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Warum die Grüne Liga klagt

Es geht um Akteneinsicht zum Tagebau Nochten beim Oberbergamt, um Grundwasser und den Eintrag von Eisen und Sulfat ins Spreewasser.

Von Andreas Kirschke
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Das Luftbild zeigt gut, wie riesig der Tagebau Nochten ist. Die Absenkung des Grundwassers für ihn hat Folgen. Dagegen wird aus Sicht der Grünen Liga zu wenig getan.
Das Luftbild zeigt gut, wie riesig der Tagebau Nochten ist. Die Absenkung des Grundwassers für ihn hat Folgen. Dagegen wird aus Sicht der Grünen Liga zu wenig getan. ©  Wolfgang Wittchen (Archiv)

Das bundesweite Umweltnetzwerk Grüne Liga hat beim Verwaltungsgericht Chemnitz eine Klage wegen Informations-freiheit und Untätigkeit gegen das Sächsische Oberbergamt eingereicht. Hintergrund ist ein nicht beantworteter Antrag auf Akteneinsicht zum Tagebau Nochten. Dabei ging es um die Genehmigungsbescheide zum aktuellen Hauptbetriebsplan Tagebau Nochten, um Sonderbetriebspläne und Zulassungsbescheide, die sich auf die Entnahme von Grundwasser und die Einleitung in Naturschutzgebiete beziehen.

Ebenso geht es um Verträglichkeitsuntersuchungen zu sämtlichen FFH-Schutzgebieten, um betreffende Vorprüfungen sowie um eine Auflistung aller aktuell gültigen Erlaubnisse, Zulassungen und Genehmigungen zum Tagebau Nochten. Darüber hinaus sollten alle vorliegenden Kartierungen, Untersuchungen und Begutachtungen von Auswirkungen der Weiterführung des Tagebaus und der damit einhergehenden Folgen mit Blick auf den Natur- und Artenschutz aufgelistet werden.

Mauert das Oberbergamt?

„Die Behörde hat die am 3. Mai 2021 beantragte Akteneinsicht zu Folgen des Tagebaus Nochten auf Grundwasser und Schutzgebiete bis heute nicht ermöglicht,“ erläutert René Schuster, Vorsitzender der Grünen Liga. Die Umweltschützer wollen detailliert Einsicht nehmen. Es geht vor allem um Fragen der Absenkung des Grundwassers, um den Sulfat- und Eisen-Eintrag in die Spree und um mögliche Schutzmaßnahmen. Der von der Grünen Liga beauftragte Berliner Rechtsanwalt Philipp Schulte verweist auf die Rechtslage. Laut Gesetz, so seine Einschätzung, habe das Amt zwei Monate Zeit für einen Bescheid zum Antrag. „Es entsteht der Eindruck, das Oberbergamt möchte zum Braunkohlentagebau Nochten unbedingt etwas verbergen. Dem werden wir in jedem Fall weiter nachgehen“, meint René Schuster.

Das Oberbergamt weist den Vorwurf der Untätigkeit zurück. Nach dem Ersuchen der Grünen Liga hat das Amt die Leag als betroffenes Bergbau-Unternehmen angehört. „Das Verfahren ist noch nicht abge-schlossen. Über das Auskunftsersuchen wurde noch nicht abschließend entschieden“, sagt Oberberghauptmann Professor Bernhard Cramer vom Sächsischen Oberbergamt und versichert: „Die abschließende Prüfung und Entscheidung wird in Kürze erfolgen. Der Vorwurf der Untätigkeit ist unberechtigt. “ Das Sächsische Umwelt-Informations-Gesetz verlange eine sorgfältige Prüfung.

Grüne Liga fordert Dichtwand

Der Tagebau Nochten ist nach Ansicht der Grünen Liga für 40 Prozent der Sulfat-Belastung der Spree verantwortlich. „Außerdem wird der Tagebau nach der Kohlegewinnung voraussichtlich über Jahrzehnte einen ähnlich hohen Eiseneintrag in die Spree verursachen, wie es jetzt die benach-barten Tagebaue Lohsa 2 und Burghammer tun“, sagt René Schuster. „Gegenmaßnahmen sind bisher nicht festgelegt, obwohl es nahe liegt, eine Dichtwand zu bauen, wie sie westlicher der Spree inzwischen beschlossen ist.“ Nicht zuletzt, so die Grüne Liga, reicht die Absenkung des Grundwassers durch den Tagebau bis nach Branden-burg hinein. Eine Dichtwand nach Norden sei dringend notwendig.Der Sulfat-Austrag, so erläutert René Schuster, wird am nachhaltigsten durch die Begrenzung der Grundwasserabsenkung verringert – also entweder durch die Verkleinerung des Abbaugebietes oder durch eine Dichtwand oder beides. So verwittert von Anfang an weniger Pyrit, und weniger gelöstes Sulfat muss behandelt werden. „Alle anderen Maßnahmen sind letztlich nur Notlösungen, aber nur diese Notlösungen finden bisher statt“, kritisiert der Vorsitzende der Grünen Liga. Er hofft, dass die Untätigkeits-Klage Erfolg hat. Er hofft auf Einsicht in die beantragten Unterlagen.

Oberberghauptmann Bernhard Cramer widerspricht. Der Tagebau Nochten, so erläutert er, habe langfristige Auswirkungen auf die Ortschaften und die Landschaft. Die Entwässerung des Tagebaus führt zur Absenkung des Grundwasserspiegels im Umfeld des Tagebaus, der auch die Ortschaft Schleife umfasst. „Das gehobene sogenannte Sümpfungswasser wird in Grubenwasser-Behandlungsanlagen behandelt und in die Vorflut eingeleitet, aber auch zur Stützung wasserabhängiger Systeme und Biotope genutzt“, erläutert er. „Nach der Beendigung des Braunkohlenbergbaus werden die Sümpfungsmaßnahmen sukzessive eingestellt, so dass sich die vorbergbaulichen Grundwasserstände wieder einstellen. Die Folgen der Grundwasserabsenkung werden im Einzelnen im Rahmen der Zulassungsverfahren ermittelt. Senkungen und Hebungen treten im Lausitzer Revier aus geologischen Gründen kaum auf, hingegen kann es geochemische Veränderungen des Grundwassers durch den Zutritt von Bodenluft zu natürlich vorhandenen Eisenmineralen im Untergrund geben.“

Das wird bereits getan:

Der Sulfat-Eintrag in die Spree, so Bernhard Cramer, kommt aus verschiedenen Quellen des aktiven und stillgelegten Bergbaus. Die Minderung der Sulfatbelastung geschehe derzeit hauptsächlich über eine Wassermengen-Steuerung durch die „Flutungszentrale Lausitz“ der LMBV. Ihre Aufgabe ist es, mittels einer gesteuerten Wassermengen-Bewirtschaftung die Sulfatkonzentration in der Spree durch Verdünnung zu begrenzen. „Im Rahmen der Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung hat das Sächsische Oberbergamt dabei auch die Vereinbarkeit des Tagebaubetriebes mit den wasserrechtlichen Bewirtschaftungszielen zu prüfen.“ Wichtig, so betont er, seien ein umfangreiches Monitoring für Oberflächenwasser und Grundwasser, aber auch Ausgleichsmaßnahmen, um die Auswirkungen der Sümpfungsmaßnahmen im Hinblick auf die chemische Belastung so gering wie möglich zu halten.

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