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Macron sieht bei Krawallen Eltern und Soziale Medien in Verantwortung

Frankreich wird heftigen Unruhen erschüttert. Einige hatten erwartet, dass Macron den Notstand ausrufen wird - doch er entschied sich zunächst anders. Wird nun auch der Besuch in Deutschland abgesagt?

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Nach der dritten Nacht mit Unruhen in ganz Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron explizit die Eltern im Land angesprochen.
Nach der dritten Nacht mit Unruhen in ganz Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron explizit die Eltern im Land angesprochen. © Yves Herman/Pool Reuters/AP/dpa

Paris. Nach der dritten Nacht mit Unruhen in ganz Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron explizit die Eltern im Land angesprochen. Ein Drittel der in der vergangenen Nacht Festgenommenen seien sehr jung, sagte Macron am Freitag nach einem interministeriellen Krisentreffen in Paris. "Und ich appelliere an das Verantwortungsbewusstsein der Mütter und Väter. Die Republik ist nicht dazu berufen, an ihre Stelle zu treten", so der Präsident.

Beobachter hatten vermutet, dass Macron nach dem Krisentreffen den nationalen Notstand verhängen könnte. Premierministerin Élisabeth Borne hatte zuvor angekündigt, "alle Hypothesen" zu prüfen, um schnell wieder zur "republikanischen Ordnung" zurückzukehren - auch die Ausrufung des landesweiten Notstands hatte sie nicht ausgeschlossen. Die französische Regierung entschied sich zunächst jedoch dafür, dass das Innenministerium "zusätzliche Mittel" einsetzen solle. Was das konkret bedeutet, blieb zunächst unklar.

Der Staatspräsident machte auch die sozialen Netzwerke für die Gewalteskalation der vergangenen Tage verantwortlich. Dort seien gewalttätige Versammlungen organisiert worden. Außerdem habe er das Gefühl, dass einige Jugendliche auf der Straße Videospiele nachahmten. Macron kündigte an, dass die Behörden gegen Menschen vorgehen werden, die über die sozialen Netzwerke zu Krawallen aufrufen.

Feuerwehrleute löschen ein brennendes Auto am Rande von Ausschreitungen in Nanterre.
Feuerwehrleute löschen ein brennendes Auto am Rande von Ausschreitungen in Nanterre. © Zakaria Abdelkafi/AFP/dpa

Auslöser der Unruhen war der Tod eines Jugendlichen. Eine Motorradstreife in Nanterre bei Paris hatte den 17-jährigen Nahel am Dienstagmorgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel ein tödlicher Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Gegen den Beamten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet, er kam in Untersuchungshaft. Der Einsatz der Waffe bei der Kontrolle war nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht gerechtfertigt.

Seitdem wird Frankreich von heftigen Unruhen erschüttert. Im Großraum Paris und in weiteren Städten gab es von Donnerstag auf Freitag in der dritten Nacht in Folge Ausschreitungen. Autos und Mülltonnen wurden in Brand gesteckt und Polizisten mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Mehrere Hundert Menschen wurden nach Angaben des Innenministeriums festgenommen und über 200 Polizeibeamte verletzt.

Landesweit waren in der Nacht 40.000 Polizisten im Einsatz, um sich den Ausschreitungen entgegenzustellen, 50000 davon in Paris. Ein Teil des Nahverkehrs im Ballungsraum Paris wird nun abends bis auf Weiteres unterbrochen. Alle Straßenbahnen und Busse müssen in Absprache mit der Polizei spätestens um 21.00 Uhr anhalten, teilte die zuständige Behörde am Freitag per Twitter mit.

Ob Macron seinen für kommende Woche geplanten Staatsbesuch in Deutschland absagen wird, ist offen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, er habe dazu im Augenblick keine Informationen. Die Bundesregierung blicke mit einer "gewissen Sorge" auf die aktuellen Ereignisse in Frankreich. (dpa)