möglich gewesen. „Dem Präsidium des DTB werfen wir verantwortungsloses Handeln vor, welches nicht zu entschuldigen ist.“ Die Eltern erklären, dass sie und ihre Mädchen sich bewusst für Chemnitz entschieden haben: wegen der hervorragenden Infrastruktur, „vor allem jedoch wegen Gabi Frehse an der Spitze eines Trainerteams, die weit mehr leistet, als man es von einem Trainer erwarten darf.“
Man wolle nicht infrage stellen, dass andere Athletinnen es in den vergangenen Jahren anders empfunden haben, aber sie hätten zu Frehse und allen handelnden Personen am Olympiastützpunkt vollstes Vertrauen. „Wir fordern das Präsidium des DTB auf, die geforderten personellen Konsequenzen am Bundesstützpunkt Chemnitz mit sofortiger Wirkung zurückzunehmen.“ Am Mittwoch will der Olympiastützpunkt, bei dem Frehse angestellt ist, über die berufliche Zukunft der Trainerin entscheiden. Der Verein TuS Chemnitz-Altendorf soll außerdem Trainer Gerrit Beltmann entlassen, was Präsident Frank Munzer jedoch abgelehnt hat.