Weißwasser
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Warum Radfahren anderen helfen kann

Willy Klein aus Bad Muskau erkundet per Drahtesel die Welt, lernt Kulturen und Menschen kennen und bringt sie durch sein Hobby einander näher.

Von Sabine Larbig
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Kürzlich gab es auch kleine Präsente für die Mitarbeiter vom Kiez in Weißwasser. Möglich machten es Radfahrer und Weltenbummler Willy Klein aus Bad Muskau, der Einnahmen aus einem Vortrag spendete, und eine von dm-Mitarbeiterin Janette Baer überbrac
Kürzlich gab es auch kleine Präsente für die Mitarbeiter vom Kiez in Weißwasser. Möglich machten es Radfahrer und Weltenbummler Willy Klein aus Bad Muskau, der Einnahmen aus einem Vortrag spendete, und eine von dm-Mitarbeiterin Janette Baer überbrac © Joachim Rehle

Mit seinen knapp 30 Jahren hat der Bad Muskauer Willy Klein schon viel von der Welt gesehen. Oft blieb er gleich einige Monate oder gar ein Jahr in einem seiner erwählten Fernreiseziele. Um die Traumtouren zu finanzieren, lebt er zu Hause spartanisch. So spart er sich nötiges Flug- und Taschengeld an, während er in den Ländern vor Ort sein Leben als Backpacker oder mit arbeiten und reisen, dem sogenannten Work & Travel, finanziert. Was der studierte Touristiker auf seinen Touren immer dabei hat, sind Fahrrad und Zelt. Denn Willy Klein erkundet die Welt vor allem auf dem Drahtesel, der für ihn mehr als ein Fortbewegungsmittel ist. Radeln ist, wie das Reisen, seine Leidenschaft.

Als Pedalritter hat er bereits Australien, Neuseeland, Südafrika, Kanada, Weißrussland und Europa erkundet. Im Juni startet er zur nächsten Tour, die ihn von Kanada nach Argentinien und quer durchs Land führt. „Zuerst muss ich nach Kanada fliegen, weil dort, an der Grenze zu Amerika, seit fast drei Jahren mein Fahrrad bei Freunden auf mich wartet.“ Grund dafür war die Corona-Pandemie, durch die Willy 2020 seine letzte Tour an der kanadisch-amerikanischen Grenze abbrechen und heimfliegen musste. Und weil die pandemiebedingten weltweiten Einschränkungen bis vor Kurzem keine Urlaubs- und Individualreisen zuließen, kann er erst jetzt sein Rad holen und eine neue, insgesamt 20.000 Kilometer lange, Tour starten.

Gaben für Flüchtlinge und Helfer

Weil der Bad Muskauer auch Reiseblogger ist und öffentliche Vorträge über seine Radreisen hält, gab es kürzlich einen Vortrag von seiner Kanada-Tour in der Telux in Weißwasser. Normalerweise finanziert sich der Extremradler und Reiselustige so seine Leidenschaft und das Fernweh. Diesmal aber spendete er die Einnahmen aus dem Vortrag für die im Kiez Weißwasser untergebrachten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Und für deren Betreuer und Helfer. Für Willy Klein war dies ein Herzensanliegen. „Ich habe sowas schon mal nach der Tour durch Weißrussland gemacht. Ursprünglich wollte ich damit eine von Jugendlichen betriebene offene Fahrradwerkstatt unterstützen. Doch dann kamen die kriegerischen Konflikte, eine Art Bürgerkrieg, auf und ich spendete das Geld für die Widerstandsbewegung.“

Nun gibt der Bad Muskauer erneut Geld. 450 Euro spendet er an Geflüchtete aus der Ukraine. Die gibt es inzwischen in allen Städten und Gemeinden rund um Weißwasser. Willy Klein unterstützt aber die 330 Flüchtlinge in der sächsischen Erstaufnahmeeinrichtung im Kinder- und Erholungszentrum (Kiez) am Braunsteich und dortige Helfer. Denn seit Wochen kümmern sich da Dutzende Mitarbeiter, Ehrenamtliche sowie Malteser um die Belange geflüchteter Frauen, Kinder und älterer Menschen. Daher, erzählt Willy, sei die Idee aufgekommen, den Betreuern und Helfern ebenfalls Dank zu sagen. Auf der Suche nach Unterstützern für die Idee entstand über das Soziokulturelle Zentrum Telux der Kontakt zur dm-Filiale in Weißwasser, deren Leitung sofort offen für das Vorhaben war. So kamen insgesamt 500 Spenden-Euro – aufgeteilt in 10-Euro-Gutscheine – zusammen, „um möglichst viele Flüchtlinge bedenken und ihnen den einen oder anderen individuellen Wunsch erfüllen zu können“, begründet dm-Mitarbeiterin Janette Baer. „Und weil wir wissen, dass die Helfer enorm viel leisten, packten wir für sie zusätzlich Dankeschön-Präsente.“

In dieser Woche wurden Gutscheine und Geschenke in einer Überraschungsaktion übergeben. „Das ist eine tolle Aktion und es ist prima, dass auch die Helfer bedacht werden, die hier rund um die Uhr im Einsatz sind, oft sogar Urlaub nehmen und an Wochenenden ihre Familie alleine zu Hause lassen, um Flüchtlinge ehrenamtlich zu unterstützen. Selbst die Mitarbeiter, vom Reinigungs- über das Küchenpersonal bis zum Hausmeister, zählen längst nicht mehr die Überstunden und die zusätzlichen Aufgaben, die sie täglich durch Unterbringung und Vollverpflegung der Flüchtlinge rund um die Uhr stemmen müssen“, erzählt Kiez-Mitarbeiterin Katja Keller. Die junge Mutter weiß, wovon sie redet. Normalerweise ist sie fürs Buchungsmanagement zuständig, plant und koordiniert Ferienlager, individuelle Aufenthalte, Gruppenreisen inklusive Sonderwünschen wie Grillabende, Kegeln, Ausflüge. Seit Anfang März ist ihre Arbeit nur noch „Nebenjob“.

Wie alle Kollegen und die vor Ort eingesetzten 12 Malteser, die inzwischen dem Kiez-Personal die Spendenausgabe, Organisation von Fahrdiensten, Arztterminen und Absicherung der Nachtschichten abnahmen, hilft Katja Keller überall mit. Das reicht vom Sortieren der Sachspenden über die Ausgabe von Babynahrung oder Spielzeug, die Beantwortung hunderter Alltagsfragen – beispielsweise wie Waschmaschinen funktionieren oder ob Grillen möglich ist – bis zur Organisation von Abläufen und Aufgaben. Sogar das Werben für Spenden von Schulutensilien für die Kinder, die online mit ihren ukrainischen Lehrern weiter lernen, gehört dazu.

Spendenbereitschaft weiter hoch

Apropos Spenden. Neben Schreibblöcken, Stiften & Co. ist die Nachfrage nach „schwarzem Tee, Süßigkeiten, Reisetaschen, Koffern“ groß. Gefragt sind auch Kosmetik oder Haarfärbemittel. Ansonsten, sagt Katja Keller, sei man dank der weiterhin enormen Spendenbereitschaft der Bevölkerung sehr gut ausgestattet. „Inzwischen rufen die Bürger sogar gezielt an, um zu erfahren, was benötigt wird.“ Nur um die Vorbereitung der Sommersaison, die am 1. Mai im Kiez beginnt und wo schon jetzt allein für die Ferienlager-Angebote 431 Teilnehmer gemeldet sind, macht sich Katja Keller einige Sorgen. „Wir sind für die Saison schon gut ausgebucht und ich hoffe, alles kann wie geplant stattfinden“, sagt sie mit Blick auf das noch voll belegte Kiez, den anhaltenden Krieg in der Ukraine und damit weitere Flüchtlinge.

Willy Klein indes plant seine neue Tour und eine weitere Spendenaktion für und in Cottbus, wo er am 19. Mai einen Vortrag in einem Jugendklub hält und die Einnahmen daraus ans Ukraine-Netzwerk gehen.

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