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Was Nachbarskinder dürfen - und was nicht

Im Garten spielende Kinder können Nachbarn gehörig auf die Nerven gehen. Vier typische Streitthemen:

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Beim Spielen im Garten fliegt schnell mal ein Ball aufs angrenzende Grundstück. Nachbarn müssen das hinnehmen.
Beim Spielen im Garten fliegt schnell mal ein Ball aufs angrenzende Grundstück. Nachbarn müssen das hinnehmen. © Christin Klose/dpa

Von Sabine Meuter

Berlin/München. Wenn Kinder im Garten spielen und toben, geht es nicht immer leise zu. Aber auch Bälle, die über den Zaun fliegen, oder kahlgepflückte Büsche sind für manche Nachbarn ein rotes Tuch. Das kann sogar vor Gericht enden. Ein Überblick, was bei vier typischen Streitfällen gilt.

1. Wie laut dürfen Kinder sein?

Nachbarn müssen von Kindern ausgehenden Lärm in erhöhtem Maße dulden. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass Geräusche von Kindern kein Lärm im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes sind.

"In welchem Maße genau der Lärm zu dulden ist, hängt vom Einzelfall ab", erklärt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland mit Sitz in Berlin. Kriterien sind Alter und Reife des Kindes sowie die Spielmöglichkeiten des Kindes in der näheren Umgebung.

"Wenn es bei einem Nachbarstreit hart auf hart kommt, muss ein Sachverständiger eine Lärmmessung vornehmen", sagt Ludwig Scherzler, Münchner Anwalt für Nachbarschaftsrecht. Ein kostengünstigerer Weg: Nachbarn können sich mit einer Schiedsperson an einen Tisch setzen und miteinander reden.

2. Dürfen Kinder das Obst aus Nachbars Garten pflücken?

Das ist grundsätzlich verboten. "Diese Aussage ist auch dann gültig, wenn die Äste des Baumes über den Gartenzaun reichen", sagt Wagner. Wer von Nachbars Baum pflückt, begeht formal einen Diebstahl. Anders sieht es aus, wenn das Obst aufs eigene Grundstück fällt. "Diese Früchte dürfen aufgesammelt und verzehrt werden", erklärt Scherzler.

Selbst wenn die jüngsten Familienmitglieder etwas Unerlaubtes tun: Der Grundsatz "Eltern haften für ihre Kinder" gilt nur eingeschränkt. "Eltern haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben", stellt Scherzler klar. Je älter und verständiger die Kinder sind, desto weniger müssen sie überwacht werden. Im eigenen Garten müssen Eltern selbst Kindergartenkinder nicht ununterbrochen beaufsichtigen.

Wer noch nicht 7 Jahre alt ist, ist zudem nicht deliktsfähig. Gegen ihn könnte also gar nicht vorgegangen werden. Kinder zwischen 7 und 18 Jahren sind bedingt deliktsfähig und können nur dann haftbar gemacht werden, wenn sie die Einsicht haben, ein Fehlverhalten begangen zu haben.

"Nichtsdestotrotz sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder nicht die Äpfel vom Baum des Nachbarn pflücken", rät Wagner. Falls es doch einmal geschieht, empfiehlt sie Eltern, ein Zeichen für den nachbarlichen Frieden zu setzen und Ersatz anzubieten.

3. Was ist mit Pflanzen, die durch Nachbarskinder zerstört werden?

"Im Prinzip ist das Sachbeschädigung", sagt Scherzler. Schwierig sei jedoch, zu beweisen, wer die Übeltäter waren. "Der Nachweis gelingt eigentlich nur, wenn die Kinder auf frischer Tat ertappt werden", so Scherzler. Dann können die Nachbarn Schadenersatz fordern.

Allerdings gilt hier das Gleiche wie bei gepflücktem Obst: Kinder und ihre Eltern haften nicht in jedem Fall. Um für alle Fälle und vor allem bei höheren Schäden geschützt zu sein, können Eltern eine eigene Haftpflichtversicherung für die Kinder abschließen. "Für Kinder unter sieben Jahren greift die Haftpflichtversicherung in der Regel nicht", erklärt Wagner.

4. Was, wenn ständig Bälle oder anderes Spielzeug über den Zaun fliegen?

Fliegt ab und an ein Ball über den Gartenzaun, muss der Nachbar dies dulden. Ebenso muss er hinnehmen, dass der Ball zurückgeholt wird - er muss dafür aber seine Erlaubnis geben. "Einfach so auf das Nachbargrundstück zu gehen, könnte unter Umständen sogar Hausfriedensbruch darstellen", erklärt Wagner.

Fliegt immer wieder Spielzeug in den Garten nebenan, muss der Nachbar dies jedoch nicht ohne weiteres hinnehmen. "Der Nachbar ist zwar verpflichtet, das Spielzeug herauszurücken, er muss es aber nicht zwingend sofort tun", erklärt Scherzler. Unter Umständen kann der Nachbar sogar verlangen, dass ein Fangnetz gespannt wird. "Wann diese Grenze erreicht ist, ist jedoch mangels ausreichender Rechtsprechung nicht geklärt", sagt Wagner. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.

Rechtlicher Rahmen hin oder her: "Im Idealfall setzen sich Nachbarn an einen Tisch und loten gemeinsam eine Lösung aus", empfiehlt Bodo Winter vom Bundesvorstand des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS). Sind beide Seiten völlig zerstritten, kann ein Dritter helfen, etwa eine Schiedsperson. (dpa)