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Fico gelingt erster Schritt für politisches Comeback in der Slowakei

Die Hoffnung auf ein liberales Wunder bei der Parlamentswahl in der Slowakei währt nur kurz. Am Ende gewinnt die Partei Smer-SD von Ex-Premier Fico klar. Doch die Regierungsbildung wird kompliziert.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Robert Fico  kommt am Tag nach der vorgezogenen Parlamentswahl am Sitz seiner Partei an. Entgegen ersten Prognosen haben die linksnationalen Sozialdemokraten die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen.
Robert Fico kommt am Tag nach der vorgezogenen Parlamentswahl am Sitz seiner Partei an. Entgegen ersten Prognosen haben die linksnationalen Sozialdemokraten die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen. © Darko Bandic/AP/dpa

Bratislava/Prag. Als 2018 das damalige slowakische Staatsoberhaupt Andrej Kiska in Bratislava Robert Fico die Entlassungsurkunde aus dem Amt des Ministerpräsidenten überreichte, konnte sich der Geschasste eine durchaus als Drohung gemeinte Bemerkung nicht verkneifen: „Keine Sorge, Herr Präsident, ich gehe nicht für immer“.

Von der Macht gefegt hatte Fico der Volkszorn über den gewaltsamen Tod des investigativen Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová. Ein gedungener Mörder hatte die beiden jungen Leute regelrecht hingerichtet. Im Auftrag von Leuten, über deren mafiöses Zusammenwirken mit höchsten Regierungskreisen Kuciak akkurat recherchiert und immer wieder geschrieben hatte und deren Schuld an dem feigen Doppelmord von einem Sondergericht noch immer nicht bewiesen werden konnte. Die dubiosen Verbindungen reichten Kuciak zufolge bis in die Kanzlei Ficos. Dessen Abgang war nach Meinung von Hunderttausenden Demonstranten landesweit die einzig mögliche Lösung, um die slowakische Gesellschaft, in der finstere Oligarchen unter dem Schutz bestochener Sicherheitsorgane die Strippen zogen, zu reinigen.

Bei den folgenden Parlamentswahlen wurden Fico und seine nationalistische Partei Smer-SD, die nur dem Namen nach sozialdemokratisch ist, von einem bürgerlichen Bündnis besiegt. Eine neuerliche Rückkehr Ficos an die Macht schien da völlig ausgeschlossen. Doch mit dem Wahlsieg jetzt hat er den ersten Schritt zu seinem Comeback getan.

Dieser Sieg des 59-jährigen Vollblutpolitikers hat verschiedene Gründe: Ficos Nachfolger an der Regierung erwiesen sich als völlig zerstritten, innenpolitisch herrschte ein einziges Chaos. Das führte letztlich auch dazu, dass die jetzigen Wahlen vorgezogen werden mussten. Nur außenpolitisch war man sich in der Regierung einig in der Unterstützung der von Putin überfallenen Ukraine.

Die aber ist in der Bevölkerung der Slowakei heftig umstritten. Unter dem erheblichen Einfluss russischer Verschwörungstheorien vor allem in den sozialen Netzen ist die Mehrheit der Slowaken mittlerweile der Meinung, dass Kiew nicht länger unterstützt werden soll. Fico stellte sich an die Spitze dieser Leute. Mit ihm werde die Slowakei „keine Patrone mehr“ in die Ukraine schicken, sagte Fico im Wahlkampf. Und: „Dieser Krieg ist ein Krieg zwischen den USA und Russland auf dem Boden eines dritten Staates. Es ist nicht unser Krieg.“

Zur einzig ernstzunehmenden Gegenkraft für Fico entwickelte sich die noch junge liberale Partei Progressive Slowakei (PS), die erst vier Jahre besteht und mit dem 39-jährigen EU-Abgeordenten Michal Šimečka antrat.

Michal Šimečka bei seiner Stimmabgabe
Michal Šimečka bei seiner Stimmabgabe © Petr David Josek/AP/dpa

In den zwei Schätzungen, die nach der Befragung von Wählern nach der Stimmabgabe am Wahlabend veröffentlicht wurden, lag die PS vor Ficos Smer-SD. Doch diese Schätzungen erwiesen sich im Lauf der Nacht als höchst trügerisch. Am Ende siegte Fico mit 22,94 Prozent. Auf die PS entfielen nur 17,96 Prozent.

Šimečka respektierte das Ergebnis. Die PS wolle aber alles versuchen, um eine Regierung unter Fico doch noch zu verhindern. Ob das gelingt, ist von den jetzt anstehenden Verhandlungen der Parteien abhängig, die sehr kompliziert werden dürften. Zünglein an der Waage ist dabei die drittplatzierte Partei Hlas unter dem früheren Premier Peter Pellegrini. Der hatte sich 2020 von Fico getrennt und Hlas als die „wahre sozialdemokratische Partei“ gegründet. Hlas ist gut vernetzt, unter anderem mit der SPD in Deutschland. Sie hat zwar immer noch eine besondere Nähe zur Fico-Partei, steht aber anders als die bislang fest zur Ukraine. Damit könnte Hlas theoretisch auch mit der PS koalieren.

Ob Fico als möglicher Premier seiner freundlichen Haltung gegenüber Putin auch Taten folgen ließe, ist offen. Der frühere Botschafter in Prag, Peter Weiss, erinnerte unter anderem daran, dass die Slowakei 85 Prozent ihres Handels innerhalb der EU abwickelt und Mitglied der Euro-Gruppe ist: „Wir brauchen unsere Verbündeten im Westen und können uns keine außenpolitischen Alleingänge leisten.“