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Als das Grüne Gewölbe in Dresden wieder öffentlich wurde

Das Grüne Gewölbe gehört zu den absoluten Höhepunkten der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Vor 65 Jahren wurde nach Kriegsende ein Teil der Schätze in einer Ausstellung wieder öffentlich gezeigt.

Von Ralf Hübner
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Das Grüne Gewölbe ist seit jeher ein Publikumsmagnet. Vor 65 Jahren konnten die Besucher im Albertinum erstmals nach dem Krieg wieder die Schätze wie den Nürnberger Schmuckkasten von 1590 bestaunen.
Das Grüne Gewölbe ist seit jeher ein Publikumsmagnet. Vor 65 Jahren konnten die Besucher im Albertinum erstmals nach dem Krieg wieder die Schätze wie den Nürnberger Schmuckkasten von 1590 bestaunen. © SZ/Waltraut Kossack

Dresden. Von den Schätzen des legendären Grünen Gewölbes geht noch immer eine fast magische Anziehungskraft aus. Rund 430.000 Besucher bewunderten im vergangenen Jahr die Preziosen der sächsischen Kurfürsten. Damit haben sich den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zufolge das Historische und das Neue Grüne Gewölbe abermals als Publikumsmagnet erwiesen. Das Historische Grüne Gewölbe sei zu etwa 90 Prozent ausgelastet gewesen, hieß es. Der große Besucherstrom nach dem Zweiten Weltkrieg setzte am 8. Mai 1959 in den Räumen des Albertinums ein. Zum ersten Mal konnten Besucher die Schätze wieder in Augenschein nehmen .

383 Kunstwerke ausgestellt

Die Schau "Der Menschheit bewahrt" von sechs Museen war propagandistisch ins Programm des "Tages der Befreiung" eingebettet. Die Sächsische Zeitung schrieb von einer "festlichen Kundgebung" mit der "direkt vor den Toren des Albertinums, unter den grünen Platanen der Brühlschen Terrasse" die Dresdner Museumsschau mit den von der Sowjetunion geretteten und nach Dresden übergebenen Kunstschätzen eröffnet wurde. Weite Teile des Textes nahm dann die Aufzählung der vielen Funktionäre von Parteien, Stadt und Regierung, Vertretern der sowjetischen Botschaft, hohen Offizieren der Sowjetarmee und Volksarmee sowie Kunstexperten auch aus dem Westen in Anspruch, die sich neben vielen Dresdnern sowie den Genossenschaftsbauern aus Kanitz und aus Hinterhermsdorf eingefunden hatten.

Erich Wend, der Staatssekretär beim Ministerium für Kultur der DDR, dankte den Sowjetvölkern, vor allem natürlich dem Sowjet-Ministerpräsidenten Nikita Chruschtschow.

UdSSR-Botschaftssekretär, Genosse Matejew bezeichnete die Übergabe der Kunstschätze als Ausdruck unverbrüchlicher Freundschaft, wie die Zeitung ausdrücklich zitierte. Dem Grünen Gewölbe war in der Ausstellung ein 350 Quadratmeter großer Raum vorbehalten, wo in Vitrinen 383 Kunstwerke ausgestellt waren. An eine Präsentation in den ehemaligen Räumen des zerstörten Residenzschlosses war nicht zu denken. Zu sehen waren unter anderen das "Goldene Kaffezeug", das "Bad der Diana" von Johann Melchior Dinglinger und der "Mohr mit der Smaragdstufe", die bis heute zu den absoluten Höhepunkten der barocken Schatzkammer gehören und die bis dahin noch in einem Tieftresor der Deutschen Notenbank aufbewahrt worden waren. Der „Hofstaat des Großmoguls“ fehlte noch, er kam erst 1960 in die Ausstellung. Auch die große Fregatte aus Elfenbein war zunächst noch nicht mit dabei. Sie befand sich in einer der Kisten des Historischen Museums, die 1958 nach der Rückkehr der Kunstschätze aus der Sowjetunion wenige Monate zuvor noch nicht ausgepackt waren.

Schätze in Moskau deponiert

Als nach dem Ende des Krieges die meisten Kunstwerke der Kunstsammlungen wie auch die Bestände anderer Museen von der Roten Armee als Kriegstrophäen nach Moskau, Leningrad und Kiew gebracht wurden, schienen sie für immer verloren. Das Grünen Gewölbe und die Rüstkammer hatten damit praktisch aufgehört zu existieren. Doch dann verkündete der UdSSR-Ministerrat zehn Jahre nach Kriegsende 1955 völlig überraschend die Rückgabe von Bildern der Gemäldegalerie und übergab schon am 25. August 1955 zunächst 750 von ihnen einer DDR-Regierungsdelegation.

Die Rückkehr der Schätze des Grünen Gewölbes 1958 war deshalb nicht mehr ganz so spektakulär. Die kostbarsten Stücke waren bis dahin in Moskau in den Tresoren des Finanzministeriums und im Puschkin-Museum deponiert. Im November 1958 ging es in speziellen Eisenbahnwaggons und unter Bewachung durch die Rote Armee direkt von Moskau nach Dresden. Vom Neustädter Bahnhof aus wurden die Kisten mit den Schätzen unter Polizeibewachung zunächst in das Polizeipräsidium auf der Köpckestraße gefahren, wo die Stücke ausgepackt, geprüft und auf Listen abgehakt wurden. Nach zwei bis drei Wochen – so lange dauerte die Aktion – kamen die Kisten in den Tieftresor der Deutschen Notenbank auf der Galeriestraße und wurden erst für die Ausstellung im Mai 1959 im Albertinum wieder hervorgeholt.

Weil allerdings die damals zurückgekehrten Werke so schnell wie möglich wieder öffentlich gezeigt werden sollten, waren einige ausgewählte Bronzen des Grünen Gewölbes schon wenige Tage nach der Rückkehr in einer ersten Ausstellung im Rathaus zu sehen.

Dort hatte zuvor bei einem Staatsakt im Lichthof der sowjetische Botschafter Michael G. Perwuchin die Kunstschätze offiziell dem DDR-Kulturminister Alexander Abusch übergeben und ihm symbolisch ein Tableaux mit Perlen und Brillanten sowie mit dem „Goldenen Kaffeezeug“ aus den Kisten überreicht. Die Dresdner kamen in Scharen, um ihre Schätze wieder in Augenschein zu nehmen. Die Ausstellung "Der Menschheit bewahrt" musste zusätzliche Öffnungszeiten einrichten. Bis 2004 blieben die Schätze im Albertinum, ehe ein Teil von ihnen in zunächst zehn Räume im ersten Stock des Westflügels des Residenzschlosses umziehen konnten.

2006 waren dann schließlich auch die Räume des Historischen Grünen Gewölbes im Erdgeschoss wieder hergestellt. Deren Einrichtung spiegelt so weit wie möglich den Zustand von 1733 wieder – des Todesjahres von August dem Starken. Die etwa 3.000 Stücke können von den Besuchern seither wieder in der angestammten Umgebung besichtigt werden.