SZ + Görlitz
Merken

Warum eine Schweizerin die Oberlausitz liebt

Stephanie Brade zog nach Sohland und öffnete einen Laden. Das soll aber nur der Anfang sein.

Von Constanze Junghanß
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Deko-Artikel für Haus und Grundstück aus verschiedenen Ländern kann man nun in Reichenbach kaufen. Stephanie Brade will auch als Innenarchitektin in Deutschland Fuß fassen.
Deko-Artikel für Haus und Grundstück aus verschiedenen Ländern kann man nun in Reichenbach kaufen. Stephanie Brade will auch als Innenarchitektin in Deutschland Fuß fassen. © Constanze Junghanß

Die 100 Jahre alte Werkbank hat Stephanie Brade noch schnell aus Niesky besorgt. Ein Hingucker ist das auf alle Fälle. Nun wird darauf nicht mehr geschraubt und gehämmert. Die Werkbank ist umfunktioniert zum Tisch für die Warenpräsentation. Shabby Chic. Möbelknaufe, Kerzenhalter, Kuscheldecken und mehr passen darauf. Alles hübsch Ton-in-Ton angeordnet.

Stephanie Brade eröffnete am Sonnabend ihren Laden am Marktplatz mitten in Reichenbach. Zuvor war da der Otto-Shop drin gewesen. Nach dessen Geschäftsaufgabe stand der Laden lange Zeit leer. Vermieter ist die Bauen- und Wohnen GmbH im Auftrag der Stadt. Die junge Frau hat selbst nach den passenden Räumen gesucht, wurde zuvor in Görlitz nicht fündig. „Zu teuer oder keine ideale Lage“, machte sie die Erfahrung. Ein Objekt, welches ihr in Görlitz angeboten wurde, habe sogar 4.000 Euro Monatsmiete gekostet.

„Cake Interiors“ steht nun als Name vom Geschäft am Schaufenster. In dem kleinen Laden werden Dekorationen aus Indien, handgemachte Seifen, Schmuck aus Kalifornien und Unikat-Möbel aus Holland verkauft. Viele Möbel ausstellen kann Frau Brade aufgrund der geringen Größe des Geschäfts nicht. „Es gibt einen speziellen Katalog bei mir dafür, den sich Interessenten anschauen oder auch ausleihen können“, sagt sie.

Wichtig ist der 34-Jährigen, dass die Waren, die sie anbietet, sozial verträglich und unter guten Bedingungen hergestellt wurden. Da stecke keine Kinderarbeit dahinter, die Holzprodukte seien zertifiziert und aus nachhaltigem Anbau. Ihre Kerzen beispielsweise werden aus Stearin gemacht. „Sie sind damit auf pflanzlicher und nicht auf Mineralölbasis gefertigt“, erklärt die Unternehmerin.

Der Laden als Visitenkarte

Die 34-Jährige studierte in Zürich an der Bautechnischen Berufsschule Innenarchitektur. Sie ist Schweizerin und stammt aus dem Kanton Aargau. Der Laden in Reichenbach soll eine Art „Visitenkarte“ sein für das, was Stephanie Brade bereits beruflich wie in der Schweiz fortführen möchte: Aufträge als Innenarchitektin annehmen. Sie sagt, dass in der Schweiz unter anderem Geldinstitute ihre Kunden waren, Hotels, medizinische Einrichtungen. Warum gibt man da sein Leben in der Schweiz auf, um nach Ostsachsen zu kommen?

Der Trend ist eigentlich genau anders herum: Die Zahl der Deutschen, die in der Schweiz leben, steigt kontinuierlich. Waren das laut dem Statistikportal Statista noch 234.640 Deutsche, sind es zehn Jahre später 306.188 gewesen. Bei Frau Brade war es die Liebe, die sie nach Sohland und damit in den Osten Deutschlands lockte. Ihr Mann ist gebürtiger Sohländer.

Im August dieses Jahres hat die Schweizerin ihre Heimat verlassen und wohnt mit Mann Enrico und den zwei Kindern vorerst in der ehemaligen Grundschule vom Dorf. „Die Wohnung ist nur eine Übergangslösung und nicht für die Ewigkeit gedacht“, erzählt sie. Zusammen mit ihrem Mann hat sie einen Vier-Seiten-Hof in der Rotsteingemeinde gekauft. Der wird aktuell saniert. Die Bauarbeiten sind in vollem Gange. „Wenn die Sanierung fertig ist, ziehen wir dort mit den Schwiegereltern ein“, sagt sie.

Ein Generationenwohnen für die eigene Familie sowie zusätzliche Ferienwohnungen sollen entstehen. Künftig werden dann Gäste dort beherbergt. Der ehemalige Bauernhof biete sich aufgrund seiner Größe dazu an. Der Rotstein ist das älteste Naturschutzgebiet Sachsens. Die Region sei ein wunderbares Urlaubsziel. „Wir waren vor unserem Umzug oft hier zu Besuch, die Menschen sind offen, nett und locker“, sagt die Unternehmerin.

Trotzdem sei der Umzugsgedanke erst nach reiflicher Überlegung umgesetzt worden. Die Vorteile hätten letztendlich überwogen: „Mein Mann stammt aus Sohland, seine Eltern und damit Oma und Opa der Kinder leben im Dorf“, sagt Stephanie Brade. Kennen lernten sich die beiden in der Schweiz. Enrico Brade arbeitete 15 Jahre im Alpenland in der KfZ-Branche, machte sich später als Autohändler selbstständig. Er pendelt nun, will sein Unternehmen in der Schweiz vorerst weiter führen.

Auch seine Frau bleibt mit ihrer Heimat beruflich verknüpft – dank Computer und Internet ist das möglich. Dazu kommt: Ihr künftiges Einzugsgebiet als Innenarchitektin sieht Stephanie Brade über die Landkreisgrenzen hinweg. Dresden und Berlin seien durch die Nähe zur Autobahn schnell erreichbar.

Mehr Nachrichten aus Görlitz und Umland lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Niesky und Umland lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Löbau und Umland lesen Sie hier.