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Ferkelmast Stolpen: Güllewasser in Erdloch entsorgt

Das Landratsamt hatte bereits 2022 bestätigt, dass die Grube nicht genehmigt ist. Nun gibt es eine neue Anzeige gegen den Betreiber.

Von Anja Weber
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Wieder wurde in der Ferkelmastanlage bei Stolpen Wasser mit Gülle in ein nicht genehmigtes Erdloch gepumpt.
Wieder wurde in der Ferkelmastanlage bei Stolpen Wasser mit Gülle in ein nicht genehmigtes Erdloch gepumpt. © privat

Nicht zum ersten Mal ist das Erdloch hinter der Ferkelmastanlage im Stolpener Ortsteil Langenwolmsdorf mit stinkender Brühe fast randvoll. Und zu sehen ist auch, dass die absichtlich dort hineingepumpt wird. Das ist nach Recherchen der SZ illegal. Denn das Erdloch ist keine Güllegrube. Das Landratsamt hatte bereits im September 2022 bestätigt, dass dieses Erdloch als Güllegrube nicht genehmigt ist. Deshalb fragen sich die Anwohner, wie der Betreiber, die Stolpen Agro GmbH und deren Chef Marten Tigchelaar auch nach einem Jahr immer wieder das Erdloch vollpumpen darf, ohne ernsthafte Konsequenzen.

Sie haben das Umweltamt von dem erneuten Vorfall informiert. Die Behörde war vor Ort und Proben genommen. Inzwischen liegt das Ergebnis vor. Das bestätigt die Vermutungen der Anwohner. "Das Wasser ist stark belastet, die untersuchten Parameter deuten auf eine Verunreinigung mit Gülle hin", heißt es darin. Der Betreiber sei aufgefordert worden, das belastete Wasser innerhalb von sieben Tagen entweder in die Güllelagune zu verbringen oder es unter Berücksichtigung der Düngeverordnung auf Feldern auszubringen. Dafür müsse er die entsprechenden Nachweise vorlegen. Das wird aktuell überprüft.

Nur eine Frage der guten Nase

Aus Sicht der Anwohner gibt es jedoch Ungereimtheiten. Denn aus dem Landratsamt heißt es, bei der Probenentnahme und Kontrolle sei keine von dieser Grube ausgehende erhebliche Geruchsbelastung wahrgenommen worden. Das empfinden die Anwohner anders. Ihnen stinkt es gewaltig schon seit Jahren in der Nase, egal ob nun die offene Güllelagune oder das Erdloch die Ursachen sind. Deshalb fertigen sie seit Monaten auch Geruchsprotokolle. Die werden aber vom Landratsamt nicht anerkannt. "Die Anwohner wurden vom Landratsamt nicht aufgefordert, Geruchsprotokolle zu schreiben. Soweit die Anwohner Geruchsprotokolle vorgelegt haben, waren diese Beobachtungen zum Teil so widersprüchlich, dass darauf keine Behördenentscheidung gestützt werden kann", heißt es aus dem Landratsamt.

Das sei zum Beispiel der Fall, wenn aufgrund der festgestellten Windrichtung Anzeigen aus unterschiedlichen Windrichtungen vorliegen, gleichzeitig aber eine Vor-Ort-Kontrolle keinen Befund ergeben habe, der dem Anlagenbetrieb zuzuordnen sei. Geruchserfassungsbögen würden in erster Linie eingesetzt, wenn im Falle des Auftretens von Geruchsbelastungen der Verursacher ermittelt werden soll, heißt es weiter. Die Eignung dieser Bögen zur quantitativen Erfassung von Gerüchen sei aber begrenzt. Das Landratsamt würde die Geruchskontrolle entsprechend der technischen Leitlinien durchgeführt. Die Divergenz zwischen der Wahrnehmung durch Behördenmitarbeiter und der Anwohner ließe sich nicht immer erklären. Vor diesem Hintergrund führt das Landratsamt in unregelmäßigen Zeitabständen unangekündigte Ortstermine durch.

Ob bei diesen Kontrollen auch die baulichen Anlagen mit begutachtet werden, bleibt unklar. Schon länger vermuten Anwohner hier Unregelmäßigkeiten, etwa bei der Güllelagune. Nach ihrer Einschätzung darf das Güllelager nicht betrieben werden, zumindest nicht ohne eine neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Bereits im April 2021 konnten sie Akten dazu vorlegen. Denen sei zu entnehmen, dass die genehmigungsfreie Kapazität des Güllelagers von 6.500 Kubikmeter überschritten ist. Denn bei allem, was darüber liegt, fordert das Bundesimmissionsschutzgesetz eine entsprechende Genehmigung. In der Hoffnung, das auch mit alten Unterlagen beweisen zu können, hatte die Bürgerinitiative tatsächlich auch Dokumente aus dem Jahr 2001 aufgespürt.

Anwohner wollen juristisch gegen Landratsamt vorgehen

Der damalige Anlagenbetreiber musste ein Gutachten in Auftrag geben. Das 2001 noch als Genehmigungsbehörde zuständige Regierungspräsidium Dresden bescheinigte ein Fassungsvermögen des Güllelagers von 7.750 Kubikmetern. Und nach wie vor bleiben auch da Fragen offen.

Im April 2021 hatte das Landratsamt das Ganze geprüft. Aus Sicht der Behörde war die Güllelagerung bis vor einigen Jahren auf mehrere Einrichtungen verteilt, sodass insgesamt tatsächliche 8.154 Kubikmeter zusammenkamen. Allerdings wurden die dort mit eingerechneten Trockenbeete zwischenzeitlich asphaltiert, fallen damit aus der Gesamtmenge heraus. Übrig bliebe eine offene Güllegrube mit einer Füllmenge von 6.135 Kubikmetern. Zu diesem Ergebnis kommt das Landratsamt. Das zweifeln die Anwohner weiter an. Ein konkretes und für sie nachvollziehbares Ergebnis dürfte wohl nur vorliegen, wenn die Güllelagune komplett leer gepumpt und das Fassungsvermögen neu bestimmt wird. Das allerdings verursacht Kosten, welche der Auftraggeber, sicherlich das Landratsamt, berappen müsste.

Aus Sicht der Anwohner bleiben viele Fragen offen. Deshalb wollen sie mithilfe externer juristischer Unterstützung und mit Unterstützung durch den BUND Sachsen das Handeln des Landratsamtes untersuchen lassen. Die Betonung liege darauf, dass sie das Handeln des LRA untersuchen, nicht des Anlagenbetreibers. Dieser mache nur das, was ihm durch die Genehmigungs- und Überwachungsbehörde genehmigt werde, heißt es in einer kürzlich von Anwohnern gesendeten E-Mail.