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Tschechien fordert besseren Schutz des Schengen-Raums

Die Tschechische Republik setzt die Kontrollen an der Grenze zur Slowakei fort - und steht dabei unter Druck aus Deutschland.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Tschechien führt die Kontrollen an der Grenze zur Slowakei fort. Der deutsche Nachbar erhofft sich somit mehr Eindämmung bei der illegalen Migration.
Tschechien führt die Kontrollen an der Grenze zur Slowakei fort. Der deutsche Nachbar erhofft sich somit mehr Eindämmung bei der illegalen Migration. © Archiv/Egbert Kamprath (Symbolfoto)

Prag. Tschechien und die Slowakei wollen enger dabei zusammenarbeiten, die Migration auf der sogenannten Balkanroute Richtung Deutschland und Westeuropa einzudämmen. Darauf einigten sich die Regierungschefs beider Seiten, Petr Fiala und Eduard Heger, wie sie am Freitag vor der Presse in Prag sagten. Tschechien hatte Anfang September zeitweilige Kontrollen an der Grenze zur Slowakei eingeführt, die in Bratislava auf Unverständnis stießen und zuletzt lange Warteschlangen namentlich beim Lkw- und Bus-Verkehr verursachten.

Prag sah sich zu den Kontrollen aus Deutschland gedrängt, will unter allen Umständen die Einführung eines ähnlichen Regimes an der deutsch-tschechischen Grenze vermeiden, das vor allem das tägliche Leben der Pendler erschweren würden.

Die anhaltenden Kontrollen der Tschechen an der Grenze zur Slowakei haben jedoch das gemeinhin sehr gute Klima zwischen beiden einstigen Bruderländern beeinträchtigt. Die Slowaken vertreten die Ansicht, dass die Kontrollen keinerlei positiven Effekt hätten, die beiderseitigen Beziehungen belasteten und das für die Freizügigkeit der Bürger wichtige Schengen-Abkommen verletzten. „Die Migranten kommen letztlich doch nach Deutschland“, behauptete diese Woche noch der slowakische Polizeipräsident Štefan Hamran.

Bei dem kurzfristig vereinbarten Arbeitsbesuch Hegers bei Fiala in Prag suchten beide Seiten nach einer annehmbaren Lösung des Problems. Laut Fiala sehen sie die „vor allem in einer strengeren Kontrolle der Außengrenzen des Schengen-Raums“. Fiala wies darauf hin, dass weder Tschechien noch die Slowakei an der aktuellen Situation an diesen Grenzen schuld seien. Beide Premiers erklärten sich bereit, mehr Polizisten aus ihren Ländern an die Außengrenzen zu schicken, um bei deren Sicherheit zu helfen.

Der slowakische Regierungschef Heger betonte, das Problem liege konkret an der ungarisch-serbischen Grenze. „Wir haben ein gemeinsames Ziel, nämlich die Verhinderung illegaler Migration“, sagte er. Heger zufolge sind Grenzkontrollen zwischen Tschechien und der Slowakei „eine Lösung für die Wirkung, nicht für die Ursache“. Er hält es für notwendig, dass alle EU-Mitgliedstaaten an der Lösung des Problems beteiligt werden.

Ziel der Flüchtlinge ist Deutschland

Tschechiens Innenminister Vít Rakušan, dessen Land derzeit die Ratspräsidentschaft in der EU hat, forderte dazu auf, „die Visapolitik der Länder des Westbalkans mit dem Rest Europas zu harmonisieren“. Dann könnten Migranten nicht mehr so einfach in den Schengen-Raum kommen.

Entscheidend sei, dass Serbien und die anderen Länder des Westbalkans die Menschen, die illegal in den Schengen-Raum eingereist sind, zurücknehmen. In ihre Herkunftsländer könnten die Migranten nicht geschickt werden, weil dort Krieg herrsche. Wie der Innenminister sagte, kämen 90 Prozent der Menschen ursprünglich aus Syrien. Ihr Ziel sei weder Tschechien noch die Slowakei, sondern in erster Linie Deutschland.

Die Regierungschefs Tschechiens und der Slowakei vereinbarten, dass die Kontrollen an der gemeinsamen Grenze so bald wie möglich beendet werden sollen. Bis dahin solle die Abwicklung vereinfacht und beschleunigt werden. „Wir müssen so schnell wie möglich dazu kommen, dass tschechische und slowakische Bürger wieder die Vorteile der Freizügigkeit genießen können, die der Schengen-Raum bietet“, sagte Heger. Nach offiziellen Angaben hat die tschechische Polizei seit der Einführung der Kontrollen 8.840 illegale Einwanderer und 91 Schleuser festgenommen.

Die slowakische Zeitung Pravda übte indessen Kritik an der unzureichenden Arbeit der eigenen Polizeikräfte beim Schutz der Grenze zu Ungarn. „Niemand behauptet, dass es möglich ist, die gesamte Grenze hermetisch zu schließen. Der übergroße Teil der 655 Kilometer langen Grenze wird jedoch von der Donau gebildet, die kaum zu überqueren ist.“ Zu Fuß lasse sich nur ein Fünf- Kilometer-Abschnitt überwinden. „Wenn der Staat den nicht bewachen kann, müssen wir fragen, um was für einen Staat es sich handelt.“