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„Vielfalt lässt uns weniger anfällig für Stress sein“

Für Starköchin Sarah Wiener sind Saatgut-Tauschbörsen eine Grundlage für gesundes Essen.

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Sarah Wiener ist Köchin, Autorin und Unternehmerin. Mit ihrer Stiftung setzt sie sich für praktische Ernährungsbildung für Kinder ein.
Sarah Wiener ist Köchin, Autorin und Unternehmerin. Mit ihrer Stiftung setzt sie sich für praktische Ernährungsbildung für Kinder ein. © Büro Sarah Wiener

Geschmack, aber auch Herkunft der Nahrungsmittel stehen bei Sarah Wiener an erster Stelle. Warum ihr als Imkerin, Mitbesitzerin des biologischen Landwirtschaftsbetriebs Gut Kerkow in der Uckermark und Gründerin der Sarah Wiener-Stiftung Vielfalt in der Küche am Herzen liegt, sagt sie im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung.

Frau Wiener, wie wichtig sind die von Initiativen organisierten Saatguttauschbörsen für Vielfalt in der Küche?

Sie machen die Vielfalt überhaupt erst möglich. Solche Initiativen sorgen dafür, dass der einzelne alte nachbaufähige Sorten in seinem Garten anpflanzen kann. Es sind leider nur wenige, oft privat engagierte Menschen, die versuchen die Vielfalt des Genpools, also des Erbguts von Kulturpflanzen, zu schützen.

Das sollte doch auch Aufgabe von Agrarunternehmen sein.

Ja, aber global agierende Agrokonzerne wollen Profit machen und verkaufen Hybridsamen, die degenerativ unfruchtbar sind, weil ursprüngliche Erbanlagen nicht an die nächste Pflanzengeneration weitergegeben werden. Die Hybridsamen sind zwar in der ersten Generation oft besonders ertragreich, durch bestimmte gezüchtete Merkmale fallen viele andere Eigenschaften aber durch den Rost, wie Geschmack, Resistenz gegen bestimmte Krankheiten und Vitalstoffe, die gut für unsere Gesundheit sind. In der zweiten Generation sinkt dann auch noch die Ertragsfähigkeit.

Warum aber braucht es möglichst viele Kulturpflanzensorten?

Die biologische Vielfalt ist generell wichtig, für Mikroorganismen im Boden bis hin zu Einkaufsmöglichkeiten. Aus dem Reichtum der Natur schöpfen zu können, das ist wahres Glück und ermöglicht eine lebenswerte Zukunft für künftige Generationen.

Wie lässt sich das fördern?

Tauschen Sie Samen, unterstützen Sie Samenbörsen und den Anbau von alten Sorten. Unterstützen Sie den kleinen Nachbarn statt den global agierenden Großkonzern, der hier keine Steuern zahlt.

Ist regionale Vielfalt denn um jeden Preis lohnenswert?

Auf jeden Fall. Die Vielfalt macht uns weniger anfällig für Stresssituationen. Ob dies nun extremes Wetter ist oder bestimmte topographische Herausforderungen. Alles was sich über Jahrhunderte an die verschiedenen Böden gewöhnt hat, hat auch die Kraft ohne Pestizide und Mineraldünger zu überleben. Wir wollen doch alle gern gesund und lustvoll essen.

Was verarbeiten Sie besonders gern?

Ich bin ein großer Fan von Wildkräutern. Brennnessel sind kulinarisch etwas Herrliches, aber auch Gartenmelde und Franzosenkraut. Am liebsten sind mir in der Küche die alten Sorten wie Mangold und Rote Beete, weil sie so intensiv schmecken. Für eine Köchin sind die Möglichkeiten einer Zubereitung so zahlreich, dass mir manchmal ganz schwindelig wird.

Die Fragen stellte Gabriele Fleischer.