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Eine (fast) normale Wanderung

Sachsens Innenminister Roland Wöller und Florian Oest waren im Kromlauer Park. Was wie Ausflug schien, war Arbeit.

Von Sabine Larbig
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Sachsens Innenminister Roland Wöller und Florian Oest waren im Kromlauer Park. Was wie Ausflug schien, war Arbeit.
Sachsens Innenminister Roland Wöller und Florian Oest waren im Kromlauer Park. Was wie Ausflug schien, war Arbeit. © Sabine Larbig

Es ist ruhig in Gablenz. So wie meist an einem Sonnabendmittag. Nur wenige Autos fahren durch die Straßen. Einige Einwohner sind in ihren Vorgärten geschäftig, achten kaum darauf, was herum passiert.

So auch in der Schulstraße. Dort, vor Bartles Hof, steht zwar ein Wahlwerbestand der CDU. Wirkliche Beachtung findet er aber nicht. Nur ein paar neugierige Blicke zieht er auf sich. Das erstaunte selbst die Wahlkampfcrew, die da bereits von Gegendemonstrationen am Sonntag in Oybin weiß. Da wandert der kreisliche CDU-Direktkandidat Florian Oest mit dem sächsischen Landesvater Michael Kretschmer. In Gablenz, dem Heimatort von AfD-Bundestagsmitglied Tino Chrupalla, der erneut für seine Partei als Direktkandidat in den Bundestag einziehen will, herrscht dagegen „Wahlfrieden“.

Wahlkampf in AfD-Hochburg

Den Sprung ins Bundesparlament will auch Florian Oest schaffen, weshalb er Sonnabend zur öffentlichen politischen Wanderung von Gablenz durch den Kromlauer Park und zurück lud. Eingefunden hatten sich rund 30 Teilnehmer von Nieder Neundorf bis Schleife. Unter ihnen Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) samt Sohn. Wöller, dessen persönlicher Referent der Görlitzer Oest einmal war, lobt den Jungpolitiker als einen, „der die Region voranbringen und sie als Stimme in Berlin vertreten“ wolle. Das sei wichtig, so der Wahlkampfhelfer und politische Ziehväter des Kandidaten. „Wir haben als Land Sachsen nichts zu verschenken. Weder in Berlin noch in der Region“, erklärt Wöller in seiner kurzen Begrüßungsrede, bevor sich der Tross durch Gablenz in Richtung Kromlauer Park bewegt und der Wahlwerbestand noch etwas an Bartels Hof stehen bleibt.

Beim Wandern diskutieren Parteimitglieder und Sympathisanten viel. Vor allem über den Strukturwandel und wie er zu schaffen ist. Oest verdeutlicht dabei, dass es einen Kohleausstieg vor 2038 mit ihm nicht geben werde. „Wir brauchen die Zeit ebenso wie kluge Ideen und Maßnahmen für die Region und die Absicherung der künftigen energetischen Grundlastversorgung der Bundesrepublik“, begründet der Bundestagskandidat. Und er gibt sich überzeugt, dass eine Schnellbahn-Verbindung von Berlin über Weißwasser nach Görlitz „einen Schub“ bringt. Dass erfolgreiche politische Arbeit auch Netzwerke und Macher braucht. Und regionale Wirtschaft eine direkte Strukturwandel-Förderung. „Es erschließt sich mir nicht, weshalb Wirtschaftsförderung für Unternehmen aus Strukturwandelgeldern aus beihilferechtlichen Gründen nicht möglich sein soll“, so Oest. Hier brauche es dringend Nachverhandlungen mit Brüssel. „Abgesehen davon sind Auslegungen möglich und selbst Förderungen unter aktuellen Bedingungen“, sagt der CDU-Kandidat und nennt als Beispiel machbare Forschungsprojekte in Unternehmen. Es sei möglich, beispielsweise in einem Unternehmen in Weißwasser ein Projekt „Baustoffrecycling“ anzusiedeln und so Wissenschaft und Unternehmen direkt, praktisch und zum gegenseitigen Vorteil kooperieren zu lassen. „Solche Möglichkeiten sind noch nicht ausgeschöpft, und oftmals fehlt es dafür leider auch an der Zusammenarbeit von Kommunen und Unternehmen“, sagt Florian Oest.

Kromlauer Park braucht Dauerhilfe

Im Kromlauer Park an der Rakotzbrücke erfahren Wanderer, Wöller und Oest von Tourist-Informations-Mitarbeiter Dirk Thorausch, was dort in der Vergangenheit mit Fördermitteln von Bund und Land saniert und aufgebaut werden konnte. „Allein für das Rakotz-Ensemble mit Bogenbrücke, Grotte, Stelengruppen und Seeabdichtung flossen zuletzt rund 4,2 Millionen Euro in die Sanierung“, erzählt Thorausch. Hinzu kämen Gelder für den Wegebau rund um den Rakotz, für die schon erfolgten Sanierungen von Schloss und Kavalierhaus oder die bevorstehende Wiederherstellung des Schlossgrabens sowie eine Erweiterung des Park-Parkplatzes. Die Finanzhilfe freue die Gemeinde. „Aber wir haben ebenfalls die Sondersituation, als kleine Gemeinde allein den Park-Erhalt finanzieren zu müssen“, unterstreicht der Gablenzer Gemeinderat. Nehme man nur die Verkehrssicherungspflicht im Park, so belaste sie den kommunalen Haushalt jährlich mit 150.000 bis 300.000 Euro. Was Thorausch nicht erwähnte, ist die Tatsache, dass die Gemeinde Gablenz für den Park-Erhalt jährlich Gesamtausgaben von bis zu 700.000 Euro hat. Dafür bekennt der Ratsmann: „Gärtner anzustellen ist uns gar nicht möglich. Und generell muss es mal eine finanzielle Lösung für den Park geben.“

Bei Ex-Kultus- und Innenminister Roland Wöller und Florian Oest treffen die Worte auf Verständnis. Konkrete Zusagen können sie aber nicht machen. Doch Oest unterstreicht, dass „eine Durchfinanzierung des Parkes“ nötig sei und man „die Kommune nicht alleine lassen“ dürfe. „Es geht ja um ihre Weiterentwicklung“, begründet Oest. Einen ersten machbaren Schritt sieht er in der stärkeren Nutzung des Parks durch das „Lausitz Festival“ und andere überregional relevante kulturelle Veranstaltungen. „Wenn zum Beispiel das Gerhart-Hauptmann-Theater regelmäßig hier spielt, profitieren Park, Besucher und Theater“, gibt sich Oest zuversichtlich. Und er fordert, auch mit Blick auf Kromlau, für den Kreis Görlitz eine deutschlandweite Marketingoffensive „mit schönen Bildern von Oybin bis Rakotzbrücke und Muskauer Schloss“. Immerhin sei Tourismus ein wichtiges Wirtschaftsstandbein. Auch unter dem Aspekt Strukturwandel. Noch dazu, wo der Kreis sich im Vergleich nicht verstecken müsse. Um das deutschlandweit bekannt zu machen, brauche es aber mehr Kraft in der Vermarktung.

Werbekampagne für Lausitzer Revier

„Eine überregionale Kampagne bekommen wir als Kreis nicht hin, und das ist auch eine Aufgabe des Landes“, meint Florian Oest, der ebenfalls auf Notwendigkeit und Unterstützung zur besseren wirtschaftlichen Nutzung und Vermarktung der Muskauer Sole verweist.

Während der Kandidat Wahlkampf-Arbeit macht, bleibt es für den Minister, der kaum angesprochen – aber von Touristen im Park erkannt und fotografiert – wird, ein (fast) normaler Wandertag mit Sohn. Zum Abschluss gibt’s Grillwurst. Im Wald-eisenbahn-Bahnhof Kromlau vom dort ansässigen Jugendklub-Team, bevor die Gruppe zurückläuft, der Minister heimfährt und Oest einen Abendtermin hat.

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