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Kreis Meißen: Bei den Bauern geht es ums Überleben

Die Landwirte sind durch die Preisexplosion bei Diesel, Dünger und Futter in der Kostenfalle. Steigenden Erlöse für Getreide und Fleisch helfen da nicht.

Von Manfred Müller
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Eric Breiting von der Agrargenossenschaft Kreinitz betankt einen Traktor des Landwirtschaftsunternehmens. Nicht nur die stark gestiegenen Kraftstoffpreise machen den Bauern das Leben schwer.
Eric Breiting von der Agrargenossenschaft Kreinitz betankt einen Traktor des Landwirtschaftsunternehmens. Nicht nur die stark gestiegenen Kraftstoffpreise machen den Bauern das Leben schwer. © Sebastian Schultz

Landkreis Meißen. Solche Preissteigerungen habe er in seinem jahrzehntelangen Berufsleben noch nie erlebt, sagt Manfred Engelmann. "Wer jetzt noch Raps im Lager hat, für den ist es wie Goldstaub."

In schlechten Zeiten bekam der Landwirt für die Tonne 180 Euro, jetzt seien es 800. Nur leider nütze das den Bauern gar nichts. Zum einen, weil die meisten ihre 2021er Ernteerträge längst verkauft haben. Zum anderen seien die Produktionskosten ebenfalls explodiert.

Die Preise für Dünger, Futtermittel und für die treibstoffintensiven Transporte lägen jenseits von Gut und Böse. Zwar sei auch der Kilopreis zum Beispiel für Schweinefleisch gestiegen. "Aber das deckt die Unkosten bei Weitem nicht", erklärt Engelmann.

"Die Verbraucher werden das an der Ladentheke merken." Und dann sei da noch die anhaltende Trockenheit. Wenn es nicht bald regne, gebe es eine schlechte Ernte, und dann werde es brenzlig.

Gerhard Förster, der Chef des Regionalbauernverbandes Elbe Röder, kann recht genau beziffern, wohin die Kosten gestiegen sind. Düngemittel? Preis vervierfacht. Diesel? Doppelt so teuer wie im vorigen Jahr. Pflanzenschutzmittel? Kosten um ein Viertel bis um die Hälfte gestiegen. Gar nicht zu reden von den Ersatzteilen, deren Preise durch Zulieferprobleme in die Höhe schießen.

Es wäre zu einfach, das alles mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu begründen. Schon davor bewegten sich die Energiepreise nach oben und damit die Kosten für die energieintensiven Düngemittel. Und auch die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse übertrafen schon im Januar das Vorjahresniveau im Schnitt um ein Viertel.

"Die warten, bis wir richtig in Not sind"

Der Ukraine-Krieg hat diesen Trend noch einmal befeuert. Der Weizenpreis zum Beispiel kletterte auf Rekordniveau, weil Russland und die Ukraine nun einmal die größten Weizenexporteure sind. Deutschland ist darauf zwar nicht angewiesen, weil es sich mit Weizen selbst versorgen kann. Aber die Preise orientieren sich auch hierzulande am Weltmarkt, und dort hat der Engpass die Notierungen kometenhaft steigen lassen.

"Die Grünen müssen ihre Agrarpolitik überdenken", erklärt Gerhard Förster. Mit Flächenstilllegungen könne man solchen Entwicklungen jedenfalls nicht begegnen.

"Im Moment geht es nur ums Überleben", sagt Wolfgang Grübler. Auch dem Chef des Agrarunternehmens "Lommatzscher Pflege" bereiten die exorbitanten Preise für Diesel und Düngemittel schlaflose Nächte. Beim Pflanzenschutz wisse er überhaupt noch nicht, wo die Reise hingeht, weil Großkonzerne und Händler die Produkte zurückhalten. "Die warten, bis wir richtig in Not sind und jeden Preis bezahlen", argwöhnt Grübler.

Und auch die Belegschaft klopft schon an und würde die gestiegenen Lebenshaltungskosten gern mit höheren Löhnen kompensieren. Das Lommatzscher Agrarunternehmen produziert zwar auch Weizen, aber der größte Teil davon ist durch Vorkontrakte gebunden, etwa mit der Dresdner Mühle.

Deshalb kann der Betrieb von der Preisexplosion auf dem Markt kaum profitieren. "Solche längerfristigen Verträge braucht man, um etwas Sicherheit zu haben", erklärt Wolfgang Grübler. Was das Jahr noch bringen wird, könne im Moment keiner sagen. Was, wenn die Spediteure den Diesel nicht mehr bezahlen können? Dann bringe niemand mehr die Rüben in die Zuckerfabriken. Die Probleme seien drängend und komplex.

Die Antworten der Politik darauf, gelinde gesagt, unterkomplex. "Die hauen eben mal kurz 100 Milliarden für die Rüstung raus", sagt Grübler. "Es muss wahrscheinlich erst alles zusammenbrechen, bevor die Landwirtschaft wieder in ihr Blickfeld gerät."

Preisentwicklung ausgewählter Agrarrohstoffe

  • Weizen in Euro je Tonne: Mitte März 2021: ca. 220 / Mitte März 2022: ca. 380
  • Zucker in US-Dollar je Pfund: Mitte März 2021: ca. 0,16 / Mitte März 2022: ca. 0,19
  • Hafer in US-Dollar je Bushel (14,5 kg): Mitte März 2021: ca. 3,7 / Mitte März 2022: ca. 7
  • Mais in US-Dollar je Bushel (25,4 kg): Mitte März 2021 ca. 5,5 / Mitte März 2022: ca. 7,5