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Teure Reklame

Die Stadt will mehr Platz auf Wegen und Straßen. Händler, die trotzdem vor ihrem Laden werben, müssen tief in die Tasche greifen – oder umdenken.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Auf diese Überraschung hätten viele Ladenbesitzer in der Meißner Altstadt gerne verzichtet. Laut der im letzten Jahr beschlossenen neuen Sondernutzungssatzung, werden diejenigen unter ihnen, die vor ihrem Geschäft mit Werbeständern-, Fahnen oder - Aufstellern auf ihre Waren aufmerksam machen wollen, viel stärker zur Kasse gebeten als bisher.

„Ich habe immer zwischen 15 und 20 Euro pro Jahr für den Werbeaufsteller bezahlt. Jetzt soll ich der Stadt 20 Euro im Monat geben“, sagt eine Verkäuferin am Schulplatz. Von 15 auf 240 Euro jährlich – das entspricht einer Versechzehnfachung der ursprünglichen Gebühr. „Ich dachte, ich höre nicht richtig, als mir eine Mitarbeiterin vom Ordnungsamt vor ein paar Wochen davon erzählte“, so die Verkäuferin. Eine Erklärung oder schriftliche Information habe man ihr nicht gegeben. Einen neuen Antrag für das Aufstellen werde sie nun nicht mehr abgeben, entweder auf Werbung verzichten oder das Risiko einer Verwarnung eingehen. Kein Schild mehr nach draußen stellt Bernd Freudenberg, Besitzer des Feinkostgeschäfts an der Marktgasse 14. „Ich kann es mir nicht mehr leisten einen Werbeaufsteller vor dem Laden aufzustellen, finde das Ausmaß der Erhöhung unverhältnismäßig“, sagt er.

Er verstehe nicht, wieso ein Händler für ein Schild so viel mehr bezahlen muss, während andere – die neben den Aufstellern auch Bänke, Stühle oder Fahrradständer vor ihren Laden stellen – dafür nicht viel mehr zahlten. Bisher, so Freudenberg, habe das Ordnungsamt zwar nie kontrolliert, ob für die Aufsteller genug bezahlt wurde. Aber das könnte sich ja ändern. „Deshalb verzichte ich darauf. Ich hätte vielleicht 30 oder 40 Euro bezahlt, aber nicht über 200.“ Dass der fehlende Aufsteller tatsächlich auch weniger Kunden zur Folge hat, sei Fakt, sagt der Verkäufer.

Grundsätzlich verstehen die meisten Händler in der Innenstadt zwar die Intention der Stadt durch weniger Aufsteller mehr Platz zum Flanieren für Touristen zu schaffen und auch Menschen mit Rollatoren oder Kinderwagen bessere Bedingungen zu bieten. „Aber eine derartige Erhöhung ist überzogen. Mich würde interessieren, wie die Stadt das rechtfertigt“, so Anne Schwarzbach vom Fisch-Händler an der Elbstraße. Von der Erhöhung habe die Inhaberin bisher nichts gewusst. Sie habe immer für Bestuhlung, Tische, Fahrradständer und Schilder zusammen gezahlt. Eine Information seitens des Ordnungsamtes hätte sie nicht erhalten.

Auf eine Nachfrage der SZ zur Begründung der deutlichen Erhöhung und fehlender Information der Gewerbetreibenden teilt Stadtsprecherin Katharina Reso mit: „Die vergleichsweise hohen Preise sollten einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, diese Form der Außenwerbung weniger oder zielgerichteter zu nutzen, also beispielsweise auch einmal nur für zeitlich begrenzte Aktionen oder Angebote.“ Alle Händler seien bereits im vergangenen Jahr per Post informiert worden, zudem habe es Gespräche mit den Straßensprechern und dem Gewerbeverein zum Thema Außengestaltung gegeben.

Das bestätigt Dagmar Winkler vom Juwelier in der Marktgasse, selbst Straßensprecherin. „Jeder Händler hat andere Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, etwas Schönes vor seinen Laden zu stellen, nur eben keinen Werbeständer. Hier ist Ideenreichtum gefragt. Das befürworte ich“, sagt sie. Wie die Stadt mitteilt, werden „ganz aktuell“ alle Gewerbetreibenden noch einmal durch den Ordnungsdienst zur Notwendigkeit in Kenntnis gesetzt, Erlaubnisse für Aufsteller neu zu beantragen. Das unerlaubte Aufstellen werde als Ordnungswidrigkeit gewertet und durch den Vollzugsdienst kontrolliert. Gegebenenfalls werde eine Gebühr von Amtswegen mit bis zu 100 Prozent Aufschlag erhoben.