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„Ich empfinde nur noch kalte Wut“

Tierarzt Gennadiy Masyutkin aus Mühlau versorgt in der Ukraine zurückgelassene Hunde und Katzen. Seine Hilfe hat jedoch schon Jahre vor dem Kriegsausbruch begonnen.

Von Cathrin Reichelt
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Rosi Pfumfel vom Leisniger Tierheim (links) hat Spenden für Tiere gesammelt, die Tierarzt Gennadiy Masyutkin (rechts) und Angelo Sommer in die Ukraine bringen. Celine Fuchs hilft beim Verpacken. Tierheimberater Patrick Kluge ist ebenfalls in der tierisch
Rosi Pfumfel vom Leisniger Tierheim (links) hat Spenden für Tiere gesammelt, die Tierarzt Gennadiy Masyutkin (rechts) und Angelo Sommer in die Ukraine bringen. Celine Fuchs hilft beim Verpacken. Tierheimberater Patrick Kluge ist ebenfalls in der tierisch © Foto: Lutz Weidler

Leisnig/Döbeln. Gennadiy Masyutkin ist in der Ukraine aufgewachsen, lebt seit 1996 in Sachsen, hat in Leipzig Tiermedizin studiert und betreibt in Mühlau eine Tierarztpraxis. In den vergangenen Wochen hat er seine Heimat bereits viermal mit einem Hilfstransport besucht.

„Überall sieht man bewaffnete Männer, stehen Schutzvorrichtungen, hängen schwarz-weiße ukrainische Kampffahnen. Überall gibt es entschlossene Leute, die ihr Land verteidigen wollen“, erzählt der Tierarzt. Aber dorthin, wo seine Eltern leben, könne er nicht reisen. Die Region sei von den Russen besetzt. „Die Verbindung zu den Menschen besteht. Aber man kann niemanden rausholen. Ich empfinde nur noch kalte Wut.“

Das erzählt Gennadiy Masyutkin bei einem Besuch im Tierheim Leisnig. Das hat Sachspenden gesammelt, die mit auf den nächsten Transport in die Ukraine gehen sollen. Dazu überreicht Rosi Pfumfel, die Vorsitzende des Tierschutzvereins Tiernothilfe für Leisnig und Umgebung 100 Euro als Zuschuss für die Spritkosten, die eine Tierfreundin spendiert hat.

Mit den Spenden sollen vor allem Tierheime und Menschen mit Haustieren unterstützt werden, die das Land nicht verlassen können. „Die Versorgung der Tiere im ganzen Staat ist zusammengebrochen“, meint Masyutkin.

Altes Netzwerk in drei Stunden wieder aktiviert

Für den Tierarzt ist die Situation nicht neu. Bereits seit dem Jahr 2014 hilft er in der Ukraine mit Spenden. „Damals ist der erste Angriff von Russland auf die Ukraine erfolgt“, sagt er. Zwischen 2018 und 2022 habe er eine Pause eingelegt. Jetzt sei das Netzwerk, das damals geschaffen wurde, innerhalb von drei Stunden wieder aktiviert worden. „Das funktioniert auch ohne Internet“, meint Masyutkin.

Unterstützung erhält er von Angelo Sommer sowie Celine Fuchs und deren Mann. Sie sammeln ebenfalls Tierfutter, Medikamente und inzwischen auch Babynahrung, Milchpulver und Hygieneartikel für die Soldaten. Viele Stunden verbringen sie damit, jede einzelne Verpackung mit einem ukrainischen Etikett zu versehen.

Ziel jeder Fahrt sind spezielle Anlaufpunkte in Dnipro und Wischgorod oder eine Tierärztin in Lwiw. Von dort aus werden die Sachspenden weiterverteilt oder „die Menschen holen sich so viel, wie sie gerade brauchen.“ Rund 1.500 Kilometer lang ist die Strecke, die die Männer jedes Mal mit den Spenden fahren. „Zurück bringe ich immer ein bis zwei ukrainische Familien mit“, so der Tierarzt.

Der kommende Transport wird nicht der Letzte sein. Er und seine Freunde sammeln weiter und das Leisniger Tierheim will dabei helfen. Es nimmt wochentags in der Zeit zwischen 13 und 16 Uhr oder nach Vereinbarung unter Tel. 034321 13912 Spenden entgegen. Gebraucht werden Futter, Hunde- und Katzenhalsbänder sowie Leinen, aber auch Transportboxen und Decken.

Der Döbelner Mario Orsos bringt streunende, ausgesetzte und Tierheimtiere aus der Ukraine nach Polen.
Der Döbelner Mario Orsos bringt streunende, ausgesetzte und Tierheimtiere aus der Ukraine nach Polen. © Mario Orsos
© Mario Orsos
© Mario Orsos
© Mario Orsos

Döbelner bringt viele Tiere nach Polen

Auch der Döbelner Mario Orsos engagiert sich für Tiere, die in der Ukraine zurückgeblieben sind. Zweimal war er bereits in dem vom Krieg gebeutelten Land und hat dabei zusammen mit Sascha Winkler, der normalerweise Aktiv-Urlaube mit Hund anbietet, sowie TV-Tierschützer Ralf Seeger zahlreiche Hunde und Katzen aus der Ukraine nach Polen gebracht.

Das seien Tiere aus Tierheimen, Straßentiere und solche, die Menschen zurückgelassen haben, die geflüchtet sind. Haustiere erkenne er daran, dass sie sehr gepflegt sind, sich problemlos an der Leine führen lassen und freiwillig ins Auto steigen, so Orsos.

Doch so unkompliziert, wie es sich anhört, sei es nicht. Polen habe die Einfuhrbestimmungen verschärft. Eigentlich dürfte nur eine geringe Zahl an Tieren mit entsprechenden Papieren über die Grenze gebracht werden. Doch der letzte Konvoi habe aus sechs Fahrzeugen bestanden, die voll beladen waren. Drei hätten die Grenze problemlos passieren können. Drei seien fast 40 Stunden festgehalten worden.

Irgendwie haben es die Tierschützer dann doch geschafft und die Hunde und Katzen in Tierheimen in Krakau und Breslau untergebracht. Parallel wurden die in der Ukraine zurückgebliebenen Tiere mit Futter und Medikamenten versorgt.

Jetzt sucht Mario Orsos einen großen Transporter für die nächste Tour. Für die Letzte konnte er ein Fahrzeug des Roßweiner Unternehmers Rico Söhnel nutzen. Für die Spritkosten hat Thomas Böttcher bei seiner jüngsten Veranstaltung im Volkshaus 375 Euro gesammelt.

Im Cube Store an der St.-Georgen-Straße und bei Karolin Kempe im Talismannart an der Ritterstraße werden weiterhin Spenden entgegengenommen. Gesucht werden Trockenfutter für Hunde und Katzen, Transportboxen und Betteinlagen für die Boxen.

Kontakt: Mario Orsos, Tel. 03431/7294620