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Werden die Einkaufsausflüge jetzt nachgeholt?

Bekleidungs- und Schuhgeschäfte in Weißwassser und im Kreis profitieren von der Lockerung. Aber es bleibt ein sorgenvoller Blick.

Von Matthias Klaus & Marcel Pochanke
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Tobias Hemmo verkaufte in seinem Geschäft in Weißwasser im Juli etwa so viele Schuhe und Lederwaren wie sonst um diese Zeit. Er hofft, dass dies nicht nur ein kurzes Aufflackern der Kauflaune war.
Tobias Hemmo verkaufte in seinem Geschäft in Weißwasser im Juli etwa so viele Schuhe und Lederwaren wie sonst um diese Zeit. Er hofft, dass dies nicht nur ein kurzes Aufflackern der Kauflaune war. © Jens Trenkler

Toi, toi, toi“, sagt Tobias Hemmo, Inhaber von Schuhe und Lederwaren Hemmo in Weißwassers Bahnhofstraße. Nach der langen Corona-Schließung seien die Umsätze langsam wieder auf dem Niveau des Vorjahres. Zumindest im Juli, „August müssen wir sehen“, sagt Hemmo mit Blick auf Urlaubszeit und warme Tage, welche die Menschen lieber am See statt in Läden verbringen. Auch wenn es langsam in die richtige Richtung gehe, „die Umsatzverluste der vergangenen Monate holt man nicht mehr auf“, sagt der Unternehmer. Vorsichtiger Optmismus herrscht also beim Handel in der Region.

Auch Kathrin Horschig ist zufrieden. Die Freiheiten, keine Maske, keine Begrenzung der Personenzahl, sie kommen der Leiser-Filiale am Postplatz Görlitz zugute. „Es ist ein himmelweiter Unterschied“, sagt die Leiterin des Schuhhauses. Und dass, so ihre Beobachtung, wo doch jetzt doch noch weniger Touristen in der Stadt sind. Es seien vor allem die Görlitzer und die Kunden aus Polen, die jetzt ins Geschäft kommen. „Wir haben aber auch Ware zu reduzierten Preisen“, so Horschig.

Damit bestätigt sie einen Trend, den das Statistische Bundesamt verkündet hat. Wegen der Lockerungen der Corona-Beschränkungen kaufen die Leute mehr im lokalen Einzelhandel, der Umsatz steigt. Um 1,6 Prozent lagen, bundesweit gesehen, demnach die Zahlen im ersten Halbjahr 2021 über denen des Vorjahreszeitraums.

Wie sehen andere Händler das? Christian Albrecht ist Manager des Neißeparkes im Görlitzer Norden. Das frühere Marktkaufcenter in Görlitz gilt als Einkaufsmarkt für rund 280.000 Menschen, ist 23.500 Quadratmeter groß. Das Geschäft mit Lebensmitteln hatte in der Vergangenheit kaum Einschränkungen, schätzt Albrecht ein. „Schuhe, Bekleidung, das läuft jetzt sehr gut.“ Vor allem Kunden, die nicht unbedingt über das Internet bestellen möchten oder können, haben Nachholbedarf. Wie sich der Einkaufstrend in der Zukunft entwickeln wird, das bleibe abzuwarten, so Albrecht. „In Dresden und Leipzig gab es schon wieder Maskenpflicht“, sagt er. Tatsächlich ist der Umsatz mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren im Juni gegenüber dem Vormonat in Deutschland stark angestiegen, um 70,5 Prozent. Er lag, so das Statistische Bundesamt, damit erstmals wieder über dem Vorkrisenniveau vom Februar 2020. Allerdings gab es in der Halbjahresbilanz noch ein Umsatzminus von über 26 Prozent. „Die Frage ist doch: Von welcher Basis gehe ich bei den Berechnungen aus?“, fragt Christian Rauer.

Er ist Chef des gleichnamigen Modehauses mit 16 Filialen mit Stammsitz Bautzen und Geschäften auch in Hoyerswerda, Spremberg und Görlitz. Sechs Monate kein Umsatz, jetzt läuft es wieder, natürlich steigen die Zahlen, sagt er. „Nach dem ersten Lockdown 2020 hatten wir einen Umsatzverlust zu 2019 von 50 Prozent. Ende des Sommers ging es wieder langsam aufwärts. Aber wenn ich als Vorlage nehme, was ich vorher an minus gemacht habe, dann lande ich heute natürlich im plus“, sagt er. Eines seiner Ärgernisse: Während seine Geschäfte schließen mussten, durfte der Lebensmittelhandel Textilien verkaufen.

Peter Silbe in seinem Zweiradschuppen.
Peter Silbe in seinem Zweiradschuppen. © André Schulze

Peter Silbe ist der Chef des Zweiradschuppens in Niesky. Er kann sich über Kundenmangel eher weniger beklagen. „Wenn wir Ware bekommen würden, würde es uns richtig gut gehen“, sagt er. Das Problem zieht sich nun schon seit Jahren durch die Branche. Ersatzteile, ganze Fahrräder sind tatsächlich Mangelware. China, die USA kaufen den Markt mehr oder weniger leer. „Ein Problem der Hersteller“, sagt Silbe. Gerade für die derzeit so angesagten E-Bikes fehle es an Ersatzteilen. „Das ist ein Problem, das uns noch die kommenden Jahre begleiten wird“, vermutet er.

Wie unterschiedlich es in den Branchen derzeit aussieht, davon kann auch Frank Reimann ein Lied singen. Er ist zum einen Chef einer Eventagentur, zum anderen Inhaber eines Musikfachgeschäftes auf der Hospitalstraße in Görlitz. Und: Er ist im Vorstand der Innenstadt-Händlervereinigung Aktionsring. „Der Kundenzuspruch ist sehr branchenabhängig“, sagt er. Schuhe, Bekleidung, so hat er es von den Aktionsring-Mitgliedern erfahren, laufen derzeit gut. Schwierig sei es bei seinem Musikfachgeschäft. „Musiker durften nicht auftreten. Wer braucht denn dann Ersatzteile für die Instrumente?“, fragt er. Besser laufe es mit der Agentur. „Wir bekommen mehr Aufträge rein. Generell sind wir ja breit aufgestellt.“

Schuhhauschefin Kathrin Horschig hat derweil den direkten Vergleich zwischen Görlitz und Dresden. Dort leitet sie ebenfalls eine Leiser-Filiale. In Görlitz kommen die Kunden ohne Maske, in Dresden mit. Die Maske an sich empfindet sie dabei nicht als Einkaufshindernis. „Die Kunden haben sich ja mehr oder weniger daran gewöhnt“, sagt Horschig. Schwieriger werde es bei weiteren Einschränkungen, etwa, wenn die Kunden ihre Kontaktdaten hinterlassen müssen.

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